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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vor wenigen Stunden noch der Meeresgrund gewesen war und es in wenigen Stunden wieder sein würde. Ich war nicht sehr überrascht, als Cohen nach Norden wies, wo sich Hennessey Leuchtturm als schwarzer Schatten gegen den Himmel abzeichnete.
    Ich bekam einen derben Stoß in die Seite, der mich zum Weitergehen animieren sollte, blieb aber nach einem hastigen Schritt, der mir mein Gleichgewicht wieder zurückbrachte, noch einmal stehen und versuchte erneut, an Cohens Vernunft zu appellieren. Ich war mittlerweile sicher, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war. Wilbur Cohen und ich waren nie Freunde gewesen und würden es niemals werden. Es gab eine Menge negativer Dinge, die ich hätte über ihn sagen können – aber ein Mörder war er nicht. Ganz im Gegenteil; vielleicht, weil ihn sein Beruf so oft mit Gewalt und Tod in Berührung brachte, empfand er eine tiefe Ehrfurcht vor allem Leben.
    »Cohen!«, sagte ich fast verzweifelt. »Wachen Sie auf. Was geschieht mit Ihnen?«
    Ich sah aus den Augenwinkeln, wie eines der TIEFEN WESEN seine Pfote nach mir ausstreckte, aber Cohen hielt es mit einer fast beiläufigen Bewegung zurück. Er sah mich an und wieder erschien dieses unheimliche, Angst einflößende Lächeln auf seinen Zügen, die mir plötzlich fremd und fast dämonisch vorkamen. Nichts darin hatte sich verändert, aber das Gesicht eines Menschen besteht nicht nur aus dem, was man sieht.
    »Sie werden alles erfahren, Robert«, sagte er. »Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind nicht in Gefahr – solange Sie vernünftig sind und tun, was ich Ihnen sage, heißt das.«
    »Und wenn nicht?«, fragte ich. »Bringen Sie mich dann um, so wie Tom?«
    Cohen schüttelte den Kopf. »Er war doch schon tot«, sagte er. »Sein Herz schlug vielleicht noch, aber hier oben …«, er tippte sich gegen die Stirn, »… war er schon gestorben. Ein Mensch besteht nicht nur aus Fleisch und Blut, wissen Sie?«
    »O ja«, erwiderte ich mit bösem Spott, »das hätte ich fast vergessen. Und Sie entscheiden, wer leben darf und wer nicht.«
    »Warum nicht?«, antwortete Cohen mit einem Achselzucken. »Irgendjemand muss es tun.« Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Aber nun gehen Sie weiter, Robert. Wir haben nicht mehr sehr viel Zeit, ehe die Flut wieder einsetzt. Und wir wollen doch nicht nass werden, oder? Am Ende werden Sie uns noch krank.«
    Ich ignorierte sein höhnisches Grinsen, fuhr auf dem Absatz herum und ging weiter. Mich zu widersetzen wäre ohnehin sinnlos gewesen, und ich wollte den beiden TIEFEN WESEN keinen Vorwand geben, mich erneut zu packen. Allein von diesen Geschöpfen berührt zu werden, war ein unbeschreiblich widerwärtiges Gefühl. Ihre Haut war nicht glatt und kalt wie die von Fischen, sondern fühlte sich an, als griffe man nach einem halb verfaulten Schwamm. Übrigens rochen sie auch ungefähr so.
    Wir brauchten eine geraume Weile, um den steil aufstrebenden Felsenhügel zu erreichen, auf dem sich der Turm erhob. Aus der Nähe betrachtet, bot er einen noch unheimlicheren Anblick als von weitem. Seine Wände, die vollkommen senkrecht vierzig, vielleicht auch fünfzig oder sechzig Yards weit in die Höhe strebten, bestanden aus uralten, zyklopischen Felsquadern, die ohne Mörtel oder sonstige Hilfsmittel aufeinander geschichtet waren, dies aber so kunstvoll, dass man in die Spalten dazwischen nicht einmal die Klinge eines Messers hätte schieben können. Nicht ein Stein hatte die gleiche Form wie der andere. Ohne dass man diesen Eindruck an irgendetwas hätte festmachen können, wirkte das kolossale Gebäude irgendwie … ja, beinahe krank. Die Steine sahen deformiert, fast verkrüppelt aus, als wären sie von einer unfasslichen Gewalt in eine Form gezwungen worden, die nicht ihre eigentliche war und in der sie nicht bleiben konnten, es aber mussten. Die steile Treppe, die vom Fuße des Berges hinauf zu dem des Turmes führte, musste von einem Wahnsinnigen entworfen worden sein, denn keine Stufe hatte die gleiche Form, Größe, Breite oder Tiefe wie die andere. In noch stärkerem Maße traf dies auf die Tür zu, zu der sie führte. Sie wirkte völlig deformiert, auf eine Weise, die mit Worten nicht zu beschreiben war. Ihre Winkel stimmten nicht. Auf eine völlig verrückte Art schienen sie mehr als dreihundertsechzig Grad zu haben und es war mir unmöglich zu sagen, ob die Tür nun höher als breit oder breiter als hoch war, vielleicht beides zugleich. Am schrecklichsten aber war die Farbe des Turmes. Von

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