Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II

Titel: Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Hände. Der Anblick, der sich mir nach meiner Rückkehr ins Innere des Abbruchhauses bot, hätte aus einer Schauergeschichte stammen können: Landon und die anderen hatten sich in den hintersten Winkel des Raumes zurückgezogen. Natty kümmerte sich um Hank und Steve, die es wohl am schlimmsten erwischt hatte. Hank stöhnte ununterbrochen, sein Gesicht und sein Hals waren blutüberströmt und der blinde Steve war nun zumindest auf einem Auge wirklich blind, denn die Tauben hatten es ihm ausgehackt. Die übrigen – auch Landon, und diese Erkenntnis tat von allen am meisten weh – kauerten sich angstvoll auf dem Boden zusammen und starrten mich an, und was ich in ihren Augen las, das war eine Mischung aus Überraschung und Entsetzen, die mich innerlich aufstöhnen ließ, denn ich spürte nur zu deutlich, dass diese Furcht zu einem großen Teil mir galt. Alle hatten gehört, wie Joshua mich Meister genannt hatte. Schließlich wurde er nicht müde, es zu tun.
    Ich selbst hatte bisher kaum etwas gesagt, sondern mich aufs Zuhören verlegt und Joshua das Reden überlassen; schon, weil es nicht besonders viel gab, was ich hätte sagen können, ohne mich selbst um Kopf und Kragen zu reden. Eines zumindest war klar: Joshua Pasons hatte ganz offensichtlich keine Ahnung von dem, was Crowley getan hatte. Er hielt mich nach wie vor für den Mann, in dessen Körper ich gefangen war, nicht für den, der ich wirklich war. Ich verstand diesen Irrtum nicht ganz, aber zweifellos hatte er mir das Leben gerettet. Es fragte sich nur, wie lange ich die Täuschung aufrechterhalten konnte – und was Pasons tat, wenn er die Wahrheit begriff.
    Er war keineswegs allein gekommen. Zusammen mit ihm waren Dutzende, wenn nicht Hunderte von Tauben hereingeflogen, die jetzt auf den Fenstersimsen und Türen, auf Kistenbrettern oder auch einfach auf dem Boden saßen und jede Bewegung Landons und der anderen misstrauisch verfolgten. Immer wenn sich einer der Männer regte, reagierten die Tiere mit einer unruhigen, drohenden Bewegung. Es fiel mir noch immer schwer, diese friedlichen kleinen Kreaturen mit irgendeinem Begriff von Gefahr in Verbindung zu bringen.
    »Ich hätte Euch noch viel früher gefunden, wenn Ihr Euch nicht bei diesen … Kreaturen verkrochen hättet, Meister«, schloss Joshua seinen Bericht, in dem er mir lang und ausführlich von seinem Weg nach London und seiner Suche nach mir erzählt hatte; eine Geschichte, die wohl ein Abenteuer für sich war, der ich aber aus verständlichen Gründen nicht einmal annähernd die Aufmerksamkeit hatte schenken können, die ihr gebührte. Immerhin hatte ich mitbekommen, dass Joshua die beiden letzten Tage damit verbracht hatte, nach mir zu suchen; nicht nur mit Hilfe der Tauben, die er auf einem selbst mir nicht ganz verständlichen Wege zu seinen Dienern gemacht hatte, sondern auch auf ein Dutzend weiterer und allesamt unheimlicher Arten.
    »Das mit den Tauben war … eine gute Idee«, sagte ich zögernd. Selbst diese wenigen Worte erschienen mir gefährlich. Selten zuvor im Leben war mir so schmerzhaft klar gewesen, wie wenig das Aussehen eines Menschen im Grunde zu besagen hatte. Ich war nicht der Mann, für den Joshua mich hielt, und er musste es einfach merken.
    Zumindest im Augenblick jedoch war sein Misstrauen noch nicht geweckt. Ganz im Gegenteil sah er mich auf eine eher schuldbewusst wirkende Art an; und als er antwortete, da tat er es im Tonfall einer Entschuldigung. »Ich hätte viel früher darauf kommen müssen, ich weiß«, sagte er leise und mit gesenktem Blick. »Aber ich war so verwirrt. Und es war viel schwerer, als ich dachte. Viel schwerer, als Ihr mir gesagt habt.«
    »Du hast es sehr gut gemacht«, antwortete ich.
    »Diese Stadt ist so groß«, fuhr Joshua fort. Er hob den Blick und sah mich an und wieder hatte ich für einen Moment das absurde Gefühl, etwas beinahe Vertrautes in seinen Augen zu erkennen. »Es sind so viele Menschen hier und ich war so durcheinander. So zornig. Und ich hatte Angst.«
    »Angst?«
    Joshua nickte. Er biss sich auf die Unterlippe und seine Finger zupften mit kleinen, nervösen Bewegungen am Saum seiner Jacke. Und für einen winzigen Moment war er tatsächlich nur ein Kind, das mit seinen eigenen Gefühlen rang und nur noch mühsam die Tränen zurückhielt.
    »Ich dachte, Craven hätte Euch … getötet«, sagte er.
    »Beinahe hätte er das auch«, murmelte ich. Ich war mir des Risikos bewusst, das jedes weitere Wort bedeutete, aber mir war auch

Weitere Kostenlose Bücher