Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
Moment, bis ich den Schmerz abschütteln und wieder klar sehen konnte.
Als sich die roten Schlieren vor meinem Blick lichteten, stand Rowlf über mir, mit grimmigem Gesichtsausdruck und drohend geballten Fäusten. »Is genuch«, sagte er. »Hör auf, eh ich grob werd!«
Wahrscheinlich hätte ich mich trotzdem auf ihn gestürzt, aber in diesem Moment stieß Priscylla einen hohen, wimmernden Ton aus und ich vergaß Rowlf und Howard, wenigstens für den Augenblick.
Mit einem Satz war ich auf den Beinen und bei ihr.
Sie lag auf der Seite, zusammengekrümmt wie ein Embryo, und weinte krampfhaft. Die Fetzen des zerrissenen Nachthemdes hatte sie gegen den Leib gepresst, aber sie reichten nicht die blutigen Kratzer und Schrammen zu verdecken, die sie davongetragen hatte.
»Priscylla. Liebes«, flüsterte ich. »Was ist –«
»Lassen Sie das, junger Mann«, sagte eine strenge Stimme hinter mir. »Das ist Frauensache.«
Ich drehte mich herum und blickte in Mary Windens Gesicht. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass wir nicht mehr allein waren: Die Schreie und der Kampf lärm waren im ganzen Haus gehört worden. Nicht nur Mary war aufgewacht und heraufgelaufen, unter der Tür stand Harvey und hinter ihm drängelte sich das gesamte Personal.
»Gehen Sie«, sagte Mary sanft, als ich zögerte. »Ich kümmere mich um sie.«
Ich nickte, fuhr herum und beförderte Harvey mit einem derben Stoß auf den Korridor hinaus. Dann warf ich die Tür ins Schloss, schloss für einen Moment die Augen und versuchte den Sturm von Gefühlen zu beruhigen, der in meinem Inneren tobte.
Als ich mich zu Howard und Rowlf herumdrehte, fühlte ich … nichts mehr.
Ich war ganz ruhig, aber dafür erfüllt von einer Kälte, die mich selbst erschreckte, als ich auf Howard zutrat.
»Warum?«, fragte ich leise.
Howard sah auf. Sein Gesicht bot einen entsetzlichen Anblick. Seine Lippen waren gerissen, das rechte Auge beinahe zugeschwollen und seine Wangen begannen sich allmählich grün und blau zu verfärben. Howard war niemals ein kräftiger Mann gewesen. Selbst ein viel schwächerer Gegner als ich hätte ihn schlimm zurichten können. Es war wahrlich keine Heldentat, diesen Mann zusammenzuschlagen! Aber ich empfand weder Mitleid noch Bedauern in diesem Augenblick.
»Warum?«, fragte ich noch einmal. Als Howard nicht antwortete, trat ich weiter auf ihn zu und streckte die Hände aus, wie um ihn vom Boden hochzureißen.
Rowlf stieß ein drohendes Knurren aus und ich führte die Bewegung nicht zu Ende.
»Gut«, sagte ich kalt. »Ich werde dich nicht umbringen, obwohl du es verdient hättest. Aber ich -«
»Robert«, murmelte Howard. »Es … war anders, als du glaubst.«
Ich lachte schrill. »Anders?«, schrie ich. Meine Hand deutete anklagend auf das Bett zurück. »Spar dir die Mühe, dir eine Ausrede einfallen zu lassen!«, brüllte ich. »Was ich gesehen habe, war wohl eindeutig genug.«
Howard antwortete nicht. Selbst Rowlf schwieg. In seinem Blick lag eine Unsicherheit, die ich niemals zuvor an ihm bemerkt hatte.
»Bitte, Robert«, murmelte Howard. »Ich weiß selbst nicht, was -«
»Aber ich«, unterbrach ich ihn hasserfüllt. »Verschwinde, Howard. Zieh deine Hosen hoch und geh. Und komm nie wieder!«
»Robert …«
»GEH!«, brüllte ich.
Howard widersprach nicht mehr. Rowlf musste ihn stützen, als er aufstand. Sein Gesicht war blutüberströmt und an der Art, mit der er sich bewegte, sah ich, dass ich ihm mindestens eine Rippe gebrochen hatte, wenn nicht mehr. Trotzdem rührte ich keinen Finger, um ihm zu helfen.
Schweigend sah ich zu, wie er aus dem Zimmer humpelte, mehr auf Rowlf gestützt als aus eigener Kraft. Ehe er den Raum verließ, drehte er sich noch einmal zu mir herum.
»Gib mir eine Chance, Robert«, sagte er beinahe flehend.
»Die bekommst du«, antwortete ich kalt. »Ich gebe dir Zeit das Haus zu verlassen, bis ich herunterkomme. Wenn du dann noch da bist, erschieße ich dich.«
Und ich meinte es ernst in diesem Moment. Howard mochte mein bester Freund sein – gewesen sein – aber ich war in diesem Augenblick entschlossen ihn umzubringen, wenn er mir noch einmal begegnete.
Howard schien das zu spüren, denn er sagte nichts mehr, sondern gab Rowlf einen Wink, weiterzugehen.
Ich wartete, bis die beiden das Zimmer verlassen und die Tür wieder hinter sich geschlossen hatten, dann trat ich leise an das Bett heran und beugte mich über Priscylla.
Mrs. Winden hatte ihren Schal ausgezogen und um sie
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