Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
kleine Bewegung, mit der ich mich aufsetzte, war beinahe zu viel für mich. Alles begann sich um mich herum zu drehen, mir wurde übel und für eine schreckliche Sekunde war ich einer Ohnmacht nahe. Die anderen bemerkten nichts davon, denn auch sie waren durch die Rückkehr der improvisierten Jagdpartie geweckt worden – und der Anblick Landons und der drei anderen machte klar, dass der Jagdausflug auf das Dach hinaus nicht unbedingt planmäßig verlaufen war.
    Alle vier Männer bluteten aus zahllosen, winzigen Wunden an Händen, Gesichtern und Nacken, alle vier zitterten vor Erschöpfung und Angst und sie alle waren so mit Taubendreck und Federn übersät, dass es mir im ersten Moment beinahe schwer fiel, sie auseinander zu halten. Insbesondere Hank hatte es wirklich schlimm erwischt: Sein Gesicht und sein Nacken waren über und über mit Blut bedeckt und er schien kaum mehr die Kraft zu haben, sich auf den Beinen zu halten, denn Landon und einer der beiden anderen stützten ihn, als sie hereinkamen.
    Mit Ausnahme Nattys, die nur erschrocken die Augen aufriss und die vier Jammergestalten anstarrte, sprangen alle auf und eilten ihnen entgegen. Für einen Moment hallte der Raum wider von erschrockenen Stimmen, Rufen und Fragen, während sich Landon und die drei anderen zu ihren Lagern schleppten. Ich selbst bekam von der ganzen Aufregung nur sehr wenig mit, denn ich kämpfte noch immer gegen eine Ohnmacht an – und das wenige an klarem Denkvermögen, das mir noch zur Verfügung stand, war voll und ganz damit beschäftigt, den entsetzlichen Gedanken zu akzeptieren, dass das, was ich in meinem Traum gesehen hatte, offensichtlich wirklich geschehen war. Es war kein Traum gewesen. Nicht im Entferntesten.
    Nur langsam klärten sich meine Sinne wieder. Die Aufregung rings um mich herum legte sich nicht, aber aus dem ersten Schrecken beim Anblick der vier Männer wurde mehr und mehr Neugier und Staunen, als den Übrigen klar wurde, dass ihre Verletzungen nicht lebensgefährlich waren. Zwar krümmte sich Hank auf seinem Lager und blutete noch immer, nichtsdestoweniger aber waren seine Wunden kaum mehr als Kratzer, die nicht wirklich gefährlich waren.
    Schließlich hatte ich mich wieder so weit unter Kontrolle, dass ich mich ein zweites Mal (und entsprechend vorsichtiger) aufsetzen und Landon und den anderen zuwenden konnte. Ich ersparte mir die Frage, was passiert war – zum einen kannte ich die Antwort, zum anderen war sie in den letzten fünf Minuten ungefähr fünfzig Mal gestellt und fast ebenso oft von Landon und den anderen beantwortet worden; wenngleich die Geschehnisse auch mit jedem Male, da sie von einem der vier berichtet wurden, dramatischer und gefährlicher zu werden schienen, bis es zum Schluss einem Wunder glich, dass einer von ihnen überhaupt mit dem Leben davongekommen war.
    Die allgemeine Aufregung hatte – zumindest für mich – sogar einen Vorteil: Niemand nahm von meinem veränderten Aussehen Notiz oder stellte gar eine Frage, deren Beantwortung mich wohl in eine gewisse Verlegenheit gebracht hätte.
    Natürlich war an Schlaf in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Keiner von uns besaß eine Uhr, aber ich schätzte, dass es gegen drei gewesen sein musste, als Landon und die anderen von ihrer missglückten Expedition zurückkehrten. Als sie es endlich müde wurden, immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten, begann es draußen zu dämmern. Der Sturm hatte die ganze Nacht über nicht nachgelassen und obwohl sein Heulen mit Einbruch der Dämmerung ein wenig an Kraft verlor, spürten wir doch alle, dass es nur eine Atempause war, in der er zu neuem, vielleicht noch schlimmerem Wüten ausholte. Es war empfindlich kalt geworden, doch obwohl es im Raum einen ansehnlichen Vorrat an Feuerholz gab, machte niemand Anstalten, ein Feuer zu entzünden. Die Männer verkrochen sich nur tiefer unter ihren zerschlissenen Decken und Mänteln; einige rauchten, andere unterhielten sich, jetzt gedämpft und mit müder werdenden Stimmen, und auch ich fühlte, dass die zum größten Teil durchwachte Nacht ihren Tribut zu fordern begann. In meinen Gliedern war eine bleierne Schwere und es kostete mich immer größere Anstrengung, die Augen offen zu halten. Da ich Angst hatte einzuschlafen, setzte ich mich wieder auf, zog die Knie an den Körper und wickelte mich fröstelnd in die mottenzerfressene Decke, die mir Landon am vergangenen Abend gegeben hatte. Es nutzte allerdings nicht viel. Ganz im Gegenteil begann ich

Weitere Kostenlose Bücher