Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
Titanenkräften nicht beikommen konnte.
»Howard«, sagte ich leise.
Howard verharrte mitten im Schritt, blieb stehen und sah mich fragend an.
»Es tut mir Leid«, sagte ich.
Howard antwortete nicht.
»Ich bin einfach nervös«, fuhr ich fort, mit einem Mal von dem absurden Bedürfnis erfüllt mich zu entschuldigen. »Immerhin heirate ich zum ersten Mal.«
Howard schwieg noch immer. Aber es war auch nicht nötig, dass er irgendetwas sagte. Ich wusste ja nur zu gut, was er von meinen Heiratsplänen hielt.
Und genau das war es, was so wehtat.
Zum Teufel, es gab auf der ganzen Welt nur zwei Menschen, die ich wirklich liebte. Der eine war Priscylla, das Mädchen, das ich in wenigen Stunden zur Frau nehmen würde, und der andere war Howard. Und sie misstrauten einander wie die Fliege der Spinne, ohne dass ich bisher herausgefunden hatte, wer von den beiden nun wer war.
Kurz – es war eine Scheißsituation.
»Ich werde etwas gegen diese Träume unternehmen«, sagte ich. »Ich verspreche es dir. Gleich, wenn … wenn Priscylla und ich von unserer Hochzeitsreise zurück sind.«
»Natürlich«, sagte Howard düster. »Dann kann ich ja gehen.«
Diesmal hielt ich ihn nicht zurück.
Aber ich ließ mich auch nicht wieder zurücksinken, als ich allein war. Die altmodische Standuhr in der Ecke verriet mir, dass es nicht ganz halb fünf Uhr früh war, also die Zeit, in der ich normalerweise zum ersten Mal ernsthaft den Gedanken erwog, mich schlafen zu legen. Aber irgendetwas sagte mir, dass ich ohnehin keinen Schlaf mehr finden würde.
Außerdem war heute kein x-beliebiger Tag.
Es war mein Hochzeitstag.
In gut sechs Stunden, gegen halb zehn, würde ich Priscylla zum Traualtar führen und eine halbe Stunde später waren wir Mann und Frau.
Die Hochzeit würde nicht in der St. Paul’s Cathedral stattfinden, wie mir mein Traum vorgegaukelt hatte, und auch nicht im Kreis all meiner guten Freunde wie Nizar, Necron oder Dagon, sondern in aller Stille, in einer namenlosen kleinen Kapelle im Süden Londons. Außerdem hoffte ich doch, dass sie ein wenig erfreulicher endete als die entsetzliche Vision.
Was nichts daran änderte, dass die Träume mir Angst machten.
Sicher – jedermann hat von Zeit zu Zeit Albträume. Aber dieser Traum war alles andere als normal.
Und er wurde in jeder Nacht ein wenig schlimmer.
Was war nur mit mir los? War das wirklich nur die normale Nervosität, die man eben verspürt, wenn man heiratet?
Oder war es mehr?
Ich verscheuchte den Gedanken, schwang endgültig die Beine aus dem Bett und bückte mich nach meinen Kleidern. Wenn ich sowieso keinen Schlaf fand, konnte ich genauso gut in die Küche hinuntergehen und schauen, ob ich eine Tasse des gezuckerten Teeres erwischte, den Mrs. Winden Kaffee nannte.
Als ich das Zimmer verließ, hatte ich für einen ganz kurzen Moment das Gefühl, dass die Schatten sich bewegten, wie große finstere Tiere, die dazu ansetzten mich zu verfolgen, im letzten Moment aber von irgendetwas zurückgehalten wurden.
Aber natürlich war das pure Einbildung.
Howard ging nicht in sein Zimmer zurück, wenigstens nicht sofort. Er war müde, denn in den letzten beiden Wochen war kaum eine Nacht vergangen, in der er nicht wenigstens einmal – manchmal auch öfter! – durch Roberts Schreie aus dem Schlaf gerissen worden wäre.
Und er hatte Angst.
Anfangs hatte er noch versucht sich einzureden, dass es die ganz normale Angst um einen Freund war, die er verspürte. Aber das stimmte nicht. Es war eine gestaltlose, aber immer heftiger werdende Furcht, als spüre etwas in ihm eine Gefahr, die von Augenblick zu Augenblick wuchs, ohne sie greifen zu können.
Und es hatte irgendetwas mit Priscylla zu tun.
Der Gedanke wurde von einem heftigen Schuldgefühl begleitet. Robert liebte dieses Mädchen und Howard war nun wahrlich der letzte Mensch auf der Welt, der dem Jungen ein wenig Glück missgönnte.
Und dennoch …
Das Schlimme war vielleicht, dass er seine Bedenken nicht einmal in Worte fassen konnte. Es gab objektiv nichts – nicht viel, jedenfalls – was gegen Priscylla sprach; im Gegenteil. Seit ihrer Rückkehr aus dem Summers-Sanatorium schien sie wirklich wieder normal zu sein. Abgesehen davon, dass sie noch immer einen großen Bogen um jeden Spiegel machte. Aber gut – eine kleine Macke hatte wohl jeder.
Und trotzdem spürte Howard, dass da mehr war.
Etwas Entsetzliches würde geschehen, wenn Robert das Mädchen wirklich heiratete.
Und irgendwie wusste er
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