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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schlimmer.
    Nicht die Tür war nicht mehr da. Nicht Howard und die anderen waren verschwunden.
    Er war nicht mehr da.
    Billings begann zu schreien.
     
    Die Veränderung hielt an. War ich am Anfang noch der Meinung gewesen, mich in dem gleichen, unterseeischen Labyrinth zu befinden, in dem ich damals Hasseltime und die anderen getroffen hatte, so begann ich allmählich zu begreifen, dass das nicht stimmte. Die Gänge ähnelten denen, in denen ich mich damals wiedergefunden hatte, aber sie waren eben nur ungefähr so, nicht wirklich. Der Unterschied war schwer in Worte zu fassen, aber er war da: Es war, als betrachte man die Kopie eines großen Kunstwerkes; eine meisterliche, durch und durch perfekte Kopie, die dem Original bis ins Letzte glich, es aber eben nicht war.
    Ich bewegte mich für eine geraume Weile durch schwarze, von düsterem Zwielicht erfüllte Gänge. Manchmal kam ich an Abzweigungen vorbei, in die ich aufmerksam hineinsah, mich aber hütete, vom geraden Weg abzuweichen, aus Furcht, mich zu verirren, und zwei oder drei Mal erreichte ich auch Kreuzungen, die ich aber ebenso ignorierte und mich stur weiter geradeaus fortbewegte. Zumindest in einem Punkt ähnelte dieses Labyrinth dem vor der Themsemündung sehr: Es war gigantisch. Hier wie damals dort hatte ich schon nach kurzem jedes Zeitgefühl verloren, sodass ich nicht mehr zu sagen vermochte, ob ich nun seit Stunden oder eher Minuten über den schwarzen Stein schritt, aber es mussten wohl eher Stunden sein, denn meine Beine und mein Rücken begannen zu schmerzen und in meinen Gedanken begann eine leise Stimme zu erwachen, die mir allerlei unangenehme Dinge zuzuflüstern begann.
    Gerade, als sie den Punkt erreicht hatte, an dem sie nicht mehr lästig, sondern allmählich Furcht einflößend zu werden begann, hörte ich andere, diesmal durchaus reale Stimmen. Abrupt blieb ich stehen und lauschte.
    Ich hatte eine weitere Gangkreuzung erreicht, sodass es mir im ersten Moment schwer fiel, die genaue Richtung zu orten, aus der die Stimmen kamen. Unschlüssig drehte ich mich nach rechts, dann nach links, machte ein paar Schritte in die entsprechende Richtung und kehrte wieder um, als die Stimme prompt wieder leiser wurden. Ich musste nun von meiner bisherigen Vorgehensweise abweichen, niemals den direkten Weg zu verlassen, was mich mit einigem Unbehagen erfüllte. Andererseits – Stimmen bedeuteten Menschen und auch, wenn diese Menschen nicht gezwungenermaßen meine Freunde sein mussten (ich hatte nicht vergessen, was Howard mir auf dem Weg zum Hotel erzählt hatte), so erschien mir doch alles besser, als weiter durch dieses grauenhafte Labyrinth zu irren. Trotzdem nahm ich mir vor, vorsichtig zu sein. Sehr vorsichtig.
    Die Stimmen wurden allmählich lauter, sonderbarerweise aber nicht deutlicher. Ich konnte jetzt eindeutig die Stimmen von mindestens acht oder zehn Menschen identifizieren, die sich offenbar aufgeregt miteinander unterhielten. Dabei bedienten sie sich aber einer Sprache, deren ich nicht mächtig war; einige schienen auch zu singen oder eine Art Gebet zu zelebrieren. Auch das passte zu Howards Erzählung. Ich ging langsamer und versuchte die graue Dämmerung vor mir mit Blicken zu durchdringen. Alle meine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt.
    Trotzdem wäre ich um ein Haar in die gewaltige Halle hineingestolpert, in die der Gang mündete.
    In der einen Sekunde hatte ich vor mir noch nichts als den gleichförmigen, grauschwarzen Stein des Tunnels gesehen, durch den ich seit einer kleinen Ewigkeit stolperte; eine scheinbar endlose Röhre, an deren Ende ein verschwommenes Licht waberte, das niemals näher kam. Im nächsten Sekundenbruchteil befand ich mich in einer gewaltigen, aus dem gleichen, Licht schluckenden grauen Stein bestehenden Höhle, die voller Menschen war. Es gab keinen Übergang, sondern nur das hier und das dort, denen irgendwie das dazwischen abhanden gekommen waren.
    Was mich rettete, war nicht etwa meine Geistesgegenwart, sondern der pure Schrecken, mit dem mich dieser plötzliche Wechsel erfüllte. Ganz instinktiv prallte ich zurück und fand mich jäh wieder in dem monotonen grauen Gang, der sich vor mir scheinbar bis in die Unendlichkeit fortsetzte.
    Einen Moment lang blieb ich mit klopfendem Herzen stehen und versuchte, das Unbegreifliche irgendwie zu verarbeiten. Nicht, dass es mir gelungen wäre. Ich war in meinem Leben schon auf so manche scheinbar unerklärliche Dinge gestoßen und viele davon waren weitaus

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