Heyne Galaxy 01
unversehrt überbringen.«
»Mag schon sein, aber vorher will ich mich davon überzeugen, ob nicht wirklich richtige Schätze an Bord des Wracks sind. Es ist viel zu groß für eine eingehende Untersuchung, aber ein flüchtiger Überblick wird genügen. Außerdem ist das Wrack verankert. Es wird notwendig sein, es zu lösen. Notfalls mit Gewalt.«
Sie deutete auf das Bild an der Wand.
»Eine fünfundvierzig Kilometer lange Sektion gehört zu den Passagierabteilungen. Die haben keinen eigenen Antrieb. Wir müssen das riesige Ding ins Schlepptau nehmen. Feine Aussichten!«
Er nickte.
»Auch wenn es einen eigenen Antrieb hätte, würde ich es kaum wagen, ihn einzuschalten. Ich liebe mein Leben zu sehr – und dich.«
Er stellte auf dem Foto fest, wo die Schleusen waren.
Der nächste »Morgen« fand Marty dabei, seine Geräte ins Taxi zu bringen. Er nahm alles mit, was er für notwendig erachtete, sogar Sprengstoff und Energiestrahler. Da er den Plan gut studiert hatte, wollte er eine Luftschleuse ungefähr in der Mitte von Objekt X wählen, um Bewegungsfreiheit nach allen Seiten zu haben.
Der Flug verlief reibungslos und ohne erwähnenswerte Ereignisse.
Er hoffte, daß er die Schleuse ohne Beschädigungen öffnen konnte, um nichts von der eventuellen Ladung zu zerstören. Es konnte ja sein, daß im Schiff normaler Druck herrschte.
Genau wo der Plan es vorgesehen hatte, fand er die Schleuse. Es war ein Notausstieg, ganz in der Nähe des Ankerkanals. Der Kanal selbst eignete sich nicht als Einstieg, wenn er an manchen Stellen auch Öffnungen vorwies. In ihnen waren die Ankervorrichtungen.
Vorsichtig begann Marty seinen »Angriff« auf die Schleuse. Mit Unterstützung seiner elektronischen Ausrüstung versuchte er festzustellen, ob auch die innere Luke geschlossen war. Noch ehe er eine Entscheidung treffen konnte, bemerkte er aus den Augenwinkeln heraus eine vage Bewegung.
Er blickte auf.
Die Hülle entlang bewegte sich etwas auf ihn zu.
Ohne weiter zu überlegen, sprang er mit einem Satz in sein Taxi und legte ab. Der Energiestrahler war in seiner Hand, ehe er es richtig wußte. In weitem Bogen umkreiste er die Hülle des fremden Schiffes, das eigentlich nicht fremd war, sondern von der Erde stammte.
Dann sah er den Grund der Bewegung.
Es war einer der Raumanker. Er glitt über die Hülle, dem Heck entgegen.
Marty näherte sich vorsichtig dem Anker. Obwohl er fest mit dem Gravitationspunkt im Raum verbunden war, bewegte er sich. Das war eine glatte Unmöglichkeit, aber es geschah vor seinen Augen. Und zwar bewegte sich der Anker mit der Geschwindigkeit eines rüstigen Fußgängers.
»Laura!« rief Marty. »Hier geschieht etwas sehr Seltsames. Kannst du mit dem Dopplergerät feststellen, ob das Schiff absolut stillsteht?«
Laura bestätigte mit einem Wort, daß sie verstanden hatte. Ohne jede Frage machte sie sich an ihre Arbeit.
Gutes Mädchen, dachte Marty bei sich. Eine Frau, die eine Hilfe bedeutet, ist doppelt wertvoll. Um sie brauche ich mir keine Sorgen zu machen.
Er brachte das Taxi neben den wandernden Anker und paßte seine Geschwindigkeit an.
Dann kam Lauras Stimme:
»Das andere Schiff bewegt sich in Richtung auf die Sonne, Marty. Mit sechs oder sieben Kilometern in der Stunde. Vielleicht weniger, es ist schwer zu sagen.«
»Genau das dachte ich mir«, gab Marty zurück. Er hoffte, daß seine Stimme nicht allzu verwundert klang, aber er war sich nicht sicher. Es war also das Schiff, das sich bewegte, nicht der Anker. Was immer auch die Ursache war, sie bedeutete keine Gefahr für ihn, Laura oder die Clem. »Irgend etwas Merkwürdiges geschieht hier, Laura. Ich kann es dir nicht erklären, weil ich es selbst nicht verstehe. Aber ich denke, es besteht keine Gefahr für uns. Die Clem wird schon mit einem alten Wrack fertig, wenn es sein muß.«
»Du bist draußen!« erinnerte sie ihn.
»Ich werde genauso damit fertig, Laura. Außerdem muß ich wissen, was hier geschieht. Ich habe noch nie in meinem Leben Ähnliches gesehen. Mach’ dir nur keine Sorgen. Sobald es gefährlich aussehen sollte, ziehe ich mich zurück. Ich gehe kein unnötiges Risiko ein.«
Etwas in seinem Unterbewußtsein riet ihm, zur Clem zurückzukehren und die Flotte zu unterrichten, aber er ignorierte die Warnung. Er hatte ohnehin nicht viel für die Flotte übrig.
Vier Stunden später näherte sich der wandernde Anker dem Heck des Schiffes. Er wurde langsamer und hielt an, wenige Meter vom Ende des
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