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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geschnappt ham«, polterte Rowlf nach einer Weile. »Auf was wart’n wir noch? Soll’n wir nich langsam ma nach ihm suchen?«
    Howard schüttelte tadelnd den Kopf.
    »Du weißt selbst, wie sinnlos das wäre. Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt, wo wir mit der Suche beginnen können. Genauso sinnlos wäre es, wenn wir uns an die Polizei wenden würden. Allem Anschein nach handelt es sich nicht um ein normales Verbrechen. Wir können nur abwarten.«
    »Abwart’n!« Rowlf schnaubte verächtlich und sog gleich darauf geräuschvoll die Nase hoch. »Un wenn se dem Kleinen inzwischn den Kopp einschlag’n?«
    »Das hätten die Kerle gleich an Ort und Stelle erledigen können, wenn sie es darauf abgesehen hätten.« Howard stand auf, ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab und blieb schließlich vor dem Fenster stehen. Einige Sekunden blickte er in die Dunkelheit hinaus. Das Gewitter war weitergezogen, nur am Horizont zeigte sich gelegentlich noch fernes Wetterleuchten. Seine scheinbare Ruhe war nichts als eine Maske, unter der er seine wahren Gefühle verbarg. Es war wichtig, dass er einen klaren Kopf behielt.
    »Nein, ich glaube nicht, dass sie ihn töten wollen«, sprach er nach einer kurzen Pause weiter und wandte sich wieder vom Fenster ab. »Die beiden Kerle waren doch angeblich unbesiegbar. Was also hätte sie davon abhalten sollen, es sofort zu tun?«
    »Sie bewegten sich schneller, als ich es jemals bei einem Menschen gesehen habe«, wiederholte Sill. »Ich habe sie mit dem Schwert angegriffen, aber ich konnte sie nicht treffen.« Sie kaute auf ihrer Lippe herum. »Ich hätte den Mann nicht vertreiben sollen, der mich geweckt hat. Er war keine dieser Kreaturen. Vielleicht war er nur ein Passant, der mir helfen wollte, aber etwas an ihm wirkte so seltsam fremd, dass es mir Angst einflößte. Es könnte sein, dass er etwas gesehen hat, das uns weiterhelfen könnte.«
    »Typisch. Erst ma haun un dann erst denkn«, nuschelte Rowlf. Howard warf ihm einen bösen Blick zu. »Ich mein ja nur«, fügte der Hüne hinzu.
    »Ich … ich war so überrascht, dass ich überhaupt nicht nachgedacht habe«, fuhr Sill fort. »Die fremde Umgebung, der plötzliche Angriff – ich bin es nicht gerade gewohnt, dass jemand mir zu helfen versucht.«
    Howard warf seine Zigarre in den Aschenbecher und zündete sich sofort eine neue an.
    »Das könnte immerhin eine Spur sein. Versuchen Sie sich an den Mann zu erinnern. Die Chance, ihn zu finden ist zwar minimal, aber«, ein kurzes, humorloses Lächeln glitt über Howards Gesicht, »vielleicht haben wir das Glück, dass er zur Polizei gelaufen ist, um Sie anzuzeigen.«
    Sill konzentrierte sich, dann schüttelte sie verwirrt den Kopf.
    »Es geht nicht. Ich weiß nicht mehr, wie der Mann aussah.«
    »Aber Sie müss’n doch noch wenigstens in etwa wiss’n, wat es für’n Typ war«, brummte Rowlf.
    Hilflos zuckte Sill mit den Schultern.
    »Ich verstehe das selbst nicht. Ich weiß genau, was der Mann tat, aber ich kann ihn mir nicht im Geringsten vorstellen. Er bleibt nur ein dunkler Schatten, obwohl ich ihn ganz genau gesehen habe.«
    Howard blickte sie durchdringend an, forschte in ihrem Gesicht nach einem Anzeichen, dass sie ihn belog oder zumindest nicht alles sagte, was sie wusste, aber er fand nichts. Ihre Verwirrung schien echt zu sein. Anscheinend hatten die Ereignisse sie doch mehr mitgenommen, als er geglaubt hatte; offenbar hatte sie einen Schock erlitten.
    Er räusperte sich.
    »Nun gut, lassen wir das. Es wird Ihnen schon wieder einfallen. Ich glaube ohnehin nicht, dass der Mann uns sonderlich weiterhelfen kann.«
    »Also wa’ten wir un leg’n nur die Hände innen Schoß«, brummte Rowlf böse.
    »Genau das werden wir nicht tun«, antwortete Howard mit einem versteckten, doch sehr ernsten Lächeln.
     
    Ziellos irrte ich durch die Straßen. Längst wusste ich schon nicht mehr, wo ich mich befand und wie viele Stunden vergangen waren. Am Horizont begann es bereits zu dämmern. Noch niemals zuvor war mir London so groß vorgekommen, aber ich machte mir nicht einmal die Mühe, nach bekannten Punkten zu suchen. Ich rannte einfach immer weiter und begrüßte die Seitenstiche und den Schmerz in meinen Beinen; lenkten sie mich doch ein wenig von meinen finsteren Grübeleien ab und bildeten eine Art körperliches Gegengewicht zu meiner unnatürlichen geistigen Gleichgültigkeit.
    Als Gray mir die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, war ich erschrocken gewesen, aber das

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