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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erwiderte der Erste Offizier. Er salutierte, aber für Blossoms Geschmack etwas zu schnell und selbst für ihn etwas zu zackig. Blossoms Befehl gefiel ihm nicht, das sah man ihm deutlich an. Aber er war natürlich viel zu diszipliniert um ihm zu widersprechen.
    Vorsichtig ließ sich Blossom über die Kante des Schachtes gleiten, bis er mit den Füßen eine der eisernen Stufen erreichte, und begann mit dem Abstieg. Als seine Hand die erste Trittstufe berührte, zuckte er zurück, ebenso wie die beiden Soldaten zuvor, und nun wusste er auch, warum. Es war ein unheimliches, nicht in Worte zu fassendes Gefühl: Es war, als berühre er etwas Düsteres, Verbotenes, etwas, das ihm Geschichten aus uralten vergessenen Zeiten erzählte, Geschichten aus unaussprechlichen Zeiten und von unbeschreibbaren Dingen; schwarzen Scheußlichkeiten, die sich am Rande eines dunklen Ozeanes suhlten, während am Himmel über ihnen ein gestaltloses Chaos wimmelte. Der Eindruck war so heftig, dass er für einen winzigen Moment all diese Grauen erregenden Dinge tatsächlich zu sehen glaubte, obwohl ihm ihr Anblick, hätte er ihn tatsächlich erlebt, zweifellos auf der Stelle den Verstand geraubt, wenn ihn nicht gleich getötet hätte. Doch allein die bloße Ahnung dessen, was diese Bilder wirklich bedeuten konnten, war schon beinahe mehr, als Blossom verkraften konnte. Zitternd verhielt er mit der Hand auf der obersten Trittstufe, presste die Kiefer aufeinander und versuchte gleichzeitig ein Stöhnen zu unterdrücken und des Chaos Herr zu werden, das hinter seiner Stirn tobte. Keines von beidem gelang ihm wirklich.
    Diesmal war es Hasseltime, der ihn rettete. Er beugte sich vor, sah mit gerunzelter Stirn auf Blossom herab und fragte: »Alles in Ordnung, Sir?«
    Blossom nickte. Wenigstens versuchte er es, war aber nicht sicher, ob die Bewegung auch zu sehen war. Trotzdem war er fast sicher, dass Hasseltimes Stimme ihm in diesem Moment das Leben rettete, denn sie war ein Teil seiner Welt, etwas Vertrautes und Gewohntes, dessen Dasein die apokalyptischen Bilder zerbrach, die in seinem Kopf waren, und mit ihnen den schwarzen Strudel, in dem Blossoms Bewusstsein zu versinken gedroht hatte.
    »Ja«, antwortete er gepresst. »Es ist … alles in Ordnung.«
    Hasseltimes Gesichtsausdruck verriet überdeutlich, was er von dieser Antwort hielt. Aber er beherrschte sich auch jetzt meisterhaft. Mit einem nur angedeuteten Nicken trat er vom Rand des Schachtes zurück und Blossom löste seine Hand von der eisernen Sprosse und setzte seinen Weg in die Tiefe fort.
    Die Karbidlampe hatte er sich ebenso wie das Gewehr umgehängt, um die Hände frei zu haben. Während er kletterte, vermied er es fast krampfhaft, in die Tiefe zu blicken, obwohl unter ihm nichts weiter als Schwärze war. Die Sprossen hatten aufgehört, ihm düstere Geschichten aus gottlosen Zeiten zu erzählen, aber nun quälte ihn eine andere, fast ebenso schlimme Furcht – der Schacht musste gute hundertfünfzig, vielleicht sogar zweihundert oder mehr Fuß tief sein und obwohl Blossom nicht an Höhenangst litt, machte ihn allein die Vorstellung des gähnenden Abgrundes, der unter ihm klaffte, nervös.
    Und als sei dies allein nicht genug, begann ihm seine Phantasie einen weiteren bösen Streich zu spielen – er war plötzlich fest davon überzeugt, dass die Jahrhunderte, die diese Insel unter Wasser gelegen haben musste, ausgereicht hatten, um die eisernen Trittstufen zu zermürben. Zweifellos würde schon die nächste unter seinem Gewicht zerbrechen, sodass sein Abenteuer mit einem Sturz auf den tödlichen Lavaboden tief unter ihm enden würde. Falls dieser Schacht überhaupt einen Grund besaß und nicht endlos weiter und weiter in die Tiefe führte, hinab bis ins Herz der Erde und noch tiefer.
    Das genaue Gegenteil war der Fall. Die eisernen Krampen waren sogar erstaunlich gut erhalten. Obwohl sie älter sein mussten als seine gesamte Mannschaft zusammengerechnet, zeigten sie nicht die winzigsten Abnutzungserscheinungen. Das Metall war ebenso schwarz wie das Gestein und es glänzte wie am ersten Tag. Nicht der leiseste Hauch von Rost hatte sich darauf festgesetzt und auch im Inneren der Insel hatten weder Algen noch Muscheln oder irgendwelches andere Leben Einzug gehalten. Die Luft roch muffig, aber in keiner Weise feucht. Nichts von alledem war irgendwie logisch oder auch nur möglich, aber Blossom war mittlerweile ohnehin davon überzeugt, dass sie die wirkliche Welt längst verlassen und

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