Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
gewickelt. Priscylla weinte still in sich hinein. Ihre Hand presste die Marys so fest, dass es wehtun musste.
»Großer Gott, Priscylla, was … was ist geschehen?«, fragte ich leise. Ich streckte die Hand aus, um sie an der Schulter zu berühren, aber Mary sah mich rasch und warnend an und schüttelte den Kopf. Ich zog den Arm zurück, ohne die Bewegung zu Ende geführt zu haben.
»Nicht, Robert«, sagte Mary leise. »Nicht jetzt. Das Beste wird sein, Sie … lassen uns allein.«
»Nein!« Priscylla schrie fast. »Bitte nicht. Ich … ich …« Ihre Stimme versagte. Wieder schluchzte sie hemmungslos, löste aber nach einem Moment den Kopf von Marys Brust und sah mich aus tränenfeuchten Augen an.
»Es … es war so entsetzlich, Robert«, stammelte sie. »Er … er ist hereingekommen und … und hat gesagt, dass er nicht zulassen wird, dass du mich bekommst. Er hat gesagt, er wird dafür sorgen, dass ich … dass ich dir nichts tun kann.«
»Dass du mir nichts tun kannst?«, wiederholte ich ungläubig.
Priscylla nickte. »Ja«, antwortete sie schluchzend. »Er … er hat gesagt, er wüsste, dass ich dich … dass ich dich töten will, und … und er wüsste auch, was er dagegen tun könnte.«
»Aber das ergibt doch keinen Sinn!«, keuchte ich. »Howard wollte dich …« Selbst jetzt fiel es mir noch schwer, das Wort über die Lippen zu bekommen. »Er wollte dich vergewaltigen, Priscylla«, stieß ich schließlich hervor.
»Ja«, sagte Priscylla. »Ich weiß. Er … er hat es mir gesagt, ehe er über mich hergefallen ist. Er sagte, er wüsste, dass der Zauber einer Hexe nur so lange anhält, wie sie noch … wie sie noch Jungfrau ist. Und deshalb …«
Ihre Stimme versagte abermals. Sie konnte nicht weitersprechen. Wieder begann sie krampfhaft zu schluchzen und presste sich wie ein kleines Kind an Marys Brust. Mary hob die Hand und begann ihr Haar zu streicheln.
»Es ist alles gut, Kind«, flüsterte sie. »Es ist ja nichts passiert. Wir sind rechtzeitig gekommen.« Sie sah auf. »Gehen Sie, Robert«, sagte sie, sehr leise, aber auch mit großem Nachdruck. »Ich kümmere mich um sie.«
Alles in mir sträubte sich dagegen, Priscylla in ausgerechnet diesem Moment zu verlassen. Aber ich wusste auch, dass sie bei Mary in den besten Händen war; in besseren als meinen jetzt jedenfalls. Vermutlich hatte Mary ganz Recht, wenn sie sagte, dass dies hier Frauensache war.
Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich um und ging.
Es war unmöglich – aber sie konnte sich dem Haus nicht nähern! Da war etwas, was sie zurückhielt, wie eine unsichtbare, aber unüberwindliche Mauer aus Watte, die fester wurde, je weiter sie in sie vorzudringen versuchte.
Und genau das war vollkommen ausgeschlossen.
Sie stand unter dem Schutz des UNAUSSPRECHLICHEN und es gab nichts – NICHTS – das sich seiner Magie entgegenstellen konnte. Er war einer der überlebenden GROSSEN ALTEN, ein Dämon von schier unvorstellbarer Macht, aber anders als Cthulhu und sein Gezücht waren seine Kräfte nicht gebunden. Nein – niemand, nicht einmal Der-der-in-den-Schatten-wandelt, besaß die Macht, sich ihm entgegenzustellen.
Und doch war es Shadow unmöglich, weiterzugehen.
Sie hatte den Asthon Place erreicht. Andara-House lag vor ihr, nur noch durch den Platz und das schmale Trottoir von ihr getrennt. Aber es war ihr unmöglich, diese wenigen Schritte zu tun!
Shadow begann nervös zu werden; ein Gefühl, das ihr bisher so gut wie fremd gewesen war.
Was geschah hier?
Es beginnt, wisperte eine Stimme in ihren Gedanken.
Shadow schrak zusammen. Unwillkürlich sah sie sich um, ehe sie begriff, dass es die Stimme des UNAUSSPRECHLICHEN war, die sie hörte; hier jedoch längst nicht so laut und machtvoll wie in Kadath.
»Du hast versprochen -«, begann sie, wurde aber sofort wieder von der unhörbaren Stimme unterbrochen:
Ich weiß, was ich dir versprach, El-o-hym. Du musst mich nicht daran erinnern. Ich versprach dir eine Chance zu gehen. Du hast sie. Nutze sie! Die letzten Worte klangen eindeutig spöttisch, dachte Shadow mit einer Mischung aus Zorn, Verzweiflung und Verwunderung. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass Hastur zu diesen Gefühlen fähig war.
»Du betrügst mich!«, sagte sie laut. »Wie kann ich Robert helfen, wenn du mich daran hinderst, ihm auch nur nahe zu kommen?«
Es ist nicht meine Macht, die du spürst, antwortete die Gedankenstimme. Auch ich vermag die Barriere nicht zu durchdringen. Da ist etwas … Neues. Es macht
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