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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrheit ihm, nicht dem Gefängnis oder Ihnen. Dieses Ding, das Sie mir beschrieben haben, hatte doch ziemliche Ähnlichkeit mit dem Ungeheuer in der Kanalisation.«
    »Es war dasselbe«, knurrte Cohen missgelaunt. »Und stellen Sie sich vor, das habe ich auch schon gemerkt. Das ist übrigens der einzige Grund, aus dem ich hier bin. Irgendwas ist an dieser ganzen Geschichte oberfaul. Wenn ich herausfinde, dass Ihr Freund tatsächlich unschuldig ist, werde ich ihm helfen. Aber wenn nicht, bringe ich ihn eigenhändig dorthin zurück, wo er vor zwei Wochen schon einmal war.«
    Ich schluckte meine spöttische Antwort herunter, als ich eine Bewegung an der Tür gewahrte. Ein vielleicht sechs- oder siebenjähriger Junge hatte den Laden betreten. Mit schnellen, aber eher zielsicheren als hastigen Schritten näherte er sich der Theke, wobei er Cohen und mich aufmerksam im Auge behielt. Ich war ziemlich sicher, dass er nicht zu den Kindern gehörte, die uns vorhin auf dem Weg zu McGillycaddys Haus auf so sonderbare Weise angeblickt hatten – aber auch er musterte Cohen und mich. Auf eine Art, die fast unheimlich war.
    »Hallo«, sagte ich.
    Der Junge nickte. »Guten Tag, Sir«, antwortete er.
    Ich bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Cohen leicht zusammenfuhr. Und auch ich konnte mich eines sanften Schauderns nicht erwehren. Der Knabe war nicht einfach nur gut erzogen. In seiner Stimme lag der gleiche, durch und durch unkindliche Ernst, der auch seinem Blick innewohnte. Ich hatte nicht das Gefühl, einem Kind gegenüberzustehen, sondern vielmehr einem kleinen Erwachsenen.
    »Ist Mister Cordwailer nicht hier?«, fragte der Junge und sein Blick fügte fast schon hörbar hinzu: Was zum Teufel sucht ihr denn hier, noch dazu allein?
    »Er kommt gleich zurück.« Ich deutete nach oben, von wo noch immer das Poltern und Rumoren erklang. Anscheinend zog Cordwailer Bettwäsche aus massivem Gusseisen auf. »Wie ist dein Name, mein Junge?«
    »Joshua, Sir«, antwortete der Junge. »Joshua Pasons.« Sein Blick blieb kalt, abschätzend, und ich begann mich in zunehmendem Maße unwohler darunter zu fühlen.
    »Lebst du hier in Brandersgate?«, fragte ich.
    Joshua nickte. »Ja, Sir. Mit meinen Eltern und meiner jüngeren Schwester.«
    »Dann kennst du doch sicher jeden, der hier wohnt«, sagte Cohen.
    »Selbstverständlich, Sir. Ich nehme an, Sie sind extra aus der Stadt gekommen, weil Sie jemanden suchen.«
    »Aus London, ja«, bestätigte Cohen. »Wir sind auf der Suche nach einem gewissen –«
    »Aus London?«, unterbrach ihn Joshua. »Onkel Fred war einmal in London, aber das ist zwanzig Jahre her. Muss eine verdammt große Stadt sein.«
    »Das ist sie«, sagte Cohen. Er klang nun schon ein ganz kleines bisschen ungeduldig. »Was den Mann angeht, den wir suchen –«
    »Ich wusste gar nicht, dass jemand aus Brandersgate Verwandte in London hat«, fuhr Joshua in aller Seelenruhe fort. »Das ist seltsam. Normalerweise weiß hier jeder alles über jeden.«
    »Wer hat etwas von Verwandten erzählt?«, sagte Cohen, nun schon hörbar ungeduldig. »Wir suchen einen gewissen Crowley.«
    »Den Namen habe ich noch nie gehört, Sir«, antwortete der Junge. »Und selbst wenn es nicht so wäre, dürfte ich Ihnen nichts sagen, wenn Sie wirklich keine Verwandten von ihm sind.«
    Cohens Augen wurden schmal, aber Joshua hielt ihrem Blick gelassen stand. »Meine Mutter hat mir verboten mit Fremden zu reden«, fuhr er fort. »Sie sagt, man wüsste schließlich nie, wer käme und Fragen stellte und was er mit den Informationen anfinge.«
    »So?«, fragte Cohen, dessen Gesicht schon wieder einen verdächtig roten Farbton anzunehmen begann. Jeder Tag in Brandersgate, schätzte ich, würde ihn ein Jahr an Lebenszeit kosten. »Hat sie das?«
    Er beugte sich vor, griff in die Tasche und zog die rindslederne Mappe hervor, in der sich sein Dienstausweis befand. »Dann hat sie dir vielleicht auch gesagt, was das hier ist, oder?«
    Er klappte den Ausweis direkt vor Joshuas Gesicht auf. Der Junge musterte ihn ein paar Sekunden lang aufmerksam und schüttelte dann den Kopf. »Nein, Sir«, sagte er. »Das hat sie nicht. Was ist es?«
    Cohen schluckte hart. »Du kannst doch lesen, Bursche, oder?«
    »Nein«, antwortete Joshua. »Das kann ich leider nicht, Sir. Ich bedaure.«
    »Wie bitte?«, raunzte ihn Cohen an. »Willst du mich auf den Arm nehmen, Bürschchen?«
    »Du kannst tatsächlich nicht lesen?«, vergewisserte ich mich rasch, bevor Cohen endgültig explodieren

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