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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Kleidung ihrer Figuren eine Art archaische Science Fiction gewesen, so war Die Augen der Katze ein Versuch im Genre der Dark Fantasy, die Moebius’ Suche nach neuen Zielen insoweit entgegenkam, als er sein altes Ideal des absoluten Bildes ja erreicht zu haben glaubte. Doch erst John Difool als Rückkehr zur nahezu klassischen Science Fiction erlaubte ihm tatsächlich, jene experimentelle Phase der Siebzigerjahre abzuschließen.
    Dem war jedoch ein einschneidendes biografisches Erlebnis vorangegangen. Es trieb Moebius zeit seines Lebens zu den Sternen, und nicht immer hatte er dabei das Glück auf seiner Seite. Als er 1978 in Kontakt mit der UFO-Sekte des Franzosen Jean-Paul Appel-Guéry kam, der sich selbst Ios nannte und als Mittelsmann von Außerirdischen bezeichnete, die einen ausgewählten Kreis von Menschen vor der sicheren Vernichtung durch Atomwaffen und Umweltverschmutzung bewahren wollten, schloss Moebius sich seiner Gruppe an. Sie sollte den mittlerweile weltweit populär gewordenen Zeichner sieben Jahre lang ausnutzen – als Aushängeschild
und vor allem als Geldgeber. Als Moebius sich und seine Familie ab Mitte der Achtzigerjahre langsam wieder aus den Fängen der Sekte löste, deren Kommune auf Tahiti verließ (die er selbst nicht unerheblich mitfinanziert hatte) und zeitweilig in die Vereinigten Staaten übersiedelte, gründete er dort eine Agentur, die er Starwatcher nannte – seine Lust an den Sternen war durch den UFO-Hokuspokus von Ios ebenso wenig gemindert worden wie seine zeichnerische Produktivität im Sektenjahrzehnt seines Lebens.
    Paradoxerweise war nämlich diese Zeit als Jünger eines Außerirdischen-Propheten die Phase, in der Moebius seinen Ruf als Erneuerer der Science Fiction mit John Difool festigte. Jodorowsky, der ein immenses psychologisches Gespür besitzt, schrieb seinem Zeichnerfreund die Geschichte von John Difool eher aufs Gemüt denn auf den Leib. Die ausufernde Suche nach kosmischer Harmonie nahm zahlreiche Anleihen bei den Lehren von Ios, brach sie jedoch ironisch mittels der Figur eines weitgehend hilflosen Helden, dessen Name wieder einmal Programm ist: Difool zitiert das englische Wort für einen Narren, »fool«. Und die schon erwähnte Rückführung der Titelfigur, die am Ende des großen Zyklus zu dem Sturz ganz am Anfang zurückkehrt, ist eine kaum maskierte Parabel auf Moebius’ Weg in die Sekte und aus der Sekte heraus. Der letzte Band In nächster Nähe erschien 1988, in dem Jahr, als der Zeichner endgültig mit Ios brach. Er hatte sich mit Jodorowskys Hilfe buchstäblich freigezeichnet.
    Was ihn jedoch nicht davor bewahrte, sich mit dem Ernährungsreformer Guy-Claude Burger, dem Propagandisten der reinen Rohkost, sofort den nächsten Propheten zu suchen. Auch dessen Lehre fand Eingang in einen Science-Fiction-Zyklus von Moebius, in Le Monde d’Édena (auf Deutsch Die Sternenwanderer ), dessen zweiter Band, der gleichfalls 1988 erschienene Les Jardins d’Édena , einen paradiesischen
Planeten zum Handlungsort hat, in dem natürliche Ernährung ein zuvor androgynes Raumfahrerpaar in Mann und Frau trennt, also zu ihrem wahren Ich finden lässt. Die insgesamt fünfbändige Reihe, die ihren Ursprung in einem 1983 gezeichneten Werbecomic für den Autobauer Citroën hatte, aber erst 2001 mit dem Album Sra abgeschlossen wurde, war Moebius’ erster Versuch, selbst einen großen Erzählbogen zu spannen. Diese Herausforderung stellte sich mit Blueberry bald auch für Jean Giraud, denn Jean-Michel Charlier, der die Serie über ein Vierteljahrhundert lang geschrieben hatte, starb 1989.
    Der Incal ( John Difool ) – eine kaum maskierte Parabel auf Moebius’ Leben

    Dieses Ereignis führte die beiden Zeichnerpersönlichkeiten Moebius und Giraud erstmals wieder zusammen, nachdem 1963 Giraud und zehn Jahre darauf Moebius den jeweils anderen beiseite gedrängt hatte. Blueberry allein von Giraud, das war Blueberry wie von Moebius: noch mehr künstlerische Freiheit und Mythos und metaphysische Fragen. Im letzten Erzählzyklus innerhalb der Serie, dem 1995 begonnenen vierbändigen Mister Blueberry , ist der ergraute Held aus der Armee entlassen und gelangt als Spieler 1881 nach Tombstone, um dort das berühmte Duell am OK Corral zwischen den Brüdern Earp und dem Clan der Clantons mit auszulösen. Die Fiktion zieht in die Realgeschichte ein, aus beider Zusammenspiel wird ein neuer Mythos geformt. Dazu kommen delirierende Passagen, die Blueberry nach einer Schussverletzung

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