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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sollten Zengsus Vorschlag wenigstens einmal besprechen. Er sagt viel, was mir richtig erscheint«, meinte Talien halb überzeugt. Omrun bleckte seine langen, gelben Zähne zu einem humorlosen Grinsen.
    »In einem hat Zengsu wirklich Recht: Wir sind die letzten der kämpfenden Sree! Wenn unser Volk einmal frei sein soll, so können nur wir ihm diese Freiheit geben!«
    »Conden-Geschwätz«, unterbrach ihn Tongli mit verächtlicher Stimme. »Ihr Honks hab ja euren ganzen Verstand im Dschungel gelassen. Die Magier der Inguré vernichten uns schneller, als wir uns zum Aufstand sammeln können!«
    »Wenn wir verraten werden, vielleicht!«
    »Willst du damit sagen, dass ich ein Verräter bin, Zengsu?«, fuhr Tongli auf. Zengsu trat einen Schritt zurück und hob seinen Speer.
    »Ich würde es dir nicht raten, ein Verräter zu sein, Tongli. Verräter haben ein verdammt kurzes Leben!« Diesmal gab sich Zengsu keine Mühe, den drohenden Unterton in seiner Stimme zu verbergen.
    Tongli stand krumm wie ein gespannter Bogen vor ihm und pendelte mit seinen langen Armen erregt hin und her. Seine kleinen, blutunterlaufenen Augen funkelten Zengsu böse an.
    »Du bist ein Wicht gegen die Herrscherin von Conden. Aneh wird dich ohne Mühe zerquetschen, so wie ich diese Laus zerquetsche!« Bei diesen Worten durchwühlte der Alte sein Fell und brachte ein dickes, vollgesogenes Insekt zum Vorschein, dass er genüsslich zwischen seinen Daumennägeln zerknackte.
    »So, jetzt werden wir in unsere Quartiere zurückkehren und diese närrischen Vorschläge vergessen. Unser Volk hat tausende von Jahre als Krieger der Inguré überlebt. Es wird noch weitere Jahrtausende als Diener des großen Volkes überleben!«
    »Aber, wir wollen doch nur …«, stotterte Xandiu.
    »Wir wollen nach Hause«, unterbrach ihn Tongli scharf. »Und du lass die Finger von deinem Speer. Wenn du einen von uns tötest, werden dich die Krieger beider Kreise jagen. Und ich schwöre dir, sie werden nicht eher aufgeben, bis sie dein Fell über die große Trommel spannen können!«
    Innerhalb von Sekunden war es dem alten Ancen-Häuptling gelungen, die schon halb zum Aufstand entschlossenen Anführer ins Schwanken zu bringen. Nur Uscham kaute wütend auf seinen Lippen herum und klopfte sich mit dem Mittelfinger an die Stirn, um zu zeigen, was er von Tonglis Rede hielt.
    Zengsu stellte sich Tongli in den Weg und reckte ihm den Speer entgegen. Xandiu und Yaome murrten unwillig, als sie ihren Häuptling bedroht sahen. Doch sie unternahmen nichts, um Tongli zu Hilfe zu kommen. Zengsu wusste, dass er nur noch Bruchteile von Sekunden hatte, um die wankende Front des Aufstandes zu halten. Und er war bereit zu handeln. Er trat einen Schritt zurück, ohne jedoch den angelegten Speer zu senken.
    Tongli wollte mit einem verächtlichen Schnaufen an Zengsu vorbei. Aber im nächsten Moment erstarb das Grinsen auf seinen Lippen. Was er sah, ließ seinen Atem stocken: Zengsus ganze Gestalt war plötzlich in Feuer gehüllt. Die Flammen schlugen knatternd in die Höhe und krochen gleichzeitig den Speerschaft nach vorne, bis sie die Eisenspitze der Waffe mit blauem Licht umzüngelten.
    »Stirb, Verräter!«, fauchte Zengsu mit einer Stimme, die nichts mehr mit dem sanften, warmen Klang gemein hatte, den man von ihm kannte; ein Klang, der direkt aus den Tiefen der Erde zu kommen schien. Ein Feuerstrahl schoss nach vorne und bohrte sich wie ein Pfeil in Tonglis Brust. Der alte Sree prallte ächzend zurück und stürzte wie eine zerbrochene Gliederpuppe zu Boden. Nur ein daumennagelgroßer Fleck auf seiner Brust deutete auf eine Wunde hin.
    »Auch wir Sree haben die Kraft der Magie auf unserer Seite. Sie wird jeden vernichten, der sich uns entgegenstellt!«, donnerte Zengsu die erstarrten Häuptlinge an.
    Keiner von ihnen wagte es jetzt noch, ihm zu widersprechen.
     
    Eine kühle Hand lag auf meiner Stirn, als ich erwachte. Jemand flüsterte Worte, mit sehr leiser, angenehmer Stimme. Ich verstand ihren Sinn nicht, aber sie wirkten auf sonderbare Weise beruhigend. Die Furcht, die mich aus dem Schlaf in diesen Dämmerzustand zwischen Traum und Wachsein hinüberbegleitet hatte, verschwand fast augenblicklich und machte einem Gefühl wohligen Behütetseins Platz. »Sill«, flüsterte ich.
    Dann trieben die grauen Schleier vor meinen Augen auseinander und aus dem Gesicht Sills wurde das schmale Mädchenantlitz Anehs, der jugendlichen Magierin von Conden. Die Wirklichkeit holte mich mit einem einzigen

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