Heyne Galaxy 07
praktisch über Nacht, war der Schleier gelüftet worden. Über Radio und Fernsehen erfuhr jeder von der Existenz der wunderbaren Maschine.
Grundy war es, der entdeckt hatte, daß man den Geist des Menschen in die Zukunft schicken konnte. Die Ausrüstung war relativ einfach, und die Maschine selbst erstaunlich leicht und kompakt gebaut. Hinzu kam, daß der Preis erschwinglich war. Die durchschnittlichen Anschaffungskosten betrugen fünfundfünfzig Dollar.
Grundy war klug genug, den Projektor erst nach einem gut organisierten Werbefeldzug auf den Markt zu werfen. Er veröffentlichte die Gutachten bekannter Persönlichkeiten, die ihn ausprobiert hatten und zufrieden waren.
Man hatte nichts anderes zu tun, als in den eiförmigen Käfig zu klettern, die Kontrollen einzustellen und auf den Knopf zu drücken. Dann sah man einen Tag, eine Woche oder auch zwei Jahre in die Zukunft. Das war alles. Wenn man wissen wollte, wie das Wetter am kommenden Wochenende war, sah man einfach nach. Wollte man erfahren, wohin man dieses Jahr in Urlaub fuhr, so drückte man auf den Knopf und sah sich selbst zu, wie man die letzten Vorbereitungen zur Abfahrt traf. Und das alles für fünfundfünfzig lumpige Dollar. In den ersten fünf Tagen verkaufte Grundy eine Million Geräte.
Da er natürlich dank seiner eigenen Erfindung genau wußte, wieviel Projektoren er verkaufen würde, hatte er sich entsprechend vorbereitet, dem Ansturm der Kunden zu begegnen. Es gab keinen anderen Gesprächsstoff als die neue Erfindung. Alles andere rückte in den Hintergrund, sogar die Weltpolitik.
Bald wußte jeder, was in den nächsten zwei Jahren passieren würde. Auch was jedem von uns passieren würde. Waren es angenehme Dinge, so warteten wir einfach ab, bis sie geschahen. Waren es allerdings unangenehme Dinge, so zuckten wir nur die Achseln – so wie Marge und ich – und sagten, das Gerät müsse sich eben irren.
Und das war der Irrtum, wie ich schon einmal betonte. Was immer wir auch im Grundy-Projektor sahen, geschah. Und zwar unweigerlich. Das erfuhr ich am eigenen Leibe.
Wir hatten eine Anzeige aufgegeben, denn wir suchten einen neuen Angestellten in meiner Firma. Es meldeten sich zweiunddreißig Anwärter. Wir vereinbarten die Vorstellung für den nächsten Tag. Als ich den Warteraum betrat, war nur ein einziger Mann anwesend. Wir prüften ihn, und er bekam die Stelle.
Unser Präsident, Mr. Atkins, fand die Sache merkwürdig.
»Ich verstehe nicht, warum die anderen einunddreißig Männer nicht gekommen sind. Sie waren doch schließlich verabredet, nicht wahr, Gerald? Ist die Stelle vielleicht nicht gut?«
Ich versuchte ihm zu erklären, daß wahrscheinlich die Zeitmaschine damit etwas zu tun hatte. Wie genau, das wußte ich allerdings auch nicht. Atkins war ein älterer Mann und hielt nicht viel von den neumodischen Erfindungen. Ich konnte ihn jedenfalls nicht überzeugen. Endlich aber gelang es mir, einige der nicht erschienenen Anwärter aufzutreiben und sie zu fragen, warum sie nicht zur Vorstellung erschienen waren. Die Antworten fielen so aus, wie ich es erwartet hatte. Sie waren in ihren Projektor gestiegen und hatten sich überzeugt, daß sie die Stelle nicht erhielten. Also waren sie erst gar nicht gekommen. Einige berichteten freimütig, daß sie schon jetzt wußten, wann sie eine neue Anstellung erhielten, und bis dahin machten sie Urlaub.
An diesem Nachmittag hatte ich genug damit zu tun, Mr. Atkins zu beruhigen. Er sprach über nichts anderes mehr. Schließlich ließ er den neuen Angestellten zu sich rufen und fragte ihn, warum er heute früh gekommen war. Der Mann bestätigte, was ich schon gewußt hatte. Er war in seinen Projektor geklettert und hatte gesehen, daß er die Stelle erhielt. Also war er zur Vorstellung erschienen.
Mr. Atkins war völlig durcheinander.
»Können Sie mir vielleicht auch verraten, was ich nun tun werde?« fragte er erbost.
»Selbstverständlich«, erwiderte der Angestellte, ohne zu zögern. »Sie werden heute abend ausgehen und sich betrinken.«
Und genau das tat Mr. Atkins dann auch.
Ähnliche verrückte Situationen gab es bald mehr als genug. Die Zeitungen waren voll davon, trotzdem dauerte es sehr lange, bis wir alle begriffen, daß die Geschehnisse der Zukunft nicht beeinflußt werden konnten. Wir wehrten uns dagegen, aber auch das war sinnlos. Der Blick in die Zukunft zeigte uns allen, daß es sinnlos war.
Allmählich trat eine gewisse Beruhigung ein, aber hin und wieder wurden wir doch
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