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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Schwierigkeiten und greift nach jedem Strohhalm. Einziger Haken: Sprechende Tiere gibt es nicht. Aber – Heureka! – es gibt Alex, den Genetiker. Er erzählt den drei Werbefritzen bei Brainwash von FOXp2, einem Gen, das mitverantwortlich ist für die menschliche Sprachentwicklung. Und dass man dieses Gen per sequenzierter DNS in das Genom lautgebender Tiere einbauen könne und diese dann statt ihrer arttypischen Laute einzelne Wörter der menschlichen Sprache von sich geben könnten. Als Alex zum Nachweis seiner Behauptung eine Katze »Märker macht stärker« schnurren lässt, brechen bald alle Dämme: Das Verfahren wird zum Patent angemeldet, die größten Lebensmittelkonzerne der Welt reißen sich um die kleine Werbeagentur, und bald stehen Kühe auf der Weide, die den vorbeikommenden Touristen versichern »Du darfst«, und im Stadtpark geben sich Frolic-Hunde und Whiskas-Katzen ein Stelldichein mit dem Uhu-Uhu.
    Hitzige Diskussionen folgen, die Talkshows landauf, landab kennen kein anderes Thema mehr – »Blasphemie«, schreien die einen, schließlich gab Gott die Sprache nur dem Menschen! »Ihr dürft doch keine sprechenden Tiere töten und essen«, wettern die anderen. Die Frage, ob man mit der neuen Methode jetzt auch sprachbehinderte Menschen behandeln könnte, interessiert die Dritten, und die Vierten lästern, dass man nervige Quasselstrippen nun endlich verstummen lassen könnte.
    Und dann, ganz plötzlich wie jede platzende Blase, ist der Spuk vorbei. Denn Alex, gedrängt vom Brainwash-Team, hatte eigenmächtig eine Abkürzung gewählt und den Tieren ein Serum gespritzt, eine Impfung, die regelmäßig aufgefrischt werden muss. Was das Immunsystem der Tiere dazu animierte, Antikörper zu entwickeln, die das Serum schließlich neutralisierten. Und im Stadtpark herrscht wieder Ruhe – bis auf den Uhu, versteht sich.

    Animal Advertising: Die Agentur Brainwash
    Vielseitiges Sprachlatent: Stefan Kaminski (Hund, Kuh, Uhu …)
    Das Thema sprechende Tiere für Marketingzwecke hat Frank Naumann schon einmal in seinem nur fünfeinhalbminütigen Kurzhörspiel Animal Advertising (RBB 2007, Regie: Gabriele Bigott) poetenhaft auf den Punkt gebracht; damit kam er beim Hörstücke-Wettbewerb »Innovationen« des Rundfunks Berlin-Brandenburg immerhin in die Jury-Vorauswahl. Dieser Erfolg hat ihn zu einer Neubearbeitung des Themas unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Grundlagen inspiriert.
    Auch mich hat FOXp2 eigentlich erst fasziniert, als ich gelesen habe, dass es dieses Gen tatsächlich gibt, dass es eine Rolle für Spracherwerb und grammatikalische Fähigkeiten spielt und dass es Wissenschaftlern gelungen ist, es ins Mäusegenom einzubauen. (Diese Mäuse reden natürlich nicht wirklich, aber sie haben laut Svante Pääbo, Begründer der Paläogenetik und Direktor am Max-Planck-Institut
für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, eine tiefere Stimme als ihre unbehandelten Artgenossen). Und auch im Genom der Neandertaler wurde FOXp2 nachgewiesen, was die Vermutung nahelegt, dass auch sie bereits sprechen konnten. FOXp2 ist auch im Genom einiger Wirbeltierarten vorhanden und unterscheidet sich dort nur an zwei Stellen vom menschlichen Gen. Da ist die Frage eigentlich nicht mehr, ob man Tieren wirklich das Sprechen beibringen könnte, sondern nur, wann sich auch in der Realität ein Alex Winter findet, der die Mäuseversuche von Svante Pääbo ausweitet.
    Frank Naumann hat aus dieser Steilvorlage leider nicht so viel gemacht, wie es sich ein Science-Fiction-Fan wünschen würde. Sein Augenmerk liegt eher auf der durchgeknallten Werbeindustrie, die sich zu absurden und abstrusen Projekten hinreißen lässt, wenn die Gewinnmarge nur lohnend genug erscheint (Immobilienblase und Finanzkrise lassen grüßen). So wird das Hörspiel untermalt von Werbespots, die nur noch aus der Wiederholung eines einzigen Wortes bestehen, sei es »Apfelschorle«, »Deodorant« oder »Chips« – angeblich das Konzept der Zukunft, Bedeutungsverkürzung auf die Spitze getrieben. Da kann man nicht mal mehr rechtzeitig wegzappen. Auf dieser Schiene funktioniert das Hörspiel wirklich gut, sarkastisch entlarvt Naumann die Mechanismen einer Branche, die gern jeden Trend voraussagt, um ihn dann passgenau bedienen zu können. Und wenn genomic engineering nun mal das Konzept der Zukunft ist, muss der kreative Werbefuzzi eben der lila Kuh zartschmelzende Worte in den Mund legen. Auch wenn mich persönlich mehr interessiert hätte,

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