Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
Cohen irgendetwas und der hektische Tanz der Schatten rechts und links von mir, der im Moment meines Sturzes begonnen hatte, hörte übergangslos wieder auf.
Stöhnend hob ich den Kopf und sah zu Crowley empor; und was ich erblickte, das ließ mich für einen Moment sogar meinen Schmerz und die rasende Furcht vergessen.
Cohen hatte sich auf Crowley gestürzt und ihn halbwegs zu Boden gerissen. Die beiden TIEFEN WESEN, die herbeigeeilt waren, um ihrem Herrn zu helfen, standen kaum einen Meter von ihm entfernt, aber sie waren mitten in der Bewegung erstarrt und ich erblickte selbst auf ihren fremdartigen Fischgesichtern einen Ausdruck von Unschlüssigkeit und Furcht, den ich ihnen bis zu diesem Moment nicht einmal zugetraut hätte. Ein einziger rascher Schritt hätte gereicht, Cohen zu packen und niederzuringen, aber sie wagten es nicht, denn in Cohens Hand lag plötzlich ein Dolch, dessen rasiermesserscharfe Klinge er so fest gegen Crowleys Kehle drückte, dass ein einzelner Blutstropfen aus seiner Haut quoll. Crowley selbst war vor Entsetzen und Überraschung erstarrt. Er schien nicht einmal wirklichen Schrecken zu empfinden, sondern sah einfach fassungslos aus.
»Pfeifen Sie sie zurück!«, verlangte Cohen. »Sie sollen verschwinden, auf der Stelle, oder ich schneide Ihnen die Kehle durch!«
Crowley bewegte sich schwach, hörte aber sofort wieder damit auf, als das Messer seine Haut tiefer ritzte. »Das … wagen Sie nicht«, sagte er gepresst.
Cohen bewegte fast unmerklich die Hand. Aus dem einen Blutstropfen wurde ein dünnes Rinnsal und der Schrecken, den ich bis jetzt auf Crowleys Gesicht vermisst hatte, ergriff nun mit doppelter Wucht davon Besitz. »Wollen Sie Ihr Leben darauf wetten?«, fragte Cohen. »Tun Sie es lieber nicht. Ich habe nichts zu verlieren.«
Crowley zögerte noch eine Sekunde, aber dann machte er eine vorsichtige Bewegung mit der Hand und sagte: »Geht zurück! Tut, was er verlangt!«
Die beiden grün geschuppten Kolosse bewegten sich zwei Schritte zurück und blieben wieder stehen.
»Sie sollen verschwinden!«, verlangte Cohen. »Alle. Schicken Sie sie hinaus.«
Crowley machte eine Handbewegung und tatsächlich drehten sich die beiden Geschöpfe – wenn auch mit sichtlichem Widerwillen – herum und verschwanden. Nur Hennessey und Joshua blieben zurück. Auf Hennesseys zerstörtem Gesicht irgendeinen Ausdruck zu erkennen war unmöglich, doch auf den Zügen des Jungen erschien ein solcher Zorn und Hass, dass es mir kalt den Rücken herablief.
»Damit kommen Sie nie durch, Sie Narr!«, sagte Crowley. »Glauben Sie wirklich, Sie kämen lebend hier heraus? Sie müssen verrückt sein!«
»Vielleicht bin ich das«, antwortete Cohen ruhig. »Gehen Sie besser davon aus, dass es so ist.« Er machte einen Schritt zurück, wobei er Crowley, der halb gegen ihn gefallen war, einfach mit sich zerrte. »Sie werden Robert und mich gehen lassen.«
»Ich denke nicht daran«, antwortete Crowley. Er hatte seinen Schrecken überwunden und in seiner Stimme war bereits wieder der gewohnte, überhebliche Ton. »Bringen Sie mich doch um, Sie Narr! Sie werden mich keine zwei Sekunden überleben!«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte Cohen. »Aber ich schätze, Sie töten uns sowieso, nicht wahr? Also haben wir nicht viel zu verlieren.«
Er bewegte sich rückwärts gehend auf die Tür zum Balkon zu und machte eine ungeduldige Kopfbewegung in meine Richtung, ihm zu folgen. Behutsam versuchte ich aufzustehen und mich aus dem Fadengewebe zu befreien; und zu meiner eigenen Überraschung gelang es mir sogar. Meine Hände waren blutig, als ich sie aus dem lebenden Teppich zog. Aus Zehntausenden mikroskopisch feiner Stiche drangen winzige Tröpfchen und auch an meinen Waden lief es warm und klebrig herab. Ich spürte nicht den mindesten Schmerz. Die Fäden machten auch keinen Versuch mich zu halten, sondern zogen sich im Gegenteil beinahe hastig von mir zurück, sodass ich unbehelligt an Cohens Seite treten konnte.
Wir verließen die Halle und traten wieder auf den schmalen Balkon hinaus. Cohen zerrte Crowley rücksichtslos mit sich, obwohl der alte Mann vor Schmerz stöhnte, und aus den Augenwinkeln sah ich, wie Hennessey und auch Joshua uns folgten; aber sehr vorsichtig und mit kleinen, fast zögernden Schritten.
»Und was jetzt?«, fragte Crowley, als wir auf den Balkon hinausgetreten waren und Cohen mit dem Rücken an der steinernen Brüstung stand.
Cohen warf einen Blick hinter sich in die Tiefe, drehte
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