Hexer-Edition 18: Endstation Hölle
den anderen hatte er es sich nur eingebildet.
Fogg floh und Passepartout folgte ihm, bis er ihn hinter dem Hügelkamm einholte. Fogg riss ihm den Rock aus den Händen und zog ihn an. Er nahm den Beutel aus der Tasche und hielt ihn sich vor das Gesicht, packte sodann Passepartout am Ärmel und zog ihn ein Stück den Hang hinab.
Das Gras um sie herum begann zu wachsen! Zumindest war dies Passepartouts Eindruck. Dann bemerkte er mit Schrecken, dass der Boden nachgegeben hatte. Sie waren eingesunken, ragten nur noch mit dem Oberkörper aus dem Boden heraus. In der nächsten Sekunde waren sie ganz verschwunden.
»Keine Sorge«, beruhigte Fogg ihn. »Uns geschieht nichts. Der Berg wird sich nicht schließen. Aber er wird etwas anderes tun!«
Der schwarze Beutel begann von innen heraus zu glühen. Es war ein kaltes, entsetzliches Licht, das grinsende Totenschädel auf die verworfenen Erdwände zauberte und ein Grollen im Untergrund entfachte. Ringsherum begann das Erdreich zu bluten, rann rote Flüssigkeit in dünnen Rinnsalen zu Boden und bildete rasch Pfützen, in denen Fogg und sein Diener standen.
»Ich … will … weg«, ächzte Passepartout. Er stand am Rande eines Nervenzusammenbruchs. »Nur weg von hier!«
Er streckte sich nach oben, um den Rand des Loches zu fassen, in dem sie standen. Fogg riss ihn zurück, holte aus und gab dem Diener eine schallende Ohrfeige.
»Du wirst sterben, wenn du nicht genau das tust, was ich dir befehle!«, zischte er. Passepartout zuckte ob der Gefährlichkeit in seiner Stimme zusammen und duckte sich. Er machte sich klein und schloss die Augen, um nicht ertragen zu müssen, was ihm die Angst vorgaukelte. Er sah eine Burg hoch in den Wolken und sie stürzte in sich zusammen und begrub alles unter sich, was sich in ihr befunden hatte. Und er sah ein Haus, ein englisches Haus, in dem es brodelte und dampfte.
»Aouda und die Kinder!«, schrie Passepartout und riss die Augen auf. Fogg packte ihn am Kragen und schüttelte ihn.
»Denke nicht daran!«, flüsterte er. Über ihnen erklang Hufschlag und dann ein dreifacher Schrei.
Auf Foggs Gesicht erschien ein Grinsen, ein Ausdruck teuflischer Genugtuung, der dem Diener nur deshalb entging, weil sein Herr sich abgewandt hatte, um die roten Schlieren am Erdreich zu betrachten. Ein Teil der Wandung der kleinen Grube stürzte ein und gab den Blick frei in eine Welt, die alles andere als alltäglich war – ein Blick, den ein Mensch gewöhnlich nicht wagen sollte.
Was sie sahen, barg den Wahnsinn in sich.
Passepartout sah das Nichts – ein dunkles Etwas ohne Licht und Luft. Es riss gierig seinen Rachen auf und streckte sich der Öffnung entgegen, die sich über ihm gebildet hatte und immer größer wurde. Die Erdbrocken, die hinabstürzten, wurden von kochendem Speichel getroffen und lösten sich in dunklen Rauch auf.
Wieder erklang ein Schrei, diesmal in der Nähe der Öffnung. Phileas Fogg presste den Beutel an seine Brust und gab ein zufriedenes Brummen von sich.
»Gleich!«, sagte er. »Gleich ist es geschafft!«
Sie beobachteten, wie drei Reiter und drei Pferde auf einer Scholle aus Gras und Dreck hinab in die Tiefe stürzten und dann im Dunkel jener Bereiche verschwanden, in die kein Licht der Dämmerung mehr fiel. Dann brachen die anhaltenden Schreie der drei Menschen ab und das Loch in der Wand schloss sich. Der Boden geriet in Bewegung und Passepartout sank in sich zusammen und rührte sich erst wieder, als er einen Fußtritt seines Herrn empfing, der ihn darauf hinwies, dass sie an die Oberfläche zurückgekehrt waren. Der Diener erhob sich schwankend, blickte über den Hügelkamm hinweg und ließ seine Augen über das Gras schweifen.
Erleichterung befiel ihn. Es war alles nur ein böser Traum gewesen. Der Hügel war unversehrt und unten auf der Lichtung glomm das kleine Lagerfeuer. Suchend sah er sich um.
»Wo sind die drei Männer? Sie müssen weitergeritten sein«, sagte er.
»O nein!« Fogg lächelte ein zynisches Lächeln wie noch nie in seinem Leben. »Sie sind da drin!« Und er deutete auf den Boden.
Passepartout wurde kreidebleich. Er rannte davon, bückte sich mehrmals und untersuchte das Gras. Nirgendwo war eine Bruchstelle festzustellen. Alles war so wie zuvor.
»Es ist nicht möglich«, stammelte er. »Alles … war ein Traum!«
»Es war die Wirklichkeit!«, schärfte Phileas Fogg ihm ein. »Lass uns schlafen gehen. Unsere Aufgabe ist beendet. Wir setzen die Reise fort!«
Rowlfs Schrei kam zu spät.
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