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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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siedend heiß ein, dass wir auf eine Abzweigung gestoßen waren – und das bedeutete nichts anderes, als dass es noch eine zweite Würmerarmee gab, die sich immer schneller und schneller durch den Londoner Untergrund fraß. Und vielleicht nicht nur eine.
    »Und bring ein Glas mit!«, rief Howard mir nach, während ich bereits mit weit ausgreifenden Schritten loshetzte. »Mit einem festen Deckel!«

 
28. September 1892
     
    Einige der Männer fuhren herum und stürzten kopflos davon, zwei oder drei warfen in heller Panik gar ihre Waffen fort und die wenigen, die die Nerven behielten, zogen sich – wenn auch ununterbrochen schießend – langsam vom See zurück. Die Höhle hallte wider vom Geschrei der Männer, dem peitschenden Geräusch der Schüsse und ihrem verzerrten, nicht enden wollenden Echo, und Blossom wusste im ersten Moment nicht einmal, was schlimmer war: das entsetzliche Geschehen, dessen Zeuge er wurde, oder der Lärm, der wie mit Hämmern auf ihn einschlug und ihn fast an den Rand des Wahnsinns zu treiben schien.
    Trotzdem bewegte auch er sich rasch wieder auf den Ausgang zu; beinahe ohne dass es seines bewussten Zutuns dazu bedurft hätte. Er schoss, bis das Magazin seines Gewehres leer war, dann fuhr er herum und rannte mit weit ausgreifenden Schritten durch den Torbogen hinaus in den Stollen. In seinen Ohren gellten noch immer die verzweifelten Schreie der Männer, die längst im Wasser versunken waren und tot sein mussten, von den mörderischen Fangarmen erdrückt, dem ätzenden Wasser verbrannt oder einfach ertrunken, und hinter seiner Stirn jagten sich die Gedanken. Was er gesehen hatte, widersprach nicht nur allem, woran er glaubte und was er bisher zu Wissen geglaubt hatte, es war vollkommen unmöglich. Trotzdem war es geschehen. Ein Teil von ihm beharrte noch immer drauf, dass es einfach nicht wahr sein konnte und sie wohl allesamt Opfer von so etwas wie einer Halluzination geworden sein mussten, aber ein anderer – und im Moment sehr viel stärkerer – Teil hatte auch die Gefahr registriert, die von diesem Geschehen ausging, ob nun unmöglich oder nicht, und es war dieser Teil – der Soldat – der im Moment eindeutig die Kontrolle über seine Reaktionen übernommen hatte; und ihm wahrscheinlich auch das Leben rettete. Ganz gleich, was da hinter ihnen war, es würde ihn zweifellos umbringen, so, wie es die Männer umgebracht hatte, deren Leben ihm anvertraut gewesen war.
    Sie mussten tot sein. Trotzdem glaubte er ihre verzweifelten Hilferufe noch immer zu hören – ein lautloses Gellen und Flehen hinter seiner Stirn, das er vielleicht für den Rest seines Lebens nie wieder ganz loswerden sollte. Er begriff nicht, was hier geschehen war, nicht wirklich, und eigentlich wollte er es auch nicht. Er wusste nur eins: Sie waren in eine Welt vorgedrungen, in der sie nichts zu suchen hatten, und das, was jetzt geschah, war der Preis, den sie für diesen Frevel bezahlten, aber wie und warum, das waren Fragen, vor deren Antworten er fast noch mehr Angst hatte als vor dem, dessen Zeuge er gerade geworden war. Erst als er die Höhle verlassen und ein gehöriges Stück zwischen sich und ihren Eingang gebracht hatte, wagte er es, wieder stehen zu bleiben und sich noch einmal herumzudrehen.
    Er war der Letzte, der herausgekommen war. Der See lag wieder so ruhig und unbewegt wie zu Anfang da; ein Anblick von fast hämisch erscheinender Ruhe und Harmlosigkeit, der Blossom beinahe ebenso traf, als hätte er das Ungeheuer noch immer gesehen. Hier und da kräuselte sich noch ein wenig grauer Rauch, doch weder von Hasseltime noch von den fünf anderen Männern, die das Ungeheuer verschlungen hatte, war auch nur eine Spur zu gewahren. Ebenso wenig wie von dem Monster selbst. Es war so schnell und spurlos verschwunden wie ein Spuk.
    Und vielleicht war es auch nichts anderes gewesen.
    »Mein Gott, was … was war das?«, keuchte einer der Männer. Seine Stimme schwankte. Ein hysterischer Unterton war darin, der Blossom beinahe noch mehr erschreckte als das, was gerade vor seinen Augen geschehen war. Er spürte die Gefahr, die davon ausging, aber er hatte einfach nicht mehr die Kraft, darauf zu reagieren. Wie konnte er einem anderen Mut zusprechen, den er selbst nicht mehr hatte?
    »Ich weiß es nicht«, murmelte er. »Und ich will es auch nicht wissen. Raus hier. So schnell wie möglich raus hier!«
    Keiner der Männer widersprach. Im Laufschritt und mit zum Zerreißen angespannten Nerven machten sie sich auf

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