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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die andere Richtung.
    Ich vermochte nicht einmal zu schätzen, wie weit wir in den Stollen vorgedrungen waren; sicherlich etliche hundert Schritte, vielleicht sogar eine halbe oder eine dreiviertel Meile. Auf jeden Fall blieb Howard plötzlich stehen und machte mich auf etwas aufmerksam, das ich vielleicht unbewusst bemerkt, bisher aber noch nicht richtig begriffen hatte.
    »Fällt dir etwas auf?«, fragte er.
    »Eine ganze Menge«, antwortete ich. »Aber ich bin nicht ganz sicher, ob ich weiß, was du meinst.«
    »Dann sieh doch mal zurück«, sagte Howard.
    Ich gehorchte. In dem zwar starken, aber trotzdem begrenzten Licht unserer Lampen war es nicht leicht, dem Gang weiter als wenige Dutzend Schritte zu folgen, aber schließlich glaubte ich doch zu begreifen, was Howard meinte. Ich drehte mich wieder herum, sah einige Sekunden lang wieder in die andere Richtung und wandte mich dann mit einem fragenden Blick an Howard.
    »Der Stollen ist nicht ganz gerade«, sagte ich. »Ist es das?«
    Howard nickte. »Ja.«
    »Und? Was ist so besonders daran?«
    »Vielleicht nichts«, sagte Howard achselzuckend. »Trotzdem ist es komisch, finde ich. Vorhin war er ganz gerade. Und jetzt beschreibt er einen Bogen.«
    Ich verstand immer noch nicht ganz, worauf er hinauswollte, und ich sagte es auch.
    »Man könnte meinen, dass er einen Bogen um Andara-House gemacht hat«, sagte Howard. »Aber ich sage ja – es muss nichts zu bedeuten haben. Ich -«
    »Still!« Ich hob erschrocken die Hand, aber das wäre gar nicht nötig gewesen, denn Howard hatte es ebenso gehört wie ich und war mitten im Wort verstummt.
    Es war das gleiche Geräusch wie vorhin, nur viel lauter diesmal, viel näher. Erschrocken hob ich meine Lampe, sah nach rechts und nach links und dann wieder nach rechts – und unterdrückte nun nur noch mit Mühe einen Schreckenslaut.
    Diesmal konnte ich das Ende des Stollens sehen. Oder auch nicht.
    Was ich im allerersten Moment für massiven Fels hielt, bewegte sich. Wir waren noch zu weit vom Ende des Tunnels entfernt, um Einzelheiten zu erkennen, aber was ich sah, das ließ mich frösteln: Es war, als wäre die ganze Wand irgendwie … lebendig. Das war natürlich vollkommen unmöglich, aber trotzdem hatte dieser Gedanke etwas so Entsetzliches, dass ich im ersten Moment kaum die Kraft aufbrachte, weiter zu gehen.
    Und kurz nachdem ich es schließlich getan hatte, wünschte ich mir beinahe, es nicht getan zu haben.
    Die Wand bewegte sich tatsächlich. Und irgendwie war sie auch lebendig geworden. Allerdings war das, was wir beim Näherkommen sahen, nicht die Felswand am Ende des Stollens.
    Es war etwas Lebendiges.
    Oder zumindest etwas, das sich bewegte und kroch.
    Es waren … Würmer.
    Ich vermochte ihre Anzahl nicht einmal zu schätzen. Es mussten Zehntausende sein, vielleicht Millionen, ein Nest wuselnder, durcheinander wimmelnder, kleinfingerdünner glitschiger Würmer, die die Stirnwand des Stollens in einer solchen Masse bedeckten, dass der Fels nirgends mehr wirklich zu sehen war. Das Rascheln und Schaben, das wir gehört hatten, war das Geräusch, das entstand, wenn sich ihre winzigen Leiber aneinanderrieben.
    »Großer Gott!«, sagte Howard angeekelt. »Was ist denn das?«
    Ich blieb ihm die Antwort auf diese Frage schuldig, aber auch ich schüttelte mich angewidert. Der Anblick war wirklich Ekel erregend. Und er machte mir Angst.
    Dabei sahen die Geschöpfe nicht einmal besonders bedrohlich aus. Die Tiere waren allesamt nicht dicker als mein kleiner Finger und kaum nennenswert länger, aber es waren unglaublich viele und an der bloßen Art, auf die sie sich bewegten und durcheinander krochen und glitten, war etwas unbeschreiblich Furcht einflößendes.
    Howard stellte seine Lampe auf den Boden, trat dichter an die Wand heran und ging in die Hocke, um die winzigen widerwärtigen Geschöpfe genauer in Augenschein zu nehmen. Ich tat es ihm gleich, achtete aber streng darauf, dem glitschigen Durcheinander nicht zu nahe zu kommen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass von diesen Wesen eine furchtbare Gefahr ausging.
    Howard griff in die Tasche und zog eine seiner langen, bleistiftdünnen Zigarren heraus. Ich hätte ihm durchaus zugetraut, selbst in diesem Moment nicht von seinem Laster ablassen zu können, aber statt sich die Zigarre anzustecken, benutzte er sie, um einen der Würmer damit aus der wimmelnden Masse herauszuziehen. Das winzige, blinde Tierchen ringelte sich hektisch um die Zigarre und ich sah, dass es

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