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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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doch statt zu tun, was er selbst angekündigt hatte, drehte sich George herum und machte eine Geste zu Rowlf und ihm, mitzukommen. »Was Sie hier sehen«, erklärte er mit einer entsprechenden Bewegung, als sie den gewaltigen Raum durchquerten und auf eine schmale Tür an seinem jenseitigen Ende zusteuerten, ist das Hauptquartier unserer Armee. Von hier aus versuchen wir den Widerstand zu organisieren und die Menschen aus den Gebieten zu evakuieren, die dem FEIND bereits in die Hände gefallen sind.
    »Beeindruckend«, sagte Howard, aber George schüttelte beinahe zornig den Kopf und antwortete:
    »Nein, das ist es nicht. Es ist jämmerlich. Es ist erbärmlich. Was Sie hier sehen, ist alles, was uns geblieben ist. Die Menschheit kämpft seit sechzehn Jahren gegen sie und das hier ist alles, was übrig geblieben ist. Ein paar Tausend verzweifelte Männer, die einen Feind aufzuhalten versuchen, der mit jeder Sekunde stärker wird.« Er seufzte. »Ich fürchte, Sie sind gerade noch zurechtgekommen, um den letzten Akt dieses Dramas mitzuerleben, Howard.«
    Sie hatten die Tür erreicht. Zwei Soldaten mit angeschlagenem Gewehr hielten davor Wache und traten erst beiseite, als George sie mit einer entsprechenden Bewegung dazu aufforderte. Als er die Tür öffnete, sah Howard, dass sie aus fast zehn Zentimeter dickem Stahl bestand und schwer wie die eines Safes sein musste. Die Wand, in die sie eingelassen war, war mehr als einen Meter dick.
    Der dahinter liegende Raum war völlig anders, als Howard erwartet hatte. Er hatte die Abmessung eines großen Salons und war auch wie ein solcher eingerichtet – auf dem Boden lag ein dicker Teppich, der nackte Stein der Wände war hinter kostbaren Seidentapeten verborgen und die wenigen Möbelstücke zeugten von einem erlesenen Geschmack. Es gab keine Fenster, denn der Raum lag ja tief unter der Erde, trotzdem war es taghell. Eine Anzahl kleiner Lampen an den Wänden verbreitete weißes Licht, viel heller als das einer Gas- oder Petroleumlampe, aber trotzdem nicht unangenehm. Die größte Überraschung aber stellte das dar, was im hinteren Drittel des Salons stand – ein großes, vage an einen Schlitten erinnerndes Gefährt mit einem einzelnen, mit rotem Leder bezogenen Sitz, einer komplizierten Apparatur davor und einer großen, vielfach durchbrochenen und mit bunten Kristallen besetzten Scheibe am hinteren Ende. Es war Georges Zeitmaschine.
    George ließ Rowlf und ihm ein paar Sekunden Zeit sich umzublicken und das Gesehene zu verarbeiten, dann deutete er mit einer einladenden Geste auf eine kleine Chaiselongue, die sich an der Wand neben der Tür befand. Sie nahmen Platz. George deutete fragend auf einen kleinen Teewagen, auf dem Gläser und zwei kristallene Karaffen bereitstanden. Rowlf nickte, bediente sich aber selbst. Howard lehnte ab. Er hatte seit mehr als einem Tag nichts gegessen und war zudem zutiefst erschöpft. Es war besser, wenn er jetzt keinen Alkohol trank.
    »Wenn Sie vielleicht eine Zigarre hätten?«, fragte er.
    George lächelte und klappte ein silbernes Kästchen auf, das vor ihm auf dem Tisch stand. »Bedienen Sie sich«, sagte er.
    Howard tat, wie ihm geheißen wurde, und er stellte schon nach dem ersten Zug fest, dass es sich um eine wirklich hervorragende Zigarre handelte; vielleicht die beste, die er jemals geraucht hatte. Er sagte das auch laut, aber die als Kompliment gemeinten Worte schienen George eher zu betrüben.
    »Ja, an Luxus herrscht bei uns kein Mangel«, sagte er, »so absurd es auch klingen mag. Aber schließlich verwalten wir alles, was vom Besitz und den Schätzen der Menschen noch geblieben ist. London ist die letzte Stadt, die ihnen noch Widerstand leistet.« Er schwieg ein paar Sekunden. Sein Blick wurde traurig. »Jedenfalls war sie das bis jetzt«, fügte er ganz leise hinzu.
    Howard nahm einen Zug aus seiner Zigarre, blies die grauen Rauchwolken genießerisch durch die Nase aus und wartete darauf, dass George weitersprach. Aber er schwieg. Der Ausdruck von Verbitterung und Trauer auf seinem Gesicht wurde stärker, und Howard begriff, dass er mit seiner Frage unabsichtlich an einer Wunde gerührt hatte.
    »Sie wollten von Ihrem Schicksal erzählen«, sagte er schließlich verlegen. »Rowlf und ich wurden angegriffen, kaum dass wir R’lyeh betreten hatten. Wir fürchteten, dass auch Sie den Ungeheuern in die Hände gefallen wären.«
    Mit sichtlicher Anstrengung schob George die düsteren Gedanken beiseite und schüttelte den Kopf.

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