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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bewaffnete Sree nahmen ihre Stelle ein. Als sich die drei neu erschaffenen Shoggoten wabbelnd aufrichteten, sahen sie sich einem wahren Wald von Speerspitzen gegenüber, der sie zwar nicht verletzen konnte, aber gnadenlos in den Kreis der anderen zurücktrieb.
    Trotzdem war es wohl eher ein Pyrrhussieg. Drei Sree waren tot und dafür war die Zahl der Shoggoten nunmehr auf zehn angewachsen. In meinem Gedächtnis nistete sich der hässliche Gedanke an jenes Rechenbeispiel mit dem Schachbrett ein, das ich einmal gehört hatte – auf das erste Feld ein Korn, auf das zweite zwei, das dritte vier, das vierte acht, das fünfte sechzehn und so weiter … Madur mochte die Shoggotenmonster auf diese Weise noch eine geraume Weile in Zaum halten, aber irgendwann würde der Verteidigungsring brechen und dann würden sich die Monster in mathematischer Progression vermehren.
    Was nicht mehr bedeutete, als dass die unterseeische Kuppel binnen weniger Stunden bis in den letzten Winkel mit grauem Protoplasma gefüllt sein konnte.
    Und es sah beinahe so aus, als wäre dieser Zeitpunkt nicht mehr allzu weit entfernt, denn die unsichtbare Wand, die die Shoggoten zurückhielt, wankte immer mehr.
    Hastig drehte ich mich herum und hielt nach Mereda und den anderen Magiern Ausschau. Sie standen nicht sehr weit von mir entfernt, einen lockeren Kreis bildend, in dessen Mitte Mereda selbst stand, hoch aufgerichtet, mit geschlossenen Augen, beide Hände auf den blauen Kristall auf ihrer Brust gelegt. Ihre Lippen formten Worte, die ich in dem allgemeinen Chaos nicht verstand.
    Fast gegen meinen Willen musste ich diese Frau bewundern – auch, wenn sie erst vor kurzer Zeit versucht hatte mich umzubringen. Die Kraft, die sie aufbrachte, war schier unglaublich.
    Aber sie würde nicht mehr lange halten. »Achtung, Deckung!«, brüllte jemand hinter mir. Ganz instinktiv sprang ich zur Seite, bekam aber trotzdem einen Stoß in die Rippen, der mich auf die Knie fallen ließ. Ein mit Pfeil und Bogen bewaffneter Sree-Trupp drang kreischend in den Halbkreis ein und legte auf die Shoggoten an. Diesmal waren es an die hundert brennender Pfeile, die auf die Ungeheuer herabregneten. Für einen Moment verwandelte sich der freie Platz vor dem Gebäude in eine Hölle aus Feuer und beißendem Qualm.
    Als die Flammen erloschen, waren die Bestien unversehrt.
    Und die magische Wand war ein weiteres Stück zurückgewichen. Kaum mehr fünf Schritte trennten die tentakelschwingende Horde von den vordersten Sree.
    Ich löste die Arretierung meines Stockdegens und zog die Waffe blank. Die Klinge leuchtete hell in der Düsternis der künstlich erhellten Nacht.
    Hinter mir erscholl ein gellender, mehr zorniger als erschrockener Schrei. Ich fuhr herum – und blickte direkt in Madurs Gesicht, der mit gezückter Klinge hinter mich getreten war und mich mit einer Mischung aus Unglauben und Hass anstarrte.
    Dann griff er mich an; vollkommen warnungslos. Ich sprang zurück, als die Klinge an meiner Wange vorbeizuckte. Madur setzte sofort nach und hieb wie verrückt auf mich ein, wobei er in seiner Raserei nicht einmal zu bemerken schien, dass er etliche Sree und Conden-Krieger verletzte, die nicht schnell genug aus der Reichweite seiner wirbelnden Klinge sprangen.
    Ich wich seinen Hieben so gut aus, wie ich konnte und sah mich verzweifelt nach den tobenden Shoggoten um. Noch hielt der magische Kreis, in dem Mereda und die anderen Magier sie gefangen hatten. Aber wie lange würde dieses noch noch dauern?
    »Madur!«, keuchte ich verzweifelt. »Hör auf! Ich stehe auf eurer Seite!«
    Wenn Madur meine Worte überhaupt hörte, so beachtete er sie nicht. Ganz im Gegenteil – er schrie auf, packte sein Schwert mit beiden Händen und führte einen fürchterlichen Hieb nach meinem Schädel. Ich unterlief seine Klinge mit einem verzweifelten Satz, sah seine dunkle Uniform vor mir auftauchen und stieß mit meinem Stockdegen zu. Eigentlich hatte ich den Stern auf seiner Brust treffen wollen, lenkte die Klinge aber im letzten Auenblick zur Seite, sodass der rasiermesserscharfe Stahl nur seinen Ärmel aufschlitzte und eine harmlose, aber sicher sehr schmerzhafte Wunde in seinem Bizeps hinterließ.
    Madur brüllte vor Wut und Schmerz, taumelte zurück – und fegte mich mit einem blitzschnellen Tritt von den Beinen. Ich prallte unsanft mit dem Hinterkopf auf. Dunkle Schleier schoben sich über mein Gesichtsfeld.
    Als sie sich lichteten, stand Madur mit hassverzerrtem Gesicht über mir.

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