Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
ausgedrückt.
Seit Crowleys heimtückischem Anschlag auf mein Leben war etwas mehr als eine Woche vergangen und ich hatte in dieser Zeit weder eine Spur von Howard noch von Gray, Rowlf oder Sill el Mot gefunden; und das, obwohl mir Harley, Grays Kutscher und Hausdiener, beim Leben seiner Mutter versichert hatte, alle vier in das niedergebrannte Haus am Ashton Place gehen gesehen zu haben. Und zusammen mit dem, was ich von Cohen erfahren und nach unserer Rückkehr aus den Kellern selbst in dem verwüsteten Haus gesehen hatte, ergab sich ein erschreckendes Bild: Howard und die anderen mussten erfahren haben, dass mich meine Schritte zu den Resten meines ehemaligen Zuhauses gelenkt hatten. Vielleicht hatten sie es sich auch einfach an den Fingern abgezählt, denn schließlich gab es nicht sehr viele Orte, zu denen ich gehen konnte. Gleichwie – sie waren mir gefolgt und offensichtlich in die gleiche Falle gegangen wie Matt, Thomas und ich. Harley hatte erzählt, dass irgendetwas mit dem Garten plötzlich nicht mehr in Ordnung gewesen sei, und dann waren Regen und Sturm so heftig geworden, dass er den Wagen vom Platz herunter hatte lenken müssen, aus Furcht, das Gefährt könne vom Sturm umgeworfen werden. Ich machte ihm keine Vorwürfe deswegen. Wahrscheinlich hatte ihm seine Vorsicht das Leben gerettet, denn was mit dem Garten plötzlich nicht mehr in Ordnung gewesen war, war klar: Harley hatte dasselbe Shoggotenmonster gesehen, das auch mich attackiert hatte. Das Haus war eine Falle, in die Howard und die anderen ebenso nichts ahnend hineingetappt waren wie ich.
Als Cohen kurz darauf ebenfalls dort eintraf, waren sie verschwunden gewesen. Wir hatten das Haus noch einmal gründlich durchsucht und waren auch in das hinaufgestiegen, was vom ersten Stock noch übrig geblieben war. Der Eingang zur ehemaligen Bibliothek war unbeholfen verbarrikadiert gewesen, also musste in der Zwischenzeit jemand dort gewesen sein, und es gab für mich keinen Zweifel, um wen es sich handelte. Im Raum selbst hatten wir weitere Spuren gefunden, die geradewegs auf die vermeintliche Standuhr zuführten, die sich wie durch Zauberei wieder an ihrem angestammten Platz befunden hatte. Howard und die anderen mussten durch das magische Tor in ihrem Inneren geflüchtet sein, aber es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt, wohin ihre Flucht durch das Transportsystem der GROSSEN ALTEN sie verschlagen hatte.
Und von da ab war die Sache entschieden komplizierter geworden; und entschieden unerquicklicher. In Ermangelung einer anderen Unterkunft hatte ich mich zu Grays Haus begeben, wo ich von einer überglücklichen Mary Winden in die Arme geschlossen wurde. Ihre überschwängliche Wiedersehensfreude erschien mir ein wenig übertrieben; außerdem machte sie mich verlegen. Aber dann führte ich mir vor Augen, dass für mich subjektiv vielleicht nur wenige Stunden vergangen waren, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, für sie (und den Rest der Welt) allerdings mehr als fünf Jahre, sah man von meinen kurzen Wachphasen während der letzten Tage ab, in denen ich kaum richtig zurechnungsfähig gewesen war.
Wie sich zeigte, hatte der gute Dr. Gray für alle Eventualitäten vorgesorgt; selbst für genau den Fall, der nun eingetreten war, nämlich den, dass ich plötzlich auf mich allein gestellt dastand. Dass ich mich für meinen eigenen Zwillingsbruder ausgab, musste er vorausgeahnt haben (was allerdings nicht besonders schwer war; schließlich hatte ich mich nicht so sehr verändert), denn in seinem Safe, den David für mich öffnete, befand sich nicht nur ein perfekt gefälschter amerikanischer Reisepass, der mich als Roderick Andara-Craven auswies, sondern auch alle anderen notwendigen Papiere, die es mir ermöglichten, in diese vorbereitete Rolle zu schlüpfen – und so ganz nebenbei auch über das ansehnliche Vermögen zu bestimmen, das mein »Bruder« mir hinterlassen hatte. Zumindest theoretisch. Praktisch würden wahrscheinlich noch Monate vergehen, bis ich den Kampf gegen die hundertköpfige Hydra der englischen Bürokratie gewonnen hatte und wirklich in meine neue Existenz schlüpfen konnte.
Aber das war im Moment meine allergeringste Sorge.
Das Einzige, was zählte, war, Howard und die anderen wiederzufinden. Und dabei traf ich auf einen völlig unerwarteten Verbündeten: Cohen.
Solange ich Chefinspektor Wilbur Cohen kannte, hatte er alles in seiner Macht Stehende getan, um mir und meinen Freunden Schwierigkeiten zu bereiten. Er
Weitere Kostenlose Bücher