Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
mochte – sie waren keineswegs geschwunden, nachdem ich es ihr abgerissen hatte.
Ich begriff, dass ich höchstens noch ein oder zwei dieser mörderischen Hiebe überstehen würde, versuchte zurückzuschlagen und kassierte dafür einen Kniestoß, der mir vollends die Luft aus den Lungen trieb. Ich krümmte mich vor Schmerz, spürte ihre Hand über meinen Nacken hinwegpfeifen und griff danach. Ein kurzer, harter Ruck und Rubin und ich landeten gleichzeitig auf dem Boden.
Nicht, dass mir das viel genutzt hätte. Die Löwenfrau schien in regelrechte Raserei verfallen zu sein, nachdem ich ihr das Halsband heruntergerissen hatte. Und sie bot einen Anblick, der mich schier vor Grauen lähmte – ein Teil ihres Körpers und Teile ihres Gesichts waren wieder menschlich geworden, aber eben nur Teile.
Was ich sah, war ein entsetzlicher Zwitter, halb Mensch, halb Löwe, ein verunstaltetes, verwachsenes Ding, das schauerliche Töne ausstieß und sich rasend schnell, aber nichtsdestotrotz ungelenk bewegte.
Ich versuchte auf die Füße zu kommen, taumelte unter einem weiteren Hieb zurück und stürzte rücklings zu Boden. Sofort setzte Rubin nach, warf sich mit ihrem vollen Körpergewicht auf mich und versuchte mir mit ihren Fingernägeln die Augen auszukratzen. Dann traf ihre Hand die meine und der Hieb riss mir das Halsband aus den Fingern und ließ es quer durch den Raum fliegen.
Rubin erstarrte. Ich konnte direkt sehen, wie alle Kraft aus ihrem Körper wich. Ein entsetzlicher, röchelnder Laut drang aus ihrer Kehle. Mit plötzlich sehr müden Bewegungen kroch sie von mir herunter, versuchte auf die Füße zu kommen und schleppte sich in die Richtung, in der das Halsband verschwunden war.
Und endlich begriff ich. Nizars magischer Rubin gab ihr noch immer Kraft, auch wenn sie ihn nicht unmittelbar am Körper trug. Aber diese Kraft nahm rasend schnell ab, wenn die Entfernung größer als wenige Inches war.
Blitzschnell sprang ich auf, packte das schreckliche Zwitterwesen im Nacken und stieß es davon, in die entgegengesetzte Richtung und so heftig, dass es haltlos nach hinten kippte und mit zuckenden Gliedmaßen liegen blieb.
Mit einem einzigen Satz durchquerte ich den Raum, blieb über dem Halsband stehen und hob den Fuß, wie um es zu zermalmen. Rubin erstarrte.
»Nicht, Sidi!«, wimmerte sie. »Ich flehe dich an, tu es nicht!«
Und ich zögerte tatsächlich.
Das Wesen, das vor wenigen Augenblicken noch eine Bestie und davor eine berückend schöne Frau gewesen war, wand sich unter Krämpfen am Boden. Blutiger Speichel lief aus seinem Mund, einem Mund, der eine entsetzliche Mischung zwischen Menschen- und Tiermaul darstellte. Ihr Körper, zum Teil mit Fell, zum Teil mit dunkelbrauner Haut bedeckt, zuckte, als bewegten sich kleine schnelle Insekten unter seiner Haut. Blut lief aus ihren Augenwinkeln.
Plötzlich tat sie mir nur noch Leid. Ich verspürte nicht einmal mehr Zorn, obgleich sie noch vor wenigen Sekunden versucht hatte, mich umzubringen.
»Sidi, ich … flehe dich … an«, krächzte sie. »Gib mir … den Stein!«
Ich reagierte noch immer nicht, senkte den Fuß aber auch nicht weiter auf das Halsband herab und so begann sie, unendlich mühsam auf mich zuzukriechen. Ihre Bewegungen waren unsicher, zitternd und schwerfällig, aber sie kroch weiter. Und ich sah, wie sie an Kraft gewann, mit jedem Zoll, den sie sich mir näherte. Schließlich war ihre rechte, zu einer entsetzlichen Skelettkralle verkrümmte Hand nur noch wenige Fingerbreit von meinem Fuß entfernt. Ihre Stimme klang schon kräftiger.
»Gib mir das Halsband, Sidi. Sonst soll dich der Schejtan holen!«, fauchte sie.
Und sprang.
Ihre Hand schloss sich um meinen Fuß; die andere zuckte in einer schier unmöglich erscheinenden Bewegung nach oben und grapschte nach meinem Gesicht.
Aber ich hatte den Angriff erwartet. Blitzschnell fuhr ich zurück, riss meinen Fuß los und klaubte das Halsband vom Boden hoch, ehe ich mit zwei, drei Sätzen die gesamte Breite des Raumes zwischen sie und mich brachte.
Rubin drehte sich schwerfällig zu mir um. Doch nun besaß sie nicht mehr die Kraft, mir zu folgen. Mittlerweile war der Verfall ihres Körpers in erschreckender Weise fortgeschritten. Ihre Haut spannte sich wie rissiges Pergament über ihren Knochen, das Fell wirkte struppig und begann auszufallen und ihr Kopf war eine entsetzlich deformierte Masse, jetzt weder Mensch noch Tier. Anstelle der tödlichen Reißzähne grinste mich ein fauliges
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