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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass er noch mehr sagen wollte, doch in diesem Moment kam Joshua zurück. Er schleppte eine gewaltige, hölzerne Kiste, unter deren Last er schier zusammenzubrechen schien. Ich dachte lieber gar nicht erst darüber nach, wie es ihm gelungen war, sie hier heraufzubekommen. Crowley rührte keinen Finger um ihm zu helfen. Er starrte nur noch eine weitere Sekunde wortlos und auf diese unheimliche, schaudernd machende Weise auf mich herab, dann drehte er sich mit einem Ruck herum und ging auf die Standuhr zu.
    Rasch öffnete er ihre Tür, sodass man das komplizierte Gestänge und Räderwerk dahinter erkennen konnte. Er blieb eine ganze Weile so stehen und musterte es, als versuche er, den Sinn der verwirrenden Mechanik zu ergründen, dann hob er die Hand und berührte eines der drei unterschiedlichen Zifferblätter, von denen keines auch nur im Entferntesten die Zeit anzeigte.
    Was dann geschah, erfüllte mich mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Staunen, die mich für einen Moment sogar meine missliche Lage vergessen ließ. Crowley verstellte rasch und mit offenbar sehr zielsicheren Bewegungen die verschiedenen Anzeigen der Uhr und als er damit fertig war, begann sich ihr Inneres zu verändern. Zahnstangen und -räder schienen zu verschwimmen, wurden für einen Moment durchsichtig und lösten sich dann in einen grünen, rauchigen Nebel auf, der schließlich zu einem intensiv strahlenden Licht von unangenehmer Farbe wurde.
    Er aktivierte das Tor!
    Natürlich hatte ich gewusst, was diese Standuhr in Wahrheit darstellte. Ich hatte dieses Tor sogar einige Male selbst benutzt, es aber niemals gewagt, seine Einstellungen irgendwie verändern zu wollen. Ich hätte nicht einmal gewusst, dass dies möglich war. Crowley aber schien sich mit dem geheimnisvollen Mechanismus gut auszukennen, denn nach einigen weiteren Sekunden nickte er offenbar sehr zufrieden mit dem Kopf, trat einen Schritt zurück und machte eine auffordernde Bewegung zu Joshua.
    Der Junge nahm seine Last wieder auf, die er für einen Moment abgestellt hatte, und näherte sich dem Tor. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, trat er in das grüne Leuchten hinein und war gleich darauf verschwunden.
    Crowley kam zu mir zurück. Umständlich ließ er sich neben mir auf ein Knie herabsinken, griff in die rechte Tasche meiner Jacke und zog etwas heraus. Ich konnte nicht erkennen, was es war, denn es war so klein, dass er es in der geschlossenen Hand verbergen konnte, und es interessierte mich auch nur für eine Sekunde, denn gleich darauf erschien wie hingezaubert ein Messer in seiner Hand.
    »Wie originell«, sagte ich. »Bringen wir es also jetzt hinter uns?«
    Die Worte hatten spöttisch klingen sollen, aber das Zittern in meiner Stimme verdarb diesen Effekt gründlich. Crowley machte sich auch nicht die Mühe, irgendwie darauf zu reagieren, sondern drehte sich halb herum und schnitt mit einer raschen Bewegung meine Fußfesseln durch. Ebenso rasch und mit unerwarteter Geschmeidigkeit stand er auf und wich zwei Schritte vor mir zurück. »Bitte tun Sie jetzt nichts Unbesonnenes, Robert«, sagte er. »Ich kann es Ihnen nicht erklären, aber glauben Sie mir, dass Sie nichts mehr am vorbestimmten Lauf der Dinge ändern können.«
    Seltsamerweise glaubte ich ihm auf Anhieb. Irgendwie spürte ich, dass es genauso war, wie er sagte. Die Entwicklung war mir längst aus den Händen geglitten, falls ich überhaupt jemals die Möglichkeit gehabt hatte, sie zu beeinflussen. Und trotzdem spielte ich eine Sekunde lang mit den Gedanken, meine Chance auszunutzen. Zwar waren meine Hände noch immer gefesselt, aber immerhin vermochte ich aufzustehen und mich zu bewegen. Crowley wäre wahrscheinlich trotz allem erstaunt gewesen, am eigenen Leibe zu erfahren, welch verheerenden Schaden ein wohlgezielter Tritt anzurichten imstande ist.
    Doch ich kam nicht dazu die Idee in die Tat umzusetzen, denn schon in diesem Moment trat Joshua wieder aus dem grünen Leuchten im Inneren der Uhr heraus. Ein einziger Blick in seine Augen machte mir klar, was mich erwartete, wenn ich auch nur eine unvorsichtige Bewegung machte.
    »Kommen Sie, Robert«, sagte Crowley. Er machte eine langsame, fast übertrieben dramatisch wirkende Geste auf die Uhr. »Unsere Zeit wird allmählich knapp.«
    Mit klopfendem Herzen setzte ich mich in Bewegung. Es waren nur wenige Schritte, aber sie kamen mir vor wie hundert Ewigkeiten und etwas in mir schien zu sterben, als ich endgültig in das grüne Leuchten

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