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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versinken.
    Dann war er so plötzlich verschwunden, wie er aufgetaucht war.
    Metall blitzte auf. Madur führte den Stockdegen wie eine Sense und strich beinahe sanft mit der Klinge über meinen Körper. Die Pflanzenstränge verbrannten, wo er sie berührte. Nach wenigen Sekunden konnte ich mich wieder frei bewegen.
    Eine halbe Sekunde lang blieb ich schwindelnd vor Anstrengung und Erleichterung liegen und rang nach Luft, dann stemmte ich mich hoch und warf Madur einen dankbaren Blick zu. Dabei streckte ich die Hand nach meinem Stockdegen aus.
    Aus brennenden Augen erwiderte Madur meinen Blick. Ich sah, wie es in seinem Gesicht arbeitete. Der Degen war die einzige Waffe, die den mörderischen Pflanzen gefährlich werden konnte. Möglicherweise war es seine einzige Chance, dieser Hölle lebend zu entrinnen. Nichts hätte dagegen gesprochen, mich jetzt einfach meinem Schicksal zu überlassen; niemand würde erfahren, unter welchen Umständen ich gestorben war, wenn er jetzt zu fliehen versuchte, weil es niemanden mehr geben würde, der darüber berichten konnte. Zudem waren wir nicht gerade Freunde, das hatte er mir mehr als einmal deutlich zu verstehen gegeben. Ich hätte mich nicht einmal dagegen wehren können. In meinem Zustand wäre es mir unmöglich gewesen ihn zu hypnotisieren.
    Einige Herzschläge lang rechnete ich tatsächlich mit nichts anderem mehr, als dass er sich umdrehen und davonstürmen würde. Wäre es nicht gerade um mein Leben gegangen, hätte ich ihm nicht einmal einen Vorwurf machen können. Die Todesangst konnte auch den kameradschaftlichsten Menschen in eine Bestie verwandeln, die nur noch ans eigene Überleben dachte, und Madur war alles andere als kameradschaftlich.
    Doch dann verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen. Mit einem Ruck streckte er den Arm aus und drückte mir aus einem Grund, den ich wahrscheinlich nie erfahren würde, den Degen in die Hand.
    Der Angriff – sofern man das Massaker, das die Pflanzenmonster unter den Sree angerichtet hatten, überhaupt so nennen konnte – war in unserer unmittelbaren Umgebung fast zum Erliegen gekommen. Nur zögernd huschten immer noch Ranken heran, zuckten jedoch zurück, bevor sie uns erreichten, sodass ich Gelegenheit fand mich umzusehen.
    Mit Ausnahme von Uscham waren nur noch zwei Sree auf den Beinen – und damit wahrscheinlich als Einzige noch am Leben. Wie Berserker hieben sie mit der Kraft, die ihnen Verzweiflung und Todesangst verliehen, auf die Dornenranken ein und versuchten sich zu uns durchzukämpfen. Von dem Sree, der die Pflanzenstränge mit einer selbst mir unbegreiflichen Kraft zerstört hatte, war nichts zu sehen, obwohl er sich unter den gegebenen Umständen in den wenigen Sekunden nicht weit entfernt haben konnte. Vielleicht war auch er gefallen. Ich verschob die Lösung dieses Rätsels auf später.
    Wenn es so etwas wie ein später für uns überhaupt geben sollte.
    Unsere Gegenwehr konnte für die ungeheure Masse der Pflanzen nicht mehr als Nadelstiche darstellen. Für die Dauer eines Herzschlages hoffte ich mit aller Inbrunst, dass all die vielen einzelnen Stiche ausgereicht hätten sie zur Aufgabe zu zwingen.
    Allerdings hoffte ich es auch wirklich nur einen Herzschlag lang. Dann sah ich, dass dem nicht so war.
    Ganz und gar nicht.
    Im Gegenteil.
    Die Pflanzen änderten lediglich ihre Taktik und räumten damit jeden Zweifel aus, dass ihnen tatsächlich eine fremde, gefährliche Intelligenz innewohnte.
    Der eigentliche Angriff begann erst.
    Kaum sichtbare, wellenartige Bewegungen liefen durch den lebenden Teppich. Die Masse hob und senkte sich wie im Rhythmus von Herzschlägen und schob sich ineinander. Dabei wuchs sie in unglaublichem Tempo um uns herum in die Höhe und formte sich zu einer gewaltigen finsteren Woge, die jeden Augenblick über uns zusammenschlagen konnte.
     
    Reglos stand Mereda inmitten der Dschungelpflanzen und starrte auf die Lichtung hinaus. Sie trug ein schlichtes und vielleicht gerade dadurch prunkvoll wirkendes Gewand. Ihr Gesicht wirkte so maskenhaft starr, als wäre es aus Stein gemeißelt.
    Mit letzter Kraft packte Zengsu nach einigen Ranken, die seine Verfolgung aufgenommen hatten. Er zerstörte sie mit einem einzigen gedanklichen Befehl, brach durch das Unterholz und blieb schwer atmend neben der Hexe stehen.
    »Es hat keinen Sinn«, keuchte er. »Der Fremde ist verloren. Mehr konnte ich nicht für ihn tun. Die Magie der Ranken ist zu stark.«
    Er erwartete, dass Mereda von ihm verlangen

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