Heyne Galaxy 07
war fast immer warm hier draußen, und ein gelegentlicher Wind tat nur gut. Er sah den Kindern zu, die über die Wiesen liefen und Schmetterlinge jagten. Es roch nach altem Holz und Blättern.
»Was erwartest du?« Eckert legte ein Buch auf den Papierstoß, damit er nicht mehr davongeweht werden konnte. »Berichte über die Industrie, den Handel und das Leben der Eingeborenen. Anfangs scheint er nicht sehr begeistert gewesen zu sein, aber je länger er hier lebte, desto besser gefiel es ihm. Zum Schluß muß es ihm sogar sehr gut gefallen haben. Seine Berichte gleichen Lobeshymnen.«
Templins Augen waren nun ganz geschlossen.
»In seinem Bericht ist also kein Hinweis darauf zu finden, daß er es hier satt hatte?«
»Im Gegenteil. Alles weist darauf hin, daß er Klima, Volk und Leben auf Tunpesh liebte.«
»Ich kann es sogar verstehen«, murmelte Templin. »Es ist wunderbar hier. Das Klima ist einmalig günstig, und die Menschen sind glücklich und zufrieden. Sie arbeiten sogar gern, denn sie wissen, wofür sie arbeiten. Die Gesellschaftsordnung ist einfach fehlerlos. Ich kann mir nicht helfen, aber wenn ich das hier alles mit der Erde vergleiche, schneidet sie nicht gut dabei ab.«
Eckert kam auf die Veranda. Er fühlte sich wohlig müde. Die Wärme und die Sonne zügelten seine Ambitionen. Es gefiel auch ihm auf Tunpesh.
»Es gibt hier nicht einmal Verbrechen«, fuhr Templin fort. Er lachte. »Bis auf die Entführung, die wir selbst veranstalteten. Keine Mörder, keine Falschspieler, keine Einbrecher – niemand, der einem anderen Falschgeld andrehen will. Ich begreife das alles nicht.«
Ein bunter Schmetterling kam herbeigeflattert und ließ sich auf seiner Hose nieder. Er sah aus wie ein schillernder Regentropfen. Sekunden später erhob er sich und flog weiter. Seine Flügel schimmerten in allen nur denkbaren Farben.
Eckert sah ihm nach. Es war herrlich, an nichts zu denken und sich auszuruhen. Es war eine Art Reaktion. Sie waren hierhergekommen und hatten erwartet, sechs Monate in ständiger Gefahr zu leben. Statt dessen waren sie in ein Paradies geraten.
Wie Templin schon sagte, man verglich das Leben hier unwillkürlich mit dem auf der Erde. Kein Neid, kein Haß, keine Konkurrenz, kein Verbrechen. Kein Zynismus oder Sarkasmus. Keine sich in Läden drängenden Menschen. Nichts von alle-dem.
Nur die kleinen, wichtigen Dinge des Lebens. Mehr nicht.
»Wo warst du in der vergangenen Nacht, Ray?«
Templin rührte sich kaum.
»In einer Versammlung. Jeder kann dort aufstehen und seine Meinung sagen. Gestern abend ging es um Dorfprobleme. Irgend etwas sollte gebaut werden. Sie diskutierten und entschieden, was zu tun sei und was jeder dazu beitragen sollte. Echte Demokratie.«
Eckert war plötzlich hellwach.
»Merkwürdig, daß ich nicht dazu eingeladen wurde.«
»Ich habe mich selbst eingeladen«, sagte Templin. »Niemand hatte mich gebeten, daran teilzunehmen.«
»Ist dir aufgefallen, daß man uns in letzter Zeit überhaupt zu nichts mehr eingeladen hat?«
»Sie wissen, daß wir eine Menge Arbeit haben. Sie sind viel zu höflich, uns davon abhalten zu wollen.«
»Du bist gern hier, Ray?«
Templin verscheuchte eine Mücke.
»Es hat lange gedauert, aber nun kann ich mir nichts Schöneres als Tunpesh vorstellen.«
Sie hatten noch einen Monat. Einen Monat, in dem sie nichts anderes tun würden als in der Sonne liegen und die Leute beobachten. Natürlich konnten sie weiterhin Nachforschungen anstellen oder Pendletons Berichte lesen, aber wozu das?
Eckert gähnte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen. Es sah ganz so aus, als würden sie niemals herausfinden, warum Pendleton Selbstmord beging. Und eigentlich war das auch völlig egal.
Vorsichtig öffnete Eckert die Tür. Templin lag im Bett und schlief. Die Sonne schien auf seinen nackten, braungebrannten Rücken. Er trug nichts als ein weißes Tuch, das er in der Art der Eingeborenen um die Hüfte geschlungen hatte. Er sah gesünder aus als früher, und an verschiedenen Stellen hatte er Fett angesetzt. Sein Gesicht war voller Frieden und Glück.
Aber nun war der Urlaub zu Ende. Es wurde Zeit, an den Abflug zu denken.
»Ray …?«
Templin rührte sich nicht. Er atmete gleichmäßig weiter.
Eckert nahm ein Buch und ließ es zu Boden fallen. Templin erwachte, blieb aber ruhig liegen.
»Was ist, Ted?«
»Woher weißt du, daß ich es bin?«
Templin lachte, als fände er die Frage komisch.
»Wer sollte es wohl sonst sein? Kein
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