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Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I

Titel: Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schloss mich mit einem Kopfnicken an. Die Frau ging zum Herd und schob eine zerbeulte Kanne auf die Platte, unter der wohl noch ein Feuer brannte, und Hennessey deutete auf den Tisch, an dem sie selbst und ihr Mann vor wenigen Augenblicken noch gesessen hatten.
    »Bitte, nehmen Sie Platz, meine Herren«, sagte er. Wir gehorchten. Das Möbelstück ächzte hörbar unter meinem Gewicht und auch Cohen ließ sich äußerst behutsam auf den Stuhl niedersinken.
    »Nun, es geht also um diesen … Wie sagten Sie, hieß er doch gleich?«, begann Hennessey. »Crowley?«
    »Crowley«, bestätigte Cohen. »Ja. Wir erhielten gewisse Informationen, nach denen er hier in Brandersgate zu finden sein sollte.«
    »Dieses Telegramm, ich weiß.« Hennessey schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, Sie sind einer Täuschung aufgesessen, meine Herren. Möglicherweise hat sich auch jemand einen üblen Scherz mit Ihnen erlaubt. Es gibt hier niemanden dieses Namens.«
    »Sie sind ziemlich gut informiert«, wandte ich ein.
    »Das ist richtig. In Brandersgate geschieht nicht viel, von dem ich nichts erfahre«, antwortete Hennessey. Dann lachte er – ein äußerst unsympathisches, humorloses Lachen. »Allerdings ist das bei einem Ort dieser bescheidenen Größe auch nicht sonderlich schwer. Trotzdem – ich kann Ihnen versichern, dass es hier niemanden dieses Namens gibt oder gegeben hat, in den letzten fünf Jahren.«
    »Das Telegramm wurde hier aufgegeben«, beharrte Cohen. »So etwas kann man nachprüfen. Und unterzeichnet wurde es mit dem Namen Ihres zuständigen Constablers. Wenn sich da jemand einen Scherz erlaubt hat, wie Sie annehmen, dann hat er sich verdammt viel Mühe gemacht.«
    Hennessey verzog abfällig das Gesicht. »Mit Verlaub, Inspektor Cohen«, sagte er, »unser guter Constabler McGillycaddy weiß nicht einmal genau, was ein Telegramm ist; geschweige denn, wie man eines aufzugeben hat. Es tut mir Leid, aber ich fürchte, Sie sind vergebens hergekommen.« Er sah auf seine Uhr. »Der Zug nach Glasgow kommt in einer guten Stunde durch. Ich kann ihn anhalten lassen, wenn Sie das wünschen. Sie wären spätestens morgen früh wieder in London.«
    »So eilig haben wir es nicht«, antwortete ich rasch, ehe Cohen etwas erwidern konnte.
    Hennessey setzte zu einer Antwort an, unterbrach sich dann aber, als Sandra an den Tisch trat um Tassen, Zucker und das Milchkännchen aufzutragen. Der Anblick jagte mir einen sanften Schauer über den Rücken, der allerdings diesmal weniger mit Brandersgate und seinen sonderbaren Bewohnern zusammenhing, sondern mit der grässlichen Angewohnheit der Briten, Tee mit Milch zu trinken. Es gab ein paar Dinge, an die ich mich wohl nie gewöhnen würde; und überdies auch nicht wollte.
    Dann sah ich noch einmal – und genauer – hin. Im allerersten Moment hatte ich geglaubt, das Geschirr, das vor uns stand, wäre schmutzig. Dann begriff ich, dass es so alt war, dass es nur schmutzig wirkte. Kaum eine Tasse war ohne Sprung oder hässliche, ausgebrochene Ecken, die blaue Farbe, mit der das Porzellan bemalt war, war verblichen, und an Cohens Tasse fehlte der Henkel. Er musterte sie einen Moment lang ebenso verwirrt wie ich und schien sichtlich darüber nachzudenken, wie er sie ergreifen sollte, ohne sich die Finger zu verbrühen.
    »Selbstverständlich können Sie bleiben, solange Sie wollen«, antwortete Hennessey, nachdem die Frau den Tee eingeschenkt und mit fast ängstlichem Gesichtsausdruck gewartet hatte, bis er daran genippt und zustimmend genickt hatte. Erst dann goss sie auch uns ein. Ein weiterer Punkt auf Hennesseys rapide anwachsendem Minuskonto. Hennessey benahm sich, als wäre diese Stadt mit all ihren Menschen sein persönliches Eigentum, dachte ich. Er wurde mir mit jedem Moment unsympathischer. »Obwohl es in der Gegend kaum etwas Interessantes gibt, das das Bleiben lohnen würde«, fügte Hennessey nach einer winzigen Pause hinzu.
    Cohen setzte zu einer Antwort an, aber ich kam ihm diesmal wieder zuvor. »So würde ich das nicht sagen«, sagte ich. »Zumindest Ihr Turm scheint mir doch sehr interessant zu sein.«
    »Sie kennen ihn?«
    »Ich habe ihn gesehen, ja«, antwortete ich. »Gestern Abend von der … Küste aus.«
    Hennessey kommentierte das unmerkliche Zögern in meinen Worten mit einem gebührenden Stirnrunzeln. »Er ist wirklich interessant«, sagte er dann. »Wenn man sich für alte Gemäuer interessiert, heißt das. Ich würde ihn Ihnen gerne zeigen, aber leider ist das

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