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Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sekunde später machte der Mann eine weit ausholende Bewegung und schmetterte es mit furchtbarer Wucht gegen einen Balken, sodass es leblos zu Boden sank.
    Ich fühlte, wie sich Furcht wie etwas Greifbares im Raum ausbreitete. Auch die übrigen Tiere erhoben sich jetzt, sodass sich der Dachboden für einen Moment in ein Chaos aus flatternden grauen Schwingen und hektischer Bewegung zu verwandeln schien, aber dann war da plötzlich wieder dieser fremde, unwiderstehliche Wille, der den der Tauben einfach überrannte und sie zwang, Dinge zu tun, die sie normalerweise nie getan hätten. Plötzlich sahen sich die Männer von einem Dutzend wütender Tiere attackiert und die Angriffe waren auch nicht mehr ziellos wie das erste Mal, sondern von einer gefährlichen Präzision. Die Krallen und nadelspitzen Schnäbel schlugen nicht mehr wild zu, sondern hackten gezielt nach ihren Augen oder gruben sich in das empfindliche Fleisch über ihren Fingernägeln. Die Männer begannen zu schreien. Hank stolperte zurück und fiel auf ein Knie herab, den Kopf angstvoll zwischen die schützend hochgerissenen Arme gesenkt, und sofort stürzten sich vier oder fünf Tauben zugleich auf seinen schutzlos dargebotenen Nacken und begannen ihn mit messerscharfen Krallen zu zerfleischen. Landon sprang mit einem Satz hinzu und verscheuchte die Tiere mit einer zornigen Bewegung, half ihm auf die Füße und begann rückwärts gehend auf die Leiter zuzusteuern. Auch die beiden anderen begannen, sich zurückzuziehen, noch immer verfolgt von den sie unaufhörlich weiter attackierenden Tauben.
    Plötzlich begann sich auch der Körper meines gefiederten Wirtes zu bewegen. Seine Gliedmaßen auf eine Art und Weise koordinierend, die mich schon beim reinen Zusehen schwindeln ließ, machte er zwei, drei trippelnde Schritte und schwang sich dann in die Höhe. Aber er schloss sich nicht den übrigen Tauben an, die immer wütender auf die Männer herabstießen und sie Schritt für Schritt wieder zur Treppe zurückjagten, sondern wandte sich in die entgegengesetzte Richtung, auf eines der Löcher im Dach zu, hinter denen der Sturm noch immer mit ungebrochener Wut tobte. Ich fühlte die Furcht des Tieres, das die Gefahr spürte, die von den entfesselten Elementen draußen ausging. Der Sturm musste es einfach packen und zerreißen, sofern er es nicht gegen eine Wand oder den Boden schleuderte. Aber der fremde Wille in seinem Bewusstsein war stärker als sein Überlebensdrang. Schnell und ohne das mindeste Zögern flog die Taube auf die Öffnung im Dach zu und hinaus.
    Und in diesem Moment erwachte ich.
    Ich fuhr mit einem Schrei hoch. Im ersten Moment hatte ich Mühe mich zurechtzufinden. Ich blickte an mir herab, fest davon überzeugt, ein graues Federkleid und dünne Vogelbeine zu erblicken, blinzelte sekundenlang verwirrt in die Runde und begriff erst, als ich den überraschten und verunsicherten Blicken der anderen begegnete, dass es vorbei war.
    Allerdings war dieses Begreifen keineswegs von Erleichterung begleitet. Ganz im Gegenteil verspürte ich plötzlich eine viel heftigere Angst als noch vor Augenblicken. Es war nur ein Albtraum gewesen, nichts als ein verrückter Nachtmahr, ausgelöst durch das sonderbare Verhalten der Taube am Fenster und Landons verrücktem Vorhaben, die mich beide in den Schlaf begleitet hatten. Und trotzdem … es war so unvorstellbar realistisch gewesen, dass es mir für Momente schwer fiel, mein Erlebnis wirklich nur als einen Traum abzutun.
    »Was ist los?«, erkundigte sich Natty.
    Ich sah sie eine Sekunde lang verständnislos an, dann schüttelte ich schwach den Kopf und versuchte zu lächeln. »Nichts«, sagte ich. »Nur ein Traum.«
    Aus der Sorge in ihren von roten Aderchen durchzogenen Augen wurde Ärger. »Dann träum leiser«, sagte sie. »Wir anderen wollen schlafen, weißt du?«
    Mit einer ärgerlichen Bewegung drehte sie sich wieder herum und zog den zerschlissenen Mantel, den sie als Decke benutzte, über sich zusammen. Auch ich ließ mich wieder zurücksinken. Ich war noch immer müde, aber ich spürte, dass ich jetzt keinen Schlaf mehr finden würde. Mein Herz jagte, ich zitterte am ganzen Leib. Meine Hände taten weh, als hätte ich stundenlang Steine aufgeschichtet. Automatisch hob ich sie vor die Augen – und hätte um ein Haar erneut aufgeschrien.
    Ich hatte nicht erwartet, die Hände eines knapp Dreißigjährigen zu erblicken, der ich vor zwei Tagen noch gewesen war. Doch was ich jetzt sah, das waren dürre,

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