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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Augen war voller Trauer. Es war allein dieser Blick, der mich schon wieder in die Defensive drängte. Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, es nicht mehr zu tun, fügte ich hinzu: »Du musst mich verstehen, Aneh. Dies alles hier ist entsetzlich, aber es …«
    »Es geht Euch nichts an, Herr, ich weiß«, sagte Aneh leise. Ihre Stimme war so traurig wie ihr Blick. Sie rang sich ein Lächeln ab, aber ich sah Tränen in ihren Augen schimmern. Trotz der ungeheuerlichen Macht, die in ihrem Bewusstsein schlummerte und nur darauf wartete geweckt zu werden, war sie noch ein Kind. Genau wie all die anderen Magier, die mich und die neue Kreisversteherin Condens in respektvollem Abstand umstanden.
    Ich fühlte mich hilflos wie selten zuvor in meinem Leben. Dabei – absurd genug – war ich zum ersten Male überhaupt in einer Position, in der ich wirkliche Macht hatte. Noch vor Tagesfrist war ich ein Gefangener dieser Leute gewesen, einer dazu, den umzubringen sie keinerlei Mühen gescheut hatten.
    Jetzt war ich ihr König.
    Mehr noch – ihr Gott.
    So ganz hatte ich die Geschichte, die mir Aneh im Laufe des vergangenen Abends erzählt hatte, noch immer nicht verstanden; vielleicht, weil sie einfach zu phantastisch war, um wahr zu sein.
    Es war die Geschichte dieses Volkes; eine Geschichte, die Jahrtausende in die Vergangenheit reichte und keinen Anfang hatte; jedenfalls keinen, den Aneh und die anderen noch gekannt hätten. Die Geschichte eines seit mehr als tausend Jahren tobenden, gnadenlosen Krieges zwischen den beiden gewaltigen Türmen, in die sich die menschlichen Bewohner dieser unterseeischen Welt zurückgezogen hatten – und ihres Befreiers.
    Es muss wohl eine Art Naturgesetz sein, dass Menschen, die in Not sind, sich stets nach einem Befreier sehnen, einem Gott, der im Augenblick der höchsten Gefahr vom Himmel herabstieg und sie rettete; und es gab auch hier diese Legende, wie überall. Mit einem Unterschied: Den Menschen von Conden war dieser Befreier wirklich erschienen, ein Mann mit Zauberkräften, der im buchstäblich allerletzten Moment aus dem Nichts gekommen und sie alle aus einer schrecklichen Gefahr gerettet hatte.
    Ich.
    Natürlich war ich kein Gott, nicht einmal ein ganz kleiner, und ohne die magischen Kräfte meines Stockdegens wäre ich wohl vor ihrer aller Augen von den Shoggoten verspeist worden – aber ich hatte sie nun einmal vernichtet, auch wenn ich dabei vor Angst fast gestorben wäre, und Aneh und die anderen hielten mich für ihren Gott; den Messias, von dem ihre alten Legenden berichteten. Aneh hatte etwas von einem großen ARNE erzählt, dessen Reinkarnation ich sei, doch ihr Bericht war diesbezüglich so verworren gewesen, dass ich ihn immer noch nicht richtig verstanden hatte. Es war zur Zeit auch mein geringstes Problem, die Mythologie dieses seltsamen Volkes zu verstehen.
    Es hatte herzlich wenig Sinn den Menschen zu sagen, dass ihre Vermutungen nicht stimmten, denn auch dafür hatten sie praktischerweise die richtige Legende parat – nämlich die, dass ihr Erretter selbst nichts von seiner Bestimmung ahnte …
    Ich ballte hilflos die Faust, hatte plötzlich nicht mehr die Kraft, Anehs vorwurfsvollem Blick standzuhalten, und wandte mich mit einem Ruck ab, um in den Turm zurückzugehen.
    Kälte und Dunkelheit schlugen mir entgegen, als ich das zyklopische Gebäude betrat. Ein paar Schatten fuhren erschrocken zusammen und huschten davon, ehe ich sie wirklich erkennen konnte. Irgendwo in dem schattigen Halbdunkel vor mir blitzte ein neugieriges Augenpaar auf. Ich ging schneller, als ich bemerkte, dass Aneh und die anderen mir folgten; in respektvollem Abstand zwar, aber beharrlich wie Schatten. Ich wollte allein sein; wenigstens für einen Moment.
    Und um ein Haar wäre ich länger allein gewesen, als mir jemals lieb war …
    Ich bemerkte die Bewegung im buchstäblich allerletzten Moment: ein rasches Huschen und Wogen, an einer Stelle schräg vor und neben mir, die einen Sekundenbruchteil zuvor noch absolut leer gewesen war. Etwas Gigantisches, Schwarzes schälte sich aus den Schatten, ein grellblaues Licht flammte auf, wo einen Herzschlag zuvor noch Dunkelheit geherrscht hatte – und dann fühlte ich mich gepackt und herumgewirbelt. Jemand schrie. Eine schlanke, in ein lang wallendes Gewand gekleidete Gestalt tauchte vor mir auf, das Gesicht vor Schrecken verzerrt, aber hoch aufgerichtet und mit weit ausgebreiteten Armen, wie um mich zu beschützen.
    Und genau das tat er auch.
    Der

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