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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Ja. Mein Name ist Wilbur Cohen und das ist Robert Craven.« Er deutete auf mich. »Sie sind Mr. Hennessey, nehme ich an?«
    »Ja«, antwortete Hennessey. »Bitte entschuldigen Sie den Zwischenfall. Es tut mir sehr Leid, wenn mein Sohn sie in irgendeiner Weise beleidigt oder provoziert hat.«
    »Ihr Sohn?«, fragte ich. »Aber sein Name ist –«
    »Mein Pflegesohn«, sagte Hennessey. »Seine Eltern starben am Tag seiner Geburt und er hat keine lebenden Verwandten, sodass ich mich seiner annahm.« Ein fast betrübter Ausdruck erschien – allerdings nur für eine Sekunde – auf seinem Gesicht. »Ich fürchte, dass man seiner Erziehung trotz aller Mühe anmerkt, dass ihm die Mutter fehlt. Er hat manchmal eine Art, die jemanden, der ihn nicht genau kennt, zur Weißglut reizen kann.«
    »Aber so war es nicht«, antwortete ich verwirrt. »Der Junge hat –«
    »Bitte entschuldigen Sie noch einmal«, unterbrach mich Hennessey. »Es wird nicht noch einmal vorkommen, das verspreche ich Ihnen.« Er straffte sich und als er weitersprach, hatte seine Stimme einen völlig anderen, sachlichen Klang angenommen. »Ich nehme an, dass Sie mich zu sprechen wünschen?«, fragte er. »Obwohl ich beinahe fürchte, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Sie suchen jemanden?«
    »Einen gewissen Crowley, der –«, begann Cohen.
    Hennessey unterbrach ihn mit einer knappen, aber trotzdem sehr befehlsgewohnten Geste. Seine ganze Art war die eines Mannes, der es nicht gewohnt war, dass man ihm widersprach. »In Anbetracht der Umstände«, sagte er, »schlage ich vor, dass wir uns irgendwohin zurückziehen, wo wir in Ruhe reden können.« Wieder wartete er unsere Antwort nicht ab, sondern drehte sich zu Joshua und den anderen Kindern herum.
    »Ich habe mit diesen Herren einiges zu bereden«, sagte er. »Aus diesem Grund lassen wir die Exerzitien für heute einmal ausfallen.«
    Die Reaktion überraschte mich nicht im Mindesten – aber sie jagte mir erneut einen eisigen Schauer über den Rücken. Kein Kind der Welt hätte auf die Ankündigung, dass die Schule für einen Tag ausfiel, mit Bestürzung und Trauer reagiert – aber diese hier taten es. Ein rothaariger Junge trat sogar einen Schritt vor und sagte: »Aber Sir, wir –«
    »Ihr habt gehört, was ich gesagt habe«, unterbrach ihn Hennessey. Seine Stimme war schneidend. »Geht nach Hause. Wir treffen uns morgen um die gewohnte Zeit.«
    Ohne irgendeine Reaktion abzuwarten, wandte er sich wieder zu uns um. »Kommen Sie, meine Herren«, sagte er.
    Cohen und ich tauschten einen verblüfften Blick, aber wir zögerten nicht lange, ihm zu folgen. Jede andere Gesellschaft erschien mir im Moment sicherer als die der aufgebrachten Menge auf der Straße, die ganz so aussah, als wartete sie nur auf einen Grund, Cohen und mich an Ort und Stelle zu lynchen.
    Ich hatte mich selten zuvor so sehr getäuscht.
     
    Ich hätte damit gerechnet, dass Hennessey mit uns zurück zu Cordwailers Laden gehen würde, oder vielleicht auch in eines der leer stehenden Häuser, von denen es genug in Brandersgate gab. Aber er hatte eine viel einfachere Lösung: Offenbar völlig wahllos steuerte er das erstbeste Gebäude an und er machte sich auch nicht die Mühe anzuklopfen oder sich sonstwie bemerkbar zu machen, sondern öffnete die Tür und forderte uns mit einer Geste auf einzutreten, ganz so, als wäre dies sein Haus. Nun, dachte ich, nach allem, was mir Alyssa erzählt hatte, war das in gewisser Hinsicht wahrscheinlich auch so.
    An dem Tisch in der kleinen, einfach eingerichteten Stube saß ein Ehepaar mittleren Alters, das fast erschrocken aufsprang, als Hennessey, Cohen und ich eintraten. Beide wollten unverzüglich das Haus verlassen, aber Hennessey winkte die Frau mit einer befehlenden Geste zurück.
    »Sandra, sei doch bitte so nett und biete unseren Gästen eine Erfrischung an.« Ein fragender Blick in Cohens und meine Richtung. »Wäre ein Tee angenehm? Oder ziehen Sie Kaffee vor?«
    »Nichts, danke«, sagte Cohen und auch ich schüttelte den Kopf, aber Hennessey ließ unsere Ablehnung nicht gelten.
    »Sie beleidigen die Leute hier«, sagte er, ohne sich dabei sonderlich viel Mühe zu geben, freundlich zu klingen. »Es sind recht einfache Menschen, aber gerade deshalb ist ihnen die Gastfreundschaft heilig.«
    Hennessey schien von einer anderen Stadt als Brandersgate zu sprechen, doch weder Cohen noch ich hatten jetzt die Muße, über dieses Thema zu reden. »Also gut, ich nehme einen Tee«, sagte Cohen, und ich

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