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Heyne Galaxy 01

Heyne Galaxy 01

Titel: Heyne Galaxy 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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die jeder so schnell wie möglich erfahren wollte. Früher wäre das unmöglich gewesen, denn niemand hatte sich für Neuigkeiten interessiert.
    »Ich werde gehen und herausfinden, was geschehen ist«, sagte Roya und rannte zur Tür. »Ich bin bald zurück.«
    Marcel ließ sie gehen. Er war froh, eine Weile alleingelassen zu werden, denn noch immer war ihm nicht eingefallen, welche neuen Vorschläge er der Ratsversammlung vorlegen konnte.
    Waffen!
    Ja, das war es. Waffen mußten aufgetrieben werden, die dazugehörige Munition und vielleicht auch Bomben. Wenn die schwarzen Räuber wieder auftauchten, mußte man ihnen Widerstand entgegensetzen. Wenigstens soviel, daß sie in Zukunft vorsichtiger waren.
    Aber angenommen, es kam wirklich zu Feindseligkeiten – wie würde sich das auswirken? Marcel hatte viele Bücher gelesen und einige der alten Filme gesehen. Trotzdem konnte er sich nicht vorstellen, wie Menschen mit dem festen Vorsatz ausziehen konnten, andere Menschen zu töten.
    Er empfand plötzlich die merkwürdige Veränderung, die mit ihm vorging. Im Magen war ein seltsames Gefühl; er schien sich zusammenkrampfen zu wollen. In seinen Ohren dröhnte der Pulsschlag; es war, als ströme das Blut schneller als bisher an ihnen vorbei. Er spürte die Aufregung, aber es war ein angenehmes, gutes Gefühl. Gefahr drohte – und solange überhaupt eine Gefahr drohte, war die Apathie wie weggeblasen.
    Wo war die ewige Langeweile geblieben?
    Marcel ahnte, daß dieser Tag eine Wende in der Geschichte der sterbenden Menschheit bedeutete.
    Von heute an würde alles anders sein.
     
    Roya kam zurück ins Zimmer. Sie war ganz außer Atem, so sehr hatte sie sich beeilt.
    »Es war alles nur ein Spiel«, keuchte sie, aber in ihrer Stimme war Erleichterung.
    »Ein Spiel?«
    »Ja, ein Trick, ein Spaß. Das schwarze Flugzeug landete in Allassio. Seine Maschinen fielen über dem Meer aus, und die Passagiere hatten Glück, weil die Küste nicht weit entfernt war.«
    »Aber – ein Trick …?«
    Marcel starrte das Mädchen ungläubig an. Ein Trick? Ein Spiel?
    »Präsident Naro steckt dahinter – stell dir nur vor: Naro, der Präsident des Rates. Er wollte uns glauben machen, wir besäßen Feinde.«
    »Naro?«
    Marcels Stimme war tonlos.
    »Ja, Naro! Jetzt wissen wir auch, warum die Räuber Gasmasken trugen. Wir sollten ihre Gesichter nicht erkennen! Als sie uns Mädchen in der Barke zurückließen, taten sie es nur, damit wir befreit wurden. Es war alles beabsichtigt. Niemand begreift das. Ja, und dann gingen die Motoren kaputt, und alles kam heraus …«
    »Wie kam Naro auf so eine Idee?«
    »Das weiß niemand. Er ist jetzt in Genua; von dort aus leitete er die Aktion. Dann mußte die Maschine notlanden, und die Besatzung ergab sich, weil man sie sonst umgebracht hätte. Die schwarzgekleideten Männer mußten alles zugeben, um ihr Leben zu retten.«
    Roya erzählte noch viel, denn sie war froh, daß sich alles als ganz harmlos herausstellte. Die schwarzen Räuber bedeuteten keine Gefahr mehr – das war es, was zählte. Die Gründe für Naros Vorgehen interessierten sie nicht. Ihre Welt – der schmale Küstenstreifen, der ihr sechzehn Jahre lang Sicherheit geboten hatte – wurde von keinem Feind bedroht.
    Marcel wußte, daß die Reaktion der restlichen Bevölkerung von Cannes oder anderen Städten ähnlich sein würde. Ernsthafter Schaden war nicht angerichtet worden. Und selbst dann, wenn man die Bösewichter bestrafen wollte, so bedeutete das Nachforschungen, Arbeit und Ärger – wer würde das schon auf sich nehmen wollen? Man würde vielleicht über den etwas merkwürdigen Scherz Naros lachen, aber das war auch alles.
    Enttäuscht über den Ausgang des Experimentes, von dem er selbst nichts gewußt hatte, verließ Marcel die Wohnung Royas und wanderte in Richtung des Strandes. Selba hatte recht gehabt, verdammt noch einmal! Künstlich herbeigeführte Krisen halfen überhaupt nichts. Sicher, es hatte sich herausgestellt, daß eine Gefahr die Lebensgeister der bedrohten Menschen aufweckte, aber zum dauerhaften Erfolg gehörte eine echte Gefahr, keine künstlich heraufbeschworene.
    Die Voraussetzung dazu war, daß die Bedrohung von außen kam. Wie aber sollte das verwirklicht werden, wenn es »draußen« in den übrigen Teilen der Welt keine Menschen mehr gab?
    Dem Angriff der schwarzen Räuber war es zu verdanken, daß niemand die Ankunft der Mercury ernst nahm, die am anderen Tag über Cannes erschien. Jeder hielt das für

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