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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gesundheit, ebenso gut aber auch vom zu ausgiebigen Genuss schottischen Whiskys herrühren mochten. Er trug keine Uniform, sondern einen abgewetzten roten Hausmantel, an dessen Bündchen und Kragen tatsächlich einmal ein weißer Fellbesatz gewesen sein musste, und dazu passende Hauslatschen, die an den Zehen durchgescheuert waren. Um das Maß voll zu machen, war die Polizeiwache keine Polizeiwache, sondern ein winziges, offensichtlich nur aus zwei Zimmern bestehendes Haus, in dem McGillycaddy wohnte.
    »Ja?« Der Blick, mit dem er uns begrüßte, nachdem er Cohens energischem Anklopfen gehorcht und die Haustür geöffnet hatte, sprach Bände: McGillycaddy hatte nicht vergessen uns abzuholen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer wir waren.
    »Constabler McGillycaddy?«, vergewisserte sich Cohen, der offensichtlich nicht so recht glauben konnte, was er sah.
    »Der bin ich«, antwortete McGillycaddy. »Und was kann ich …« Er stockte, blinzelte erst Cohen, dann mich und schließlich wieder Cohen kurzsichtig an und schlug sich dann mit der flachen Hand vor die Stirn, dass es klatschte.
    »Sie müssen die Herren Cohen und Raven sein, aus London«, sagte er.
    »Craven«, verbesserte ich ihn automatisch und Cohen, der mittlerweile hörbare Mühe hatte, seine Contenance zu wahren, fügte mit bebender Stimme hinzu:
    »Ganz recht. Und wir stehen uns seit geschlagenen zehn Minuten die Beine an ihrem famosen Bahnhof in den Bauch und warten darauf, dass uns jemand abholt.«
    »Seit zehn Minuten?« McGillycaddy verdrehte sich den Hals, offenbar, um auf eine Uhr zu sehen, die irgendwo im Inneren des Hauses an der Wand hing. »Der Zug ist schon da?«
    »Er war auf die Minute pünktlich«, antwortete Cohen. Sein Gesicht begann langsam rot anzulaufen.
    »Aber das ist noch nie passiert!«, sagte McGillycaddy verblüfft. »Er war wirklich pünktlich? Sie sind ganz sicher?«
    Cohens Gesicht begann sich immer dunkler zu färben, während ich immer mehr Mühe hatte, vor Lachen nicht laut herauszuplatzen. Ich war nicht einmal sicher, ob McGillycaddy uns nicht auf den Arm nahm – aber wenn, dann tat er es so bravourös, dass er allein dafür Bewunderung verdiente.
    »So schlimm war es ja auch wieder nicht«, sagte ich hastig, ehe Cohen mit seiner unnachahmlich freundlichen Art lospoltern konnte. Immerhin waren wir hier, weil wir etwas von McGillycaddy wollten. »Gottlob ist Brandersgate ja nicht so groß, dass man sich hier verirren könnte. Und wir reisen mit leichtem Gepäck, wie Sie sehen.«
    »Sicher«, antwortete McGillycaddy abwesend. »Und was kann ich jetzt für Sie tun?«
    Cohens Unterkiefer klappte herunter und ich sah, wie sich hinter seinen Augen ein Sturm zusammenbraute. McGillycaddy tat mir jetzt schon Leid. Aber der erwartete Zornesausbruch kam nicht. Stattdessen sagte er mit überraschender Ruhe: »Unser Kommen ist Ihnen nicht angekündigt worden?«
    »Kommen? Angekündigt?« McGillycaddy kratzte sich am Schädel, und dann hellte sich sein Gesicht auf. »O ja, jetzt erinnere ich mich. Da kam ein Telegramm, heute Morgen. Mit dem Frühzug, wissen Sie? Ich war noch erstaunt, dass er angehalten hat. Normalerweise fährt er einfach durch, aber heute hat er gehalten und der Schaffner ist ausgestiegen und –«
    »Haben Sie es zufällig gelesen?«, unterbrach ihn Cohen gepresst.
    »Gelesen?« McGillycaddy musterte ihn vorwurfsvoll. »Selbstverständlich habe ich es gelesen, Inspektor Corben.«
    »Cohen«, verbesserte ihn Cohen.
    »Sag ich doch. Also – selbstverständlich habe ich es gelesen. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll …« Er verriet uns nicht, was er getan hätte, wenn er ganz ehrlich sein sollte (auch nicht, ob wir aus dieser Bemerkung etwa schließen konnten, dass er normalerweise nicht ganz ehrlich war), sondern kratzte sich abermals am Schädel, drehte sich plötzlich herum und öffnete die Tür. »Vielleicht treten Sie erst einmal ein. Es ist ungemütlich draußen. Ich habe gerade Tee gemacht. Vielleicht kann ich Ihnen und Mister Craven ja eine Tasse anbieten?«
    Cohen und ich tauschten einen bezeichnenden Blick, und Cohen tippt sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. Ich grinste, ergriff meine Tasche und trat mit einem raschen Schritt an ihm vorbei durch die Tür.
    Dahinter erwartete uns eine Gerümpelkammer. Jedenfalls hielt ich das, was ich sah, im ersten Moment dafür. Aber dann erblickte ich den Kamin, in dem ein behagliches Feuer brannte, den mit Papieren, Zeitschriften und Büchern übersäten

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