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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrheit mehr als nur ein abstrakter Begriff, sondern etwas höchst Reales; die letzte Grenze, vor der sie noch Halt machen und umkehren konnten, wollten sie nicht Gefahr laufen, Mächte auf den Plan zu rufen, derer sie nicht mehr Herr wurden.
    Es kostete ihn erstaunliche Mühe, den Gedanken abzuschütteln und wenigstens äußerlich wieder zu seiner gewohnten Ruhe und Selbstsicherheit zurückzufinden. Oder wenigstens äußerlich so zu tun.
    Die Matrosen hatten ihre Arbeit beendet. Einer von ihnen blieb auf Blossoms Anweisung hin bei den Booten zurück, die anderen machten sich zusammen mit ihm an die Erforschung der Insel.
    Blossom brauchte den Marinesoldaten nicht einmal zu befehlen, ihre Gewehre schussbereit zu halten. Sie taten das von selbst und auch wenn sie viel zu gut gedrillt waren, um sich ihre Angst anmerken zu lassen, so wurde doch die nervöse Anspannung immer deutlicher, unter der sie standen – obwohl es nicht das geringste sichtbare Zeichen irgendeiner Gefahr gab. Aber es war wohl – zumindest im übertragenen Sinne – tatsächlich so: Sie hatten etwas wie eine Grenze überschritten und das schwarze Vulkangestein unter ihren Stiefeln gehörte zu einem Teil der Welt, der sich ihren gewohnten Empfindungen und Maßstäben entzog. Auf dem sie nicht sein sollten.
    Der Tunnel, von dem die Fischer gesprochen hatten, existierte tatsächlich. Sie brauchten nicht lange zu suchen, bis sie den Einstieg fanden: Präzise in der Mitte der kleinen Insel gähnte ein kreisrundes Loch im Boden. Nicht einmal die starken Strahlen der Karbidscheinwerfer, die Blossom hatte austeilen lassen, vermochten den Grund des Schachtes zu erreichen. Das Licht verlor sich irgendwo in nicht zu bestimmender Entfernung in einer diffusen Farbe, die eine Mischung aus grau und schwarz war und auf ihre Weise etwas ebenso Beunruhigendes hatte wie diese ganze Insel. Doch trotzdem offenbarte ihr Schein etwas, das Blossoms Besorgnis schlagartig neue Nahrung gab:
    Eine Anzahl eiserner Trittstufen war in die Wand des Schachtes eingelassen. Blossom versuchte sie zu zählen, um auf diese Weise wenigstens abzuschätzen, wie weit der Lichtstrahl in die Tiefe reichte, aber seltsamerweise gelang es ihm nicht. Hätte ihm jemand erzählt, dass ihm solcherlei widerfahren sei, hätte er die Behauptung ins Reich der Fabeln und Legenden verwiesen, aber nun erlebte er es selbst: Es waren nur eine Hand voll Stufen, aber immer, wenn er bei der letzten angelangt war, hatte er vergessen, wie weit er schon gezählt hatte.
    Einen Moment lang erwog er ernsthaft Hasseltime zu fragen, ob es ihm vielleicht ebenso erging, entschied sich aber dann dagegen; nicht einmal so sehr, weil er Angst gehabt hätte, sich lächerlich zu machen. Er hatte viel mehr Angst, dass es Hasseltime ebenso erging wie ihm.
    Kapitän Blossom war wirklich sehr beunruhigt. Zumindest in diesem Punkt hatte er die Schilderungen der Fischer bezweifelt oder wenigstens für übertrieben gehalten. Was sie als Trittstufen bezeichnet hatten, mochte nichts weiter als von der Hand der Natur geschaffene Risse und Unebenheiten im Gestein sein, die nur zufällig das Aussehen einer Leiter hatten. Doch jetzt sah er, dass das nicht stimmte, und diese Entdeckung erschreckte ihn fast mehr als alles andere, was ihm im Zusammenhang mit dieser Insel bereits aufgefallen war. Ihre Bedeutung war so klar, wie sie nur sein konnte: Diese Insel war vielleicht durch eine Laune der Natur entstanden, dieser Schacht jedoch nicht. Hier waren vernunftbegabte Wesen am Werk gewesen.
    Seltsam nur, dass er in diesem Zusammenhang nicht unbedingt an Menschen denken musste …
    »Das … das ist verrückt«, murmelte Hasseltime neben ihm. Es war eine der ganz seltenen Gelegenheiten, an die sich Blossom erinnern konnte, bei der seine Stimme nicht ruhig und überlegen klang, sondern fast einen Unterton von Hysterie hatte. Und das war auch der Grund, aus dem Blossom den Blick von dem unheimlichen Schacht löste und seinen Ersten Offizier ansah. Hasseltimes Gesicht war unbewegt, aber das nervöse Flackern in seinen Augen verriet ihn.
    »Das haben Menschen gemacht«, sagte Hasseltime. »Hier muss früher schon einmal jemand gewesen sein.«
    Blossom nickte. Schon diese winzige Bewegung fiel ihm schwer. Wie gebannt starrte er wieder in den Schacht hinein. Hasseltime hatte Recht. Die eisernen Stufen waren zweifellos künstlich geschaffen und mit großer Kunstfertigkeit in das Gestein getrieben worden. Das aber wiederum bedeutete, dass diese

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