Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
schluckte.
    »Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll«, begann ich von neuem, obwohl ich spürte, dass ich es damit wohl eher noch schlimmer machte. »Ich war unten am Strand, und ich habe Joshua und die anderen Kinder gesehen, und –«
    »Craven!«, unterbrach mich eine polternde Stimme. »Wo zum Teufel haben Sie die ganze Nacht gesteckt? Und wie sehen Sie überhaupt aus? Was ist passiert?«
    Ich wandte mich mit einem zornigen Ruck um und starrte Cohen an. Zugleich verspürte ich eine absurde Erleichterung, dass er mich unterbrochen und mir damit noch einmal eine Gnadenfrist von einigen Sekunden gewährt hatte.
    »Was ist los mit Ihnen?«, fragte Cohen noch einmal. In die Überraschung auf seinem Gesicht mischte sich Schrecken, als er meinen erbärmlichen Zustand wohl zum ersten Mal wirklich registrierte.
    »Jetzt nicht«, sagte ich und wandte mich wieder zu Alyssa um.
    Sie sah mich noch immer mit jener Mischung aus banger Erwartung und Neugier an, und der Kloß in meinem Hals wurde dicker. Ich konnte kaum noch sprechen.
    »Alyssa, es ist etwas … passiert«, sagte ich. »Heute Nacht, unten am Strand.«
    »Passiert?« Sie fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen. »Was meinen Sie? Wovon reden Sie, Robert?«
    »Ihr Sohn«, antwortete ich leise. »Es geht um Ihr Kind, und die anderen.«
    »Barney?!« Alyssas Gestalt versteifte sich. Für eine Sekunde flackerte wieder Panik in ihren Augen. »Was ist mit Barney?«
    »Robert«, sagte Cohen hinter mir. Ich ignorierte ihn.
    »Es ist …« Wieder fehlten mir die richtigen Worte. Ich stammelte einige Augenblicke herum und begann dann von neuem: »Ich fürchte, ich habe eine sehr traurige Nachricht für Sie, Alyssa.«
    »Robert!«, sagte Cohen hinter mir.
    Diesmal machte ich eine ärgerliche Geste in seine Richtung, sah ihn aber nicht an, sondern fuhr mit schleppender Stimme und in Alyssas Gesicht, nicht aber ihre Augen blickend, fort: »Joshua und die anderen waren unten am Strand. Und ich fürchte, ihr Sohn war auch dabei. Die Flut kam, und …«
    »Die Flut?«, unterbrach mich Alyssa. Sie klang eher ungläubig als erschrocken. »Wie meinen Sie das?«
    »Sie sind ertrunken, Alyssa«, sagte ich. Endlich war es heraus, aber ich fühlte mich kein bisschen erleichtert. Ich kam mir nicht nur vor wie der Überbringer schlechter Nachrichten. Plötzlich hatte ich wieder, genau wie in der Nacht auf dem Fels, das Gefühl, schuld an dem zu sein, was passiert war. »Ich glaube nicht, dass einer von ihnen davongekommen ist«, sagte ich. Ich sprach jetzt schnell, fast hastig, stieß die Worte im Tonfall einer verzweifelten Entschuldigung hervor.
    »Craven!«, sagte Cohen.
    »Es ging alles so furchtbar schnell«, fuhr ich fort. »Glauben Sie mir, ich hätte mein Leben riskiert, um auch nur eines von ihnen zu retten, aber ich konnte es nicht.«
    »Ich verstehe nicht, wovon Sie reden«, sagte Alyssa verwirrt. In ihrem Gesicht war kein Schrecken, kein Entsetzen. Offensichtlich weigerte sie sich einfach, meine Worte zur Kenntnis zu nehmen; oder das, was sie bedeuteten. »Wovon reden Sie? Was soll das heißen: Die Flut kam? Wer ist ertrunken?«
    »Glauben Sie mir, ich konnte nichts tun«, sagte ich. »Es tut mir unendlich Leid, Alyssa. Ich –«
    »Craven!«, brüllte Cohen und als ich wieder nicht reagierte, riss er mich grob an der Schulter herum.
    Ich schlug seinen Arm beiseite und funkelte ihn an, aber ich kam nicht dazu, etwas zu sagen, denn er ergriff seinerseits meine Hand und hielt sie so fest, dass es wehtat. »Halten Sie endlich den Mund, Sie Narr!«, sagte er. »Was haben Sie eigentlich vor? Ist das vielleicht Ihre Art von Humor?«
    »Bitte, Cohen«, unterbrach ich ihn. »Mir steht jetzt nicht der Sinn nach –«
    »- schlechten Scherzen auf Kosten dieser armen Frau?«, unterbrach er mich grob. »Bevor Sie sich weiter zum Narren machen, Craven, werfen Sie vielleicht einmal einen Blick auf die andere Straßenseite.«
    Verwirrt gehorchte ich, sah in die angegebene Richtung – und stand geschlagene zehn Sekunden wie vom Donner gerührt da, unfähig mich zu bewegen, einen klaren Gedanken zu fassen, ja, auch nur zu atmen.
    Auf der anderen Straßenseite waren einige Bewohner von Brandersgate zusammengekommen und blickten uns mit unverhohlener Neugier und fast ebenso unverhohlener Feindschaft an. Aber es waren nicht nur Erwachsene. Etwas abseits von diesen stand eine Gruppe von sieben oder acht Kindern. Keines von ihnen war älter als sieben oder acht Jahre und sie

Weitere Kostenlose Bücher