Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
haltend. »Er versteht nichts. Er glaubt, die Welt gehöre allein ihm und seinesgleichen und alles müsse so funktionieren, wie er und sie es sich vorstellen.«
»Was soll das?«, fragte ich – obgleich ich die Antwort auf meine eigene Frage zu wissen glaubte.
Hennessey fuhr, wieder an mich gewandt, fort: »Sie hätten auf mich hören sollen, Robert. Dann wäre Ihnen und uns vieles erspart geblieben. Sie glauben, dass wir diesen Menschen hier Schlechtes wollen.«
»Wie kommen Sie auf diese Idee?«, fragte ich sarkastisch. »Natürlich nicht. Zweifellos sind Sie und die anderen aus dem Meer herausgekrochen, um ihnen das Paradies zu bringen. Oder wenigstens das, was Sie dafür halten.«
»Es hat keinen Sinn«, sagte Hennessey. Er drehte sich zu Joshua herum und wies mit seiner rechten, menschlichen Hand auf mich herab. »Er ist so wie alle anderen.«
»Aber Sie sollten es besser wissen, Mr. Craven«, sagte Joshua. Er klang traurig. »Die meisten Menschen wissen nicht, wie die Welt wirklich aufgebaut ist. Sie schon. Sie gehören zu den wenigen Auserwählten, denen ein Blick hinter den Schleier des Schicksals gegönnt wurde. Aber Sie machen nichts aus diesem Wissen.«
Ich sah ihn so eindringlich an, wie ich konnte. »Das sind doch nicht deine Worte, Junge«, sagte ich. »Begreifst du denn nicht, was hier geschieht?«
»Doch«, antwortete Joshua mit einem Lächeln, das mir einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. »Aber ich glaube, Sie wissen es nicht. Dabei müssten Sie es.«
»Ich will es gar nicht wissen«, erwiderte ich. »Was hier passiert, ist …« Ich suchte einen Moment vergeblich nach Worten. »… einfach nicht richtig«, fuhr ich schließlich fort.
»Ihrer Meinung nach vielleicht«, antwortete Joshua und ich begriff, wie sinnlos jedes weitere Wort wäre. Dieses Kind war ebenso wenig Herr seiner eigenen Entscheidungen, wie es Cohen gewesen war. »Es tut mir Leid, Mr. Craven, bitte glauben Sie mir das. Ich habe den Meister gebeten, noch einmal mit Ihnen reden zu dürfen, weil ich hoffte, Sie zur Vernunft bringen zu können. Aber ich sehe jetzt ein, dass er Recht hatte. Sie sind wie alle anderen. Sie wollen nicht verstehen.«
»Aber was denn nur, um Gottes willen?!«, fuhr ich auf. »Dass sie euch … missbrauchen? Dass sie euch zwingen Dinge zu tun, die kein Mensch tun sollte? Dass sie euch zwingen Geschöpfen zu Diensten zu sein, die nichts anderes als die Herrschaft über die ganze Welt anstreben?«
»Und wenn es so wäre?«, gab Joshua ruhig zurück. »Woher nehmen Sie die Überheblichkeit anzunehmen, dass es unbedingt der Mensch sein muss, der diese Welt beherrscht? Wer sagt Ihnen, dass nicht wir es sind, die gegen die Gesetze der Natur und der Schöpfung verstoßen? Vielleicht ist das Universum voller Welten, die von Wesen beherrscht werden, die wie sie sind, und nicht wie wir. Vielleicht sind wir es, die ihnen ihre Welt gestohlen haben, und nicht sie die unsere.«
»Ja«, knurrte ich böse, »und vielleicht ist die Welt in Wirklichkeit eine Scheibe und die Sonne nichts als eine große Glühlampe, die jemand an den Himmel genagelt hat, wie? Du glaubst all diesen Unsinn wirklich?«
»Es hat keinen Sinn«, sagte Hennessey. Er machte eine auffordernde Handbewegung. »Komm, Joshua. Der Meister erwartet uns.«
Niemals zuvor waren Howard fünf Minuten so lang vorgekommen, wie die nach dem Verschwinden der Zeitmaschine. Doch sie wurden von den folgenden Minuten noch weit übertroffen. Zähflüssig flossen die Sekunden dahin. Immer wieder wanderte Howards Blick zum Himmel. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden und das Orange des Sonnenuntergangs wechselte immer mehr zu einem düsteren Rot, um nach und nach dem Grau der Dämmerung zu weichen.
Immer noch war George nicht zurückgekehrt. Er hatte von wenigen Minuten gesprochen und inzwischen war fast eine Viertelstunde verstrichen, die Howard wie eine Ewigkeit vorkam.
Auch die letzten roten Farbstreifen verschwanden vom Horizont. Die Nacht senkte sich vollends über das Land. Der Mond war nur eine schmale Sichel und verbarg sich außerdem hinter den Wolken, sodass er kaum Licht spendete.
Je dunkler es wurde, desto bedrohlicher kam Howard der zuvor so friedlich und mit seiner fremdartigen Blütenpracht anheimelnd erscheinende Wald vor; eine düstere Wand aus Unterholz und Schatten, erfüllt von eine Vielzahl an Lauten, die er zuvor kaum wahrgenommen hatte.
Auch Rowlf wurde merklich unruhiger. Er hatte irgendwann nach
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