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Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London

Titel: Hexer-Edition 23: Das Labyrinth von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich sah, das ließ mich verblüfft mitten im Schritt innehalten und mir die Augen reiben.
    Ich hatte erwartet, etwas wie ein steinernes Firmament zu sehen, vielleicht auch nur jenes unbestimmte Gefühl von Weite und gewaltiger Leere, mit dem mich der Anblick der riesigen Höhle im allerersten Moment erfüllt hatte. Stattdessen erblickte ich die steinerne Decke eines Ganges, der so niedrig war, dass ich mir unweigerlich den Schädel angestoßen hätte, wäre ich auch nur von etwas größerem Wuchs gewesen.
    Ich war wieder in einem Tunnel. Statt in das gewaltige steinerne Labyrinth einzutauchen, das ich aus der Höhe gesehen hatte, war ich wieder in einem Gang. Dabei war ich vollkommen sicher, den riesigen granitenen Irrgarten aus der Höhe gesehen zu haben! Aber das war doch vollkommen unmöglich! Es sei denn …
    Nein – dieser Gedanke war eindeutig zu phantastisch. Ich weigerte mich einfach, ihn weiter zu verfolgen. Absurd, vollkommen absurd.
    Außerdem war da noch immer das Wimmern und es war jetzt so nahe, dass ich nicht mehr weit von seinem Ursprung entfernt sein konnte.
    Als wäre dieser Gedanke ein Stichwort gewesen, verfiel der Kater plötzlich in ein schärferes Tempo, sodass ich alle Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Obwohl ich bald rannte, so schnell ich überhaupt nur konnte, wuchs der Abstand zwischen uns weiter und schließlich schlug er einen Haken nach rechts und verschwand in einem Seitengang.
    Ich legte noch einmal Tempo zu, aber ich war gewarnt – als ich den Stollen verließ und in die dahinterliegende Höhle stürmte, war ich darauf vorbereitet, mich plötzlich wieder einem Abgrund oder irgendeiner anderen bösen Überraschung gegenüberzusehen.
    Meine Vorsicht erwies sich als übertrieben, allerdings nicht überflüssig. Tatsächlich befand sich vor mir fester Boden, keine neue tückische Fallgrube von ein paar Meilen Tiefe – aber hinter dem drei oder vier Meter messenden Felsstreifen lag das Wasser eines kleinen, kreisrunden Sees, in den ich unweigerlich hineingestürzt wäre, wäre ich blindlings in die Katakombe gestürmt.
    Verwirrt blieb ich stehen und sah mich um. Der Kater war verschwunden und für einen Moment fürchtete ich, er könnte ins Wasser gestürzt und darin versunken sein, denn der Raum hatte keinen sichtbaren zweiten Ausgang. Aber das war nicht das einzig Ungewöhnliche: Ich hörte das Schreien und Wimmern jetzt ganz deutlich – aber ich war allein. Da war kein Kind. Nur der See.
    Ich drehte mich zwei, drei Mal im Kreis und sah mich sehr aufmerksam um, ohne mehr als die Bewegung meines eigenen Schattens zu gewahren, dann unterzog ich den See einer eingehenderen Musterung. Wie sich zeigte, war er nicht ganz so normal, wie ich im ersten Moment geglaubt hatte.
    Das Wasser war sehr dunkel, fast schwarz, was bewies, dass er sehr tief sein musste, und es gab einen schmalen sandigen Streifen, der den kaum zehn Meter durchmessenden See einrahmte – angesichts des Umstandes, dass es sich nur um ein Wasserloch in einer tief unter der Erde liegenden Höhle handelte, eigentlich eine glatte Unmöglichkeit.
    Behutsam näherte ich mich dem Wasser, ging unmittelbar davor in die Hocke und streckte die Hand aus, ohne es jedoch zu berühren.
    Und ich tat sehr gut daran.
    Meine Haut begann zu prickeln. Es war kein echter Schmerz; das Gefühl war nicht einmal wirklich unangenehm, aber sehr erschreckend – es war, als hätte ich in Glaswolle gegriffen, die Millionen und Abermillionen winzigster Splitterchen in meiner Haut hinterlassen hatte.
    Und jetzt fiel mir auch der Geruch auf, der von dem schwarz daliegenden Wasser ausging. Ein sonderbar durchdringender, ätzender Hauch, wie das Prickeln auf meiner Haut nicht wirklich schmerzhaft, aber unangenehm. Vorsichtig beugte ich mich weiter vor, nahm einen tiefen Atemzug – und prallte so erschrocken wieder zurück, dass ich das Gleichgewicht verlor und auf dem Hosenboden landete. Der Dunst, der von diesem See aufstieg, brannte wie Feuer in meinen Lungen.
    Zutiefst erschrocken saß ich eine ganze Weile da und starrte den unheimlichen Tümpel an, dann begann ich in meinen Hosentaschen zu graben, bis ich ein zusammengeknülltes Stück Papier fand. Ich zögerte noch einen letzten Moment, dann warf ich es ein kleines Stück vor dem Ufer ins Wasser.
    Ich war nicht einmal mehr sonderlich überrascht, als sich das Papier, noch während es aufweichte und sich dabei auseinander faltete, schwarz zu färben begann. Das, was ich für Wasser gehalten

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