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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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»Tisch« oder »Hirn« durch besondere Umstände verändert ist, falls ja: wie genau, und so weiter.
    Der Unterschied zwischen der Reihe 1 bis 8 einerseits und der Reihe 1b bis 8b andererseits ist also der Unterschied zwischen einerseits der Art, wie realistische und naturalistische Literatur (die allenfalls mal, und abwechslungshalber, szenenweise ins Traumhafte ausbüchsen darf) mit dem Außergewöhnlichen umgeht, nämlich der Auffassung, dass es sich dabei um Probleme des Subjekts (bis hin zu dessen Zerfall oder Aufhebung) handelt, und andererseits der Art und Weise, wie die SF dieses Außergewöhnliche sieht, nämlich als Fenster in eine Welt (oder mehrere Welten), in der (oder in denen) die beobachtbaren Sachverhalte grundsätzlich anders liegen als in derjenigen, die wir kennen.

     
    Die kanonische realistische und naturalistische Literatur, die erst sehr spät erfunden wurde – nämlich im 18. bis 19. Jahrhundert – und die dennoch von den Wahrerinnen und Wächtern des bürgerlichen Bildungskanons als eine Art Maßstab für alle Literatur angesehen wird, obwohl sie einen winzigen Ausschnitt der Weltliteraturgeschichte abdeckt, welche wiederum in Wahrheit seit ihren allerersten, mythenverhafteten Anfängen von Phantastik geprägt ist, will außergewöhnliche Erfahrungsweisen grundsätzlich nur als Hinweis auf die jeweilige Beschaffenheit des die Ereignisse filternden oder perspektivierenden Bewusstseins, auf das Erkenntnisvermögen allgemein oder besondere Aspekte desselben verstanden wissen. Selbst wenn eine Strömung jener »Hochliteratur« mal »magischer Realismus« heißt, bleibt klar geregelt, was
daran Adjektiv und was Hauptsache ist: Die magischen Realistinnen und Realisten erkennen lediglich gegenüber den Fußgängerinnen und Fußgängern unter ihren Hochliteraturgeschwistern verschämt die Tatsache an, dass auch Wahn und Traum und Entrückung zum Menschenleben gehören – und dass man mit ihrer Hilfe die Welt im Kunstwerk anders organisieren kann, als man das im Alltag tut.
     
    Wenn ein lateinamerikanischer magischer Realist sagt: »Die Schlange spricht«, so meint er: Mythen sind Teil unseres Zivilisationserbes, während eine SF-Autorin, wenn sie dasselbe sagt, meint: »Die Schlange ist genetisch manipuliert«, oder: »Sie ist eine Maschine«, oder: »Der Mensch, der ihr zuhört, hat besondere Vorkehrungen mit seinem Sinnesapparat und seinem Hirn getroffen, dass er die Signale des Zischelns und Züngelns unmittelbar als Äußerungen der Schlangenwelterfahrung dekodieren kann« und so weiter.
    Die phantastische Literatur, und die SF als deren methodisch spekulativer Teil, trifft also Aussagen darüber, wie wir die Welt anders sehen können – aber das tut sie immer nur zu dem nicht epistemologischen, sondern durchaus ontologischen und metaphysischen Zweck, uns zu sagen, dass sie tatsächlich anders sein könnte (sein wird, gewesen ist und so fort), als wir sie gemeinhin wahrnehmen.
    4. Triumph eines Geschlagenen
    Die Welt der Bürger, die aufgeklärte, die neuzeitliche Welt ist von denen, die in ihr bestimmen, was geschieht, als vernünftige Welt gemalt worden: Wenn man sie versteht, kann man in sie eingreifen, sie sich gefügig machen.
    Wie schon Francis Bacon lehrte, muss man ja auch der Natur im Reich der Erkenntnis gehorchen, um ihr im Reich des Handelns dann Befehle erteilen zu können. In dieser bürgerlichen, naturwüchsigen, aber eben deshalb angeblich auch vernünftigen Welt ist es also nicht mehr so wie in den vorneuzeitlichen, den traditionalen, den sklavenhaltenden oder den ständischen Gesellschaften, wo man einen Gott kennen kann, dem alles gehorcht und der alles weiß. Das Absolute verteilt sich in der Neuzeit auf allerlei Relatives: je mehr man erkennt, desto mehr Gehorsam kann man fordern, von Dingen wie Menschen.
    Diese Welt nannte und nennt man seit spätestens 1789 die wirkliche, und ihre Erkenntniszustände, ihre Befehlsketten sowie ihre sonstigen Ordnungen, von der syntaktischen zur semantischen, standen und stehen allenthalben in beweglichen Abhängigkeiten zueinander. Es ist die Welt der Systeme und Subsysteme, die da geboren wurde, und von der nicht nur Niklas Luhmanns Werk handelt.
    Interessanterweise hat man diese Welt gegenüber den vorangegangenen als eine »entzauberte« beschrieben, eine zur Prosa erstarrte, eine reduzierte.
    Was an der neuen Beschreibung der Wirklichkeit tatsächlich fehlt, ist (um einen Leibniz’schen Gedanken in eine Luhmann’sche Formel

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