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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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McGiven mittlerweile fast nur im Erdgeschoss auf. Anfangs hatte er regelrechte Expeditionen durch das Haus unternommen, diese aber schnell aufgegeben, nachdem er zweimal nur um Haaresbreite einem tödlichen Unfall entgangen war.
    Er wusste, dass er nicht der einzige heimliche Bewohner des Häuserblocks war. Im gesamten Untergeschoss waren Türen und Fenster mit Brettern vernagelt, sodass man die Spuren unerlaubten Eindringens leicht erkennen konnte. Von Zeit zu Zeit hatte sich McGiven auch zu den anderen gesellt, die meiste Zeit aber blieb er für sich allein. Die anderen waren wie er Bettler und Stadtstreicher, die froh waren, wenn sie genügend Geld für etwas Brot und eine Flasche Fusel erbettelt hatten und hier einen Platz fanden, wo sie die Nacht verbringen und sich betrinken konnten.
    McGiven hatte nichts gegen sie, aber er war lieber allein. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen. Außerdem führte ihm ihr Anblick nur sein eigenes Elend immer wieder deutlich vor Augen.
    Er wollte nichts als seine Ruhe. Die Einzigen, die ihn hier immer wieder störten, waren die Ratten.
    McGiven packte eine der leeren Flaschen neben sich und schleuderte sie in die Richtung, aus der das Kratzen ertönte. Die Flasche polterte auf den Holzfußboden, ohne zu zerbrechen. Ein erschrecktes, schrilles Quieken war zu hören, dann noch einmal ein rasches Huschen und Scharren, dann herrschte Ruhe.
    Wenigstens für eine Weile.
    Vertreiben ließen sich die Biester nicht, das wusste McGiven; höchstens kurzfristig verscheuchen. Vielleicht war die, die er gerade verscheucht hatte, gar nicht geflohen, sondern nur losgezogen, um ihre gesamte Verwandtschaft nebst Freundeskreis herzuholen.
    Wieder vernahm McGiven ein leises Geräusch und nahm eine flüchtige Bewegung wahr. Er schleuderte eine weitere Flasche in die Richtung und erwartete, das vertraute schrille Quieken zu hören, doch stattdessen ertönte ein erschrecktes Miauen. Ein beige-braun geflecktes Fellbündel, das viel zu groß und zu dunkel für eine Ratte war, schoss an der Wand entlang und geriet dabei für einen kurzen Moment in den Lichtschein der Flammen.
    Es war eine Katze.
    McGiven lächelte kurz. »Mietz, Mietz«, versuchte er das Tier zu locken, wohl wissend, dass Katzen sich um solche Versuche gewöhnlich nicht die Bohne scherten. Diese jedoch schien eine Ausnahme zu sein, denn sie kam mit langsamen, misstrauischen Bewegungen näher, während sie ihn musterte. Die Flammen erzeugten funkelnde Lichtreflexe in den Augen des Tieres. Schnurrend strich es an McGivens Beinen entlang. Als er die Hand ausstreckte, ließ die Katze sich bereitwillig von ihm streicheln und schmiegte sogar ihren Kopf gegen seine Handfläche. Es war eine wirklich schöne Katze, ein langhaariges, sehr großes Tier, dessen Fell makellos gepflegt war. Kein Streuner, das erkannte selbst McGiven, der wahrlich kein Katzenliebhaber war, sondern vermutlich das Schoßtier irgendeiner verwöhnten reichen Dame, das seinem goldenen Käfig entkommen war und nun die neugewonnene Freiheit genießen mochte.
    Der Gedanke erfüllte ihn mit einem sonderbaren, vielleicht zu lange nicht mehr gekannten Gefühl von Wärme, sodass er fortfuhr, die Katze zu streicheln, statt sie zu verscheuchen, was er normalerweise getan hätte. McGiven hatte nichts gegen Katzen, er mochte sie sogar, aber streunende Hunde und Katzen waren Konkurrenten, die man nicht unterschätzen durfte. Oft schnappten sie einem die besten Stücke weg, die man in den Mülltonnen der Reichen fand, und manchmal verrieten sie ein gutes Versteck, sodass die Polizei darauf aufmerksam wurde und man fliehen musste.
    Diese Katze war … anders. McGiven konnte das Gefühl nicht in Worte kleiden, aber es war da und es war deutlich. Er spürte einfach, dass sie so etwas wie sein Freund war; zumindest ein Schicksalsgenosse.
    »Du solltest lieber zurückgehen, Kleine«, sagte McGiven. Es fiel ihm schwer zu reden. Der Alkohol weigerte sich noch immer ihn zu wärmen, aber er lähmte immerhin seine Zunge. Trotzdem schien ihn die Katze zu verstehen. Zumindest reagierte sie auf den Klang seiner Worte, denn sie hob den Kopf und sah ihn aus ihren großen, gelben Augen an, als hätte sie wirklich begriffen, was er ihr zu sagen versuchte.
    McGiven lächelte über seinen eigenen albernen Gedanken – was ihn allerdings nicht davon abhielt, weiterzusprechen. »Du glaubst vielleicht, du hättest etwas gewonnen, nur weil du jetzt frei bist, wie?«, lallte er. »Hast du nicht, glaub

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