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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sehen.
    Mit jedem Yard, den sie sich dem kleinen Eiland näherten, kehrte Blossoms Unbehagen zurück, ungleich stärker noch als zuvor, und der Ausdruck auf den Gesichtern der anderen zeigte ihm, dass es ihnen kaum anders erging. Die Männer fühlten sich nicht wohl. Blossom entgingen weder ihre kleinen nervösen Gesten, noch die Blicke, die sie sich insgeheim zuwarfen. Die Haltung der Männer an den Rudern wirkte angespannt, die Marinesoldaten hielten ihre Gewehre ein wenig zu fest und Hasseltime saß so aufrecht im Heck des anderen Bootes, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. Der Anblick hätte Blossom unter allen anderen denkbaren Umständen große Befriedigung verschafft, war es doch einer der seltenen Momente, in denen selbst Hasseltime Gefühle zeigte. Hier und jetzt aber verstärkte er seine Nervosität nur noch.
    Was war das? Wie allen wirklich guten Soldaten war auch Blossom die Furcht nicht fremd, weder seine eigene, noch die seiner Untergebenen. Aber das hier war etwas anderes; ein Gefühl, wie er es noch nie zuvor kennen gelernt hatte und das ihn schon allein dadurch beunruhigte. Es war, als schrien ihm die schwarzen Felsen allein durch ihre bloße Anwesenheit eine Warnung entgegen, umzudrehen, an Bord der THUNDERCHILD zurückzukehren und davonzufahren, so schnell und so weit sie nur konnten: Geht weg! Geht weg! Geht weg! GEHT WEG!
    Aber natürlich tat er es nicht und wenig später erreichten sie die kleine Felsenbucht. Der Bootsrumpf scharrte über Geröll und schwarzen Kies. Blossom stand auf und sprang als erster an Land.
    Er hatte sich verschätzt. Eisiges Wasser schwappte in seine Schuhe und ließ ihn frösteln und das Gefühl von Unbehagen und Furcht verstärkte sich schlagartig, nun, als auch noch die körperliche Unbill hinzu kam. Er unterdrückte es und hoffte zumindest, dass man ihm seine Unsicherheit nicht zu deutlich ansah, ahnte aber selbst, dass es ihm nicht gelang. Das Wasser in seinen Schuhen war so kalt, dass es wehtat.
    Während die Männer die Boote ein Stück weiter den Strand hinaufzogen und damit begannen, die mitgebrachten Kisten mit Sprengstoff auszuladen, trat Blossom gemessenen Schrittes ganz aus dem Wasser heraus und sah sich dabei aufmerksam um.
    Viel gab es allerdings nicht zu entdecken. Die Insel war völlig kahl und vor allem leer; und das betraf nicht nur die normalerweise unvermeidlichen Vögel, sondern jegliche Form von Leben. Nicht der winzigste Sprenkel von Moos war zu sehen, nicht eine einzige Flechte auf dem schwarzen, wie lackiert schimmernden Vulkangestein zu entdecken, nicht einmal Algen oder angeschwemmter Seetang, keine Muschelschalen, keine Krebse, Würmer oder anderes Getier – was nahezu unmöglich war, wenn diese Felseninsel tatsächlich aus dem Meer aufgestiegen sein sollte. Es geschah zwar nicht alle Tage, aber doch öfter, als allgemein angenommen wurde, dass der Ozean ein Stück des eroberten Landes wieder freigab, das er verschlungen hatte, und Blossom wusste, wie schnell das Leben normalerweise wieder Fuß fasste.
    Hier nicht.
    Dieser Felsen war tot.
    Und vielleicht war es gerade die völlige Lebensverneinung dieses auf den ersten Blick so harmlos anmutenden Eilandes, die sein Unbehagen hervorrief. Zugleich spürte Kapitän Blossom aber auch, dass dies nicht der einzige Grund war.
    Diese Insel war nicht normal. Schon die Tatsache, dass sie quasi vor den Toren Londons aus dem Meer aufgestiegen war, hätte zu einem weltweiten Aufruhr unter den Geologen und Meeresforschern geführt, hätte die englische Regierung nicht aus Gründen, die Blossom nicht verstand, beschlossen, ihre Existenz geheim zu halten.
    Diese Insel barg ein Geheimnis: Die Fischer, die das Eiland vor wenigen Tagen entdeckt und als erste betreten hatten, hatten von unterirdischen Schächten und Stollen erzählt, die erstaunlich weit in die Tiefe reichen sollten, und es war Blossoms Auftrag, zumindest einen Blick in dieses Stollensystem zu werfen, ehe sie ihren zweiten Befehl ausführten und das so jäh aufgetauchte Schifffahrtshindernis mittels einer halben Tonne Dynamit wieder vom Antlitz der Erde zu entfernen.
    Ganz plötzlich hatte Kapitän Blossom einen höchst sonderbaren Gedanken, der so gar nicht zu ihm, wohl aber zu seiner momentanen Stimmung passte: Er fragte sich, ob diese Insel spürte, dass sie gekommen waren, um sie zu vernichten, und das Gefühl von Unbehagen und Furcht vielleicht tatsächlich so etwas wie eine Warnung war. Möglicherweise war jene erdachte Grenze in

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