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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dieses sah. Eine Wand aus wabernder Finsternis, in der es unablässig zuckte und blitzte.
    Es war ein künstlich geschaffenes Tor, ein Durchbruch in die Dimensionen jenseits unserer Welt. Und Sill hatte es erschaffen!
    Ich spürte die unsichtbaren Kraftlinien, die von ihr ausgingen und sie mit dem Tor verbanden. Genauso deutlich erkannte ich aber auch, dass das Tor noch nicht völlig geöffnet war. Immer wieder bildeten sich Schlieren inmitten der Schwärze, hinter denen ich grässlich verzerrte Dinge und verwachsene nebelhafte Formen, erfüllt von pulsierendem Leben, sah. Laute wie das Schlagen eines riesigen Herzens drangen an mein Ohr, und dann …
    »ICH BIN KYR, DER SCHATTENFÜRST DER THUL SADUUN. DU BIST GEKOMMEN, UM MIR DEN MACHTKRISTALL ZU BRINGEN, WIE ICH ES GEPLANT HATTE.«
    Die Worte dröhnten so laut in meinem Schädel, als wollten sie ihn auseinander reißen. Ohne es zu wollen, griffen meine Hände in die Tasche und holten den Kristall hervor. Der Stein pulsierte wie rasend und war mittlerweile glühend heiß geworden. Ich fühlte die Hitze ohne Schmerz zu verspüren.
    »DU HAST DICH FÜR SEHR KLUG GEHALTEN«, vernahm ich erneut die Stimme des Dämons. »DU WOLLTEST MICH MIT DEM KRISTALL BEZWINGEN, NICHT AHNEND, DASS ICH SELBST IHN GESCHAFFEN HABE UND NUR DARAUF WARTETE, DASS JEMAND KÄME, DER STARK GENUG WÄRE IHN ZU MIR ZU BRINGEN, UM MICH ENDGÜLTIG AUS MEINEM GEFÄNGNIS ZU BEFREIEN. ICH HABE LANGE GEWARTET, DOCH KEINER DER MENSCHEN, FÜR DIE ICH DIESE WELT ERSCHUF UND DIE ICH HERHOLTE, DAMIT SIE EINE NEUE RASSE GRÜNDEN SOLLTEN, ZEIGTE SICH DER AUFGABE GEWACHSEN. SELBST DIESER ARNE, DER DEN WEG HIERHER FAND, WAR ZU SCHWACH. NUN ABER WERDE ICH MIR DIESE WELT ERNEUT UNTERWERFEN!«
    Die Worte führten einen wirren Tanz in meinen Gedanken auf und formten sich nur langsam zu der schrecklichen Wahrheit, die in ihnen enthalten war. Ich stöhnte erneut, diesmal vor Schrecken. Die ganze Zeit über war ich nicht mehr als eine Marionette gewesen; ohne es auch nur zu ahnen. Noch einmal entstand vor meinen Augen das Bild des Angriffes der Dornenranken. Trotz meiner Gegenwehr hätten sie mich in wenigen Sekunden töten können, wenn sie wirklich mit aller Macht angegriffen hätten. Die Falle hatte nur zur Ablenkung gedient, ich hatte mich daraus befreien sollen. Ich dachte auch wieder an den Sog, der mich in die Grotte gerissen hatte, obwohl ich von dem Wasserdruck augenblicklich hätte zermalmt werden müssen. Auch hier hatte der Thul Saduun selbst mich geschützt.
    »GIB MIR DEN KRISTALL!«, befahl die Stimme.
    »Nein!«, krächzte ich und bot allen Widerstand auf, zu dem ich noch fähig war. Der mentale Hieb fraß sich sengend in mein Gehirn und schleuderte mich zu Boden. Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg, doch es schien keinen zu geben. Der ganze Saal war magisch versiegelt. Ich hätte Stunden gebraucht, um die Sperren aufzubrechen.
    »Sill!«, schrie ich. Die junge Araberin schaute mich unverwandt an. Mit aller geistiger Macht schlug ich zu. Ich spürte, wie ich Kontakt zu ihrem Bewusstsein bekam, fühlte die Kraft des Thul Saduun, die ihren eigenen Willen ausgeschaltet hatte, und dann …
    Ich fühlte den Gegenangriff kommen, ohne dass mir auch nur die Zeit blieb den Versuch einer Gegenwehr zu starten. Obwohl ich die Kraft des Kristalles auf meiner Seite hatte, zertrümmerte der Thul Saduun meine Abwehr ohne Schwierigkeiten und löschte mein Denken aus.
    Diesmal dauerte es Minuten, bis ich wieder zu mir kam. Immer noch hielt ich den Kristall umklammert. Ich allein musste ihn zu dem Tor bringen, niemand außer mir konnte ihn berühren. Und so stark der Thul Saduun auch war, konnte er mich doch nicht völlig unter seinen Willen zwingen. Nicht, solange ich den Kristall besaß.
    Ein lautes Krachen ließ mich herumfahren. Das Portal flog auf. Mereda und ein mir unbekannter Sree traten ein. Kaum hatte er die Schwelle überschritten, als er sich zu verändern begann. Sein Fell wurde blass und farblos und begann auszufallen. Gleichzeitig bildete sich seine vorspringende Schnauze zurück, wurde zum Gesicht eines Menschen. Sein Körper wurde schlanker und größer, das Lederwams verwandelte sich in einen bodenlangen, schreiend bunten Mantel in den Farben des Wahnsinns.
    Keines klaren Gedankens fähig starrte ich die Gestalt an. Ich wusste, wen ich vor mir hatte, aber mein Gehirn weigerte sich daran zu glauben.
    Auch Mereda wurde von der Entwicklung überrascht. Ihre Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen.

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