Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London
Absatz darauf. Eines verfehlte ich, aber die drei anderen wurden unter meinem Schuh zermalmt. Die Leichtigkeit, mit der diese Geschöpfe umzubringen waren, überraschte mich ein wenig, aber ich gab mich trotzdem keinen Illusionen hin. Der Punkt, an dem die Zahl der Geschöpfe so sehr angestiegen war, dass man mit Zertreten einfach nicht mehr nachkam, war nicht mehr fern.
Trotzdem hob ich den Fuß, um auch den letzten verbliebenen Wurm zu zermalmen, ehe er sich erneut teilen konnte, aber Howard hielt mich mit einer raschen Bewegung zurück.
»Warte!«
Behutsam ließ er sich in die Hocke sinken, nahm einen gewaltigen Zug aus seiner Zigarre, die ihr Ende in greller Rotglut aufflammen ließ, und stieß damit nach dem Wurm.
Das Ergebnis übertraf meine kühnsten Erwartungen. Der Wurm rollte sich zusammen, zuckte wild hin und her – und zerfiel zu grauer Asche, noch bevor ihn das glühende Ende der Zigarre überhaupt berührt hatte. Die Tiere waren offensichtlich extrem hitzeempfindlich.
»Wenigstens etwas«, sagte Howard. Er richtete sich auf, hob die Zigarre zum Mund, um einen neuen Zug daraus zu nehmen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders und schnippte seinen Glimmstängel zielsicher in die Masse der Würmer, die sich mittlerweile einen guten Meter von uns entfernt hatte. Die Tiere spritzten regelrecht auseinander, aber so schnell sie auch waren, verbrannte die Glut doch Dutzende von ihnen zu Asche. Die Zigarre sengte eine handbreite, tödliche Spur in die Würmerarmee.
»Genau das habe ich gehofft!«, sagte Howard triumphierend. »So können wir sie erledigen.«
»Ach?«, antwortete ich. »Wunderbar. Dann laufen wir am besten zurück und besorgen uns ein paar hundert Zigarren. Und sämtliche Londoner Kettenraucher.«
Howard blieb ernst. »Du läufst zurück«, sagte er, »und besorgst irgendetwas Brennbares. Öl, Petroleum, Farbe – irgendwas, aber schnell. Wir müssen die Biester ausräuchern, ehe es zu spät ist.«
»Und du?«
Howard grinste, hob eine der beiden Petroleumlampen hoch und blies den Docht aus. Mit einer raschen Bewegung schraubte er den Glaskolben ab, trat so dicht an die Würmer heran, wie er es wagte, und verteilte das Petroleum mit schüttelnden Bewegungen über die wimmelnde, weiße Masse.
»Tritt zurück!«, sagte er. Während ich hastig gehorchte und dabei die zweite Lampe aufraffte, trat auch er ein paar Schritte zurück, riss ein Streichholz an und warf es zu Boden.
Eine grelle Stichflamme fuhr in die Höhe und eine Sekunde später fing das gesamte ausgegossene Petroleum Feuer. Die Hitze war so gewaltig, dass wir uns hastig einige weitere Schritte zurückzogen und schützend die Hände vor die Augen heben mussten. Ein Zischen und Brodeln erklang, das mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ, aber darunter glaubte ich auch noch etwas zu hören – einen dünnen, hohen Laut, wie das Schreien aus unzähligen winzigen Kehlen. Wahrscheinlich war es Einbildung.
Die Hitze nahm weiter zu, sodass wir uns noch einmal ein Stück zurückziehen mussten. Das Petroleum verbrannte rasch, aber die Flammen hatten jetzt auf die Würmer übergegriffen und die kleinen Biester brannten wie Zunder. Die ganze Wand vor uns schien in Flammen zu stehen.
Es dauerte nicht lange. Bereits nach kaum einer Minute sanken die Flammen wieder in sich zusammen und nach einigen weiteren Sekunden schon brannte es nur noch an zwei, drei Stellen, wo sich das Petroleum zu kleinen Pfützen gesammelt hatte. Ein Ekel erregender Gestank lag in der Luft und der Boden war fast knöcheltief mit einer grauen, pulverigen Schicht bedeckt; alles, was von den Stein fressenden Würmern übrig geblieben war.
Trotz der Hitze und des furchtbaren Gestankes durchsuchten wir das Tunnelende sorgfältig und mehrmals hintereinander nach eventuellen überlebenden Würmern. Wir fanden keine. Wir hatten ja mit eigenen Augen gesehen, wie hitzeempfindlich die Tiere (Tiere?!) waren. Selbst die, die nicht unmittelbar von den Flammen erfasst worden waren, mussten an der Hitze eingegangen sein. Der Stein, über den wir gingen, war warm und die Wand, die den Stollen abschloss, so heiß, dass ich es nicht wagte, sie mit der bloßen Hand zu berühren.
Trotzdem war ich kein bisschen beruhigt. Im Gegenteil. Dieser Sieg war beinahe zu leicht gewesen, für meinen Geschmack.
»Schnell jetzt«, sagte Howard. »Lauf zurück und hol irgendetwas Brennbares. Ich sehe mir inzwischen diesen anderen Stollen an.«
Bei seinen Worten fiel mir
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