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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nichts zu sehen.
    Dafür sah ich etwas anderes: Als ich meinen Blick nach einer Weile wieder vom Umriss des Leuchtturmes löste, gewahrte ich eine Anzahl scheinbar winziger Gestalten, die sich auf dem Strand unter mir bewegten. Ich schätzte, dass es ungefähr ein Dutzend sein musste, und sie gingen hintereinander, fast wie bei einer Prozession.
    »Wer ist das?«, flüsterte ich.
    Alyssa zuckte mit den Schultern. »Ich … weiß es nicht«, antwortete sie zögernd. Ich spürte, dass sie log. Sie wusste, um wen es sich bei dem knappen Dutzend Gestalten handelte, aber sie wollte es mir aus irgendeinem Grund nicht sagen.
    »Wie komme ich dort hinunter?«, fragte ich.
    Alyssa erschrak. »Zum Strand? Aber –«
    »Hören Sie, Alyssa«, unterbrach ich sie, »soll ich Ihnen helfen oder nicht?« Sie nickte, und ich fuhr fort: »Also, dann erklären Sie mir den Weg. Und danach gehen Sie zurück in die Kirche. Wenn ich in … sagen wir zwei Stunden nicht zurück bin, gehen Sie zu Cohen und erzählen ihm alles.«
    »Tun Sie das nicht, Robert«, sagte Alyssa. »Es … könnte gefährlich werden.«
    »Ich passe schon auf mich auf, keine Sorge. Ich habe eine gewisse Übung in solchen Dingen, wissen Sie?« Ich lächelte optimistisch, aber tief in mir ahnte ich, dass sie vermutlich Recht hatte. Und diese Ahnung war nur zu berechtigt.
     
    Seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen – irgendetwas stimmte hier nicht. Nicht mit diesem Ort, nicht mit seinen Einwohnern – o ja, und so ganz nebenbei auch nicht mit dem Mann, der sich ihm als Roderick Craven vorgestellt hatte.
    Während Cohen Craven und der dunkelhaarigen Frau zur Küste gefolgt war, war aus dem penetranten Flüstern seines kriminalistischen siebten Sinnes ein Gebrüll geworden, das man eigentlich in ganz Brandersgate hätte hören müssen. Die beiden hatten sich in allerbester Verschwörermanier in der alten Kirche getroffen und eine Weile miteinander geredet; genauer gesagt: geflüstert. Und obwohl Cohen nichts von ihrem Gespräch verstanden hatte, hatte ihm rein die Art auf die es stattfand, genug gesagt – die kleinen verstohlenen Blicke, die behutsamen Bewegungen, ihre Mühe, immer in den Schatten zu bleiben und nur ja kein Geräusch zu machen, das man hätte hören können – die beiden hatten etwas zu verbergen. Cohen fragte sich nur, was und vor wem. Vor ihm? Wenn nicht, warum zum Teufel war Craven dann nicht zu ihm gekommen?
    Natürlich hätte er all diese Fragen auch laut stellen können und ein paar Mal war er auch nahe daran gewesen, sein Versteckspiel aufzugeben und die beiden einfach zur Rede zu stellen. Aber der gleiche Instinkt, der ihm bisher geraten hatte, vorsichtig zu sein, riet ihm nun, dies auch weiterhin zu bleiben. Manchmal erfuhr man einfach mehr, wenn man sich nicht zeigte.
    So folgte er den beiden zur Küste – und sein Verdacht wurde beinahe zur Gewissheit, als sich Craven nach einem letzten, kurzen Wortwechsel mit der Frau umwandte und die hölzerne Treppe zum eigentlichen Strand hinabstieg, während sie selbst noch einen Moment stehen blieb und sich dann wieder in Richtung Brandersgate wieder auf den Weg machte. Ihre Gestalt verschwand schon nach Augenblicken in der Dunkelheit, aber Cohen war unschlüssig; wenigstens für einen Moment. Er wollte weder sie noch Craven aus den Augen verlieren, aber er konnte sich schlecht zweiteilen. Auf der einen Seite brannte er darauf, herauszufinden, was um alles in der Welt Craven mitten in der Nacht dort unten am Strand zu suchen hatte. Aber Craven lief ihm nicht weg. Nach allem, was er gesehen hatte, gab es im weiten Umkreis nur diesen einen Weg zum Strand hinunter – und somit logischerweise auch wieder hinauf –, während seine Mitverschwörerin wieder zum Dorf zurückeilte, um wer weiß was zu tun. Und Cohen interessierte sich brennend für dieses Werweißwas. Craven würde mindestens zwanzig Minuten brauchen, um die baufällige Treppe hinab- und wieder heraufzuklettern – von dem, was immer er da unten am Strand auch anstellen mochte, ganz zu schweigen. Also hatte er Zeit genug, sich um die Frau zu kümmern.
    Cohen warf einen letzten Blick in die Tiefe, stellte schwindelnd fest, dass Craven die Treppe noch nicht einmal zur Hälfte überwunden hatte und somit noch mehr Zeit brauchen würde, als er bisher annahm, und wandte sich dann um, um der Frau zu folgen.
    Sie war bereits wieder in der Nacht verschwunden und so griff er schnell aus, um sie einzuholen. Trotzdem hatte sie den unkrautüberwucherten

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