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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und noch mehr Schaden anrichten konnte. »Aber habt ihr denn keine Schule hier?«
    »Wir sind nur fünfundzwanzig Kinder in Brandersgate«, antwortete Joshua. »Eine Schule lohnt sich nicht. Mister Hennessey unterrichtet uns manchmal; drüben, im alten Leuchtturm.«
    »Und was bringt er euch bei? Doch bestimmt Lesen und Schreiben.«
    »Nein, Sir. Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Bücher und Rechnungen.«
    »Ja, und das hier gehört dazu.« Cohen wedelte angriffslustig mit seinem Ausweis. Ich hätte ihn fressen können. Ich war gerade dabei gewesen, wirklich etwas von dem Jungen zu erfahren. »Wir sind von der Polizei, mein Junge. Und wenn deine Mutter dir so kluge Ratschläge gibt, dann hat sie dir doch ganz bestimmt auch gesagt, dass man der Polizei Rede und Antwort zu stehen hat.«
    »Selbstverständlich, Sir«, antwortete Joshua. Er blieb ganz ruhig und das war einfach nicht richtig. Siebenjährige Jungen bleiben nicht ruhig, wenn sie von einem Polizisten verhört werden. Sie haben entweder ein schlechtes Gewissen, oder sie betrachten das Ganze als Abenteuer, aber sie sind auf jeden Fall aufgeregt. Joshua nicht.
    »Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte er.
    »Crowley«, wiederholte Cohen, aber Joshua schüttelte auch jetzt den Kopf.
    »Es tut mir Leid, Sir. Ich habe diesen Namen noch nie gehört.«
    Diesmal gelang es mir, Cohens Aufmerksamkeit zu erhaschen und ihn mit einem fast beschwörenden Blick zum Schweigen zu bringen, ehe er wieder lospoltern konnte.
    »Ihr habt doch sicher einen Pastor in der Stadt«, sagte ich.
    »Nein, Sir. Die Kirche ist vor fünf Jahren niedergebrannt und Mr. Stone, der Pastor, ist weggegangen. Seither unterrichtet uns Mr. Hennessey in geistlichen Dingen.«
    »Dieser Mr. Hennessey scheint ja ein sehr wichtiger Mann zu sein«, sagte ich. »Kannst du mir verraten, wo ich ihn treffen kann?«
    »Im alten Leuchtturm«, antwortete Joshua. »Er wohnt dort. Aber Sie können jetzt nicht dorthin. Erst morgen früh wieder. Oder heute Nacht.«
    »Wieso?«
    »Der Turm ist nur bei Ebbe zu erreichen. Früher gab es einen Steg, aber der ist eingestürzt und seither ist der Turm bei Flut von der Küste abgeschnitten.«
    Schritte polterten die Treppe herab und einen Augenblick später kam Cordwailer herein. Als er Joshua erblickte, stockte er mitten im Schritt. Und für einen Moment erschien ein erschrockener Ausdruck auf seinem Gesicht.
    »Benötigen Sie sonst noch irgendwelche Auskünfte, Sir?«, fragte Joshua. »Wenn nicht, dann würde ich jetzt gerne wieder gehen.«
    »Nein, nein«, sagte Cohen verstört. »Schon in Ordnung. Geh ruhig. Und vielen Dank.«
    »Gern geschehen, Sir«, antwortete Joshua. Er verabschiedete sich mit einem artigen Kopfnicken zuerst von Cohen, dann von mir, dann drehte er sich um und verließ mit gemessenen Schritten den Laden. Ich blickte ihm verwirrt nach. Dieses Kind war mir … unheimlich. Ich hatte gespürt, dass Joshua uns nicht belog, sondern jede unserer Fragen wahrheitsgemäß beantwortete. Und trotzdem … irgendetwas stimmte nicht mit diesem Jungen.
    Und da war noch etwas, aber das wurde mir erst klar, als Cordwailer mit schlurfenden Schritten wieder hinter seiner Theke verschwand und uns von dort aus feindselig musterte, wie ein Raubritter hinter den Zinnen seiner Burg hervor.
    Joshua hatte nicht ein einziges Wort mit ihm gewechselt. Er hatte auch nichts geholt oder gebracht – warum zum Teufel also war er eigentlich hergekommen?
     
    Da es nichts gab, was wir an diesem Abend noch unternehmen konnten (und sich das Nachtleben von Brandersgate in Grenzen hielt), hatten wir beschlossen, frühzeitig zu Bett zu gehen, um die Suche nach Crowley – oder dem geheimnisvollen Unbekannten, der uns mit der offensichtlich fingierten Nachricht nach Brandersgate gelockt hatte – am nächsten Morgen schon in aller Herrgottsfrühe beginnen zu können.
    Die mehr als achtstündige Bahnfahrt hierher war doch sehr anstrengend gewesen; trotzdem fand ich keinen Schlaf, sondern wälzte mich mehr als eine Stunde unruhig in dem schmalen Bett herum und starrte die schräge Decke über meinem Kopf an. Draußen war die Sonne untergegangen, aber hier drinnen war der Unterschied nicht einmal sehr groß, denn auch die Scheiben dieses Zimmers waren so schmutzig und blind, dass es vermutlich selbst tagsüber hier nie richtig hell wurde. Ich lag direkt unter dem Dach. Hier und da waren die Ziegel verrutscht, ein paar schon gar nicht mehr vorhanden, sodass ich durch die Lücken direkt in

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