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Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ebenso allumfassend wie die Finsternis, wenn er vom wilden Pochen seines eigenen Herzens absah, das ihm übernatürlich laut erschien. Wieder trat er einige Schritte vor und streckte tastend die Hände aus, um nicht gegen irgendein Hindernis zu prallen. Nur am Rande nahm er wahr, dass nicht einmal seine Stiefel ein Geräusch auf dem Boden verursachten.
    Er musste eine Kante umrundet haben, denn mit einem Mal war ein schwacher Lichtschein weit vor ihm. Und gegen den helleren Hintergrund nahm er plötzlich auch die schattenhafte Bewegung wahr.
    Es war wirklich nicht mehr als ein Schatten, etwas Dünnes, kaum armstark, das von der Decke herabhing und sich geschmeidig wie ein Tentakel auf ihn zu bewegte, aber dicht vor ihm wieder zurückwich.
    Nemo hob die Lampe und richtete ihren Schein nach oben. Diesmal wurde das Licht nicht mehr völlig verschluckt. Eine kleine, nur handtellergroße Fläche normalen Felsgesteins schimmerte an der Stelle in der Decke, von der der Licht schluckende Tentakel herabhing.
    Im gleichen Augenblick begriff Nemo.
    Mit einem verzweifelten Aufschrei ließ er die Lampe fallen und warf sich nach vorne. Von panischer Angst getrieben rannte er los.
    Er kam keine drei Schritte weit, als die Finsternis um ihn herum zu schrecklichem, protoplasmischem Leben erwachte. Dutzende von Tentakeln griffen nach ihm. Der Boden unter seinen Füßen wellte sich und bildete ebenfalls Pseudopodien aus, die seine Füße packten. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte. Der Boden unter ihm war nicht länger hart, sondern von zäher Nachgiebigkeit. Als er seinen Sturz mit den Armen abzufangen versuchte, versanken seine Hände bis zum Gelenk in der widerlichen Masse. Immer noch vollzog sich alles völlig unsichtbar.
    Mit einem erneuten Schreckensschrei versuchte Nemo sich wieder aufzurichten, doch er kam nicht mehr hoch. Mehr und mehr Tentakel schlängelten sich über seinen Körper und hielten ihn niedergepresst.
    Mit der Hand, die den Shoggotenstern gepackt hielt, schlug er um sich. Wo der Stein aus porösem Material die Masse berührte, wich sie wie zuckende Flammenleiber zurück, doch es reichte nicht aus, sich zu befreien. Ein schmetternder Schlag traf seinen Arm und prellte ihm den fünfzackigen Stern aus der Hand.
    Dann brachen Decke und Wände über ihm zusammen; genauer gesagt die protoplasmische Substanz, die sich wie ein dünner Film ringsum über den Fels des Stollens ausgebreitet hatte.
    Nemos gellender Schrei verhallte ungehört, bis er schließlich abrupt abbrach …
     
    Drei Tage Gefangenschaft sind eine lange Zeit; vor allem, wenn man sie mit nichts anderem als Nichtstun, Nachdenken und Übelkeit verbringt. Van der Crofts Männer hatten uns zu Trinken gegeben – zu Essen nicht – sodass wir wenigstens nicht verdurstet waren, und Howard und ich hatten die Zeit auf die klügste Weise genutzt, die uns einfiel (übrigens auch auf die einzige) – mit Schlafen und Ausruhen. Was immer uns am Ziel unserer Reise erwarten mochte, wir wollten ihm ausgeruht entgegentreten.
    Jetzt mussten wir den geheimen Stützpunkt Kapitän Nemos erreicht haben, anders konnte ich mir das plötzlich langsamer gewordene Stampfen der Maschinen nicht erklären. Mit einem Satz war ich bei Howard, der schon seit Minuten vor dem Bullauge in meiner Kabine stand, und versuchte über seine Schultern zu schielen. Viel gab es allerdings nicht zu sehen. Undurchdringliche Dunkelheit wogte hinter dem zollstarken Panzerglas. Ich konnte nicht das Mindeste erkennen. Dafür hörte ich, wie die Maschinen der NAUTILUS immer leiser wurden und schließlich ganz verstummten.
    »Wir sind bereits in ein Dock eingelaufen«, erklärte Howard. »Eigentlich müssten sie das Wasser längst aus der Schleuse abgepumpt haben.«
    »Wenn es hier überhaupt noch jemanden gibt, der das tun kann«, murmelte ich. »Es ist wohl langsam an der Zeit, von hier zu verduften.«
    Diesmal widersprach Howard nicht. Wir hatten die drei Tage nicht vollends ungenutzt verstreichen lassen, sondern ungefähr neuntausend verschiedene Fluchtpläne entwickelt, von denen achttausendneunhundertneunundneunzig alle den gleichen kleinen Fehler hatten – sie waren undurchführbar. Der einzig übrig gebliebene war der helle Wahnsinn, aber gerade deshalb mochte er funktionieren.
    In unseren Kabinen gab es wertvolle Holzmöbel, aber auf dem Gang lagen auch die Unterkünfte für die einfachen Mannschaftsmitglieder. Dort bestanden die Betten aus Stahlgerüsten. In stundenlanger Arbeit, die

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