Heyne Galaxy 07
mich. »Wir leihen uns einfach zwei Grundys aus, dann wissen wir, was geschieht.«
Ich fühlte mich in die Enge getrieben. Es war, als säße ich in der Falle. Wie immer auch die Frage lautete, die ich mir stellte, die Antwort war immer wieder ein Grundy-Projektor. Unsere Nachbarn hatten welche. Wir liehen sie uns aus.
Wir brauchten nur elf Tage in die Zukunft zu gehen, um zu erfahren, was geschah. Und wie es geschah.
Zusammen mit einem halben Dutzend anderer Personen bestiegen Marge und ich einen großen Helikopter. Er flog mit uns hinaus aufs Land, wo er im Hof eines einsam stehenden Hauses landete. Wir gaben unser ganzes Geld ab. Dafür erhielten wir altmodische Kleider, längst außer Kurs geratenes Geld und ein wenig Gepäck. Danach gingen wir alle zusammen in einen riesigen, schimmernden Käfig, der wie ein überdimensionaler Grundy-Projektor aussah.
Eine Sekunde später waren wir verschwunden.
So also würde es sein.
Sollte ich mich dagegen auflehnen?
Ich wußte, daß es zwecklos war.
Im Jahre 1956 kamen wir in New York an.
Wir wurden von jenen empfangen, die vor uns gegangen waren. Sie halfen uns über die ersten Tage hinweg, bis wir uns eingelebt hatten und auf eigenen Füßen stehen konnten.
Es war nicht leicht. Oft genug wünschte ich mir, in meine Zeit zurückkehren zu können, ob es dort einen Grundy-Projektor gab oder nicht. Aber Marge beschwerte sich nicht. Sie war bereit, alle Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, um ihr Leben zu retten. Sie war noch immer fest davon überzeugt, daß wir in der anderen Zeit sterben würden.
Manchmal, wenn wir Lust dazu verspürten, diskutierten wir, und ich versuchte ihr zu erklären, daß unser Leben niemals in Gefahr gewesen war. Wie hätten wir uns in der Zukunft sehen können, wenn wir in die Vergangenheit reisten? Es war also nicht der Tod gewesen, der uns verschwinden ließ, sondern die physische Zeitreise.
Immer noch rechtzeitig genug erkannte ich, daß es besser war, wenn Marge das nie begriff. Unsere Diskussionen endeten dann stets mit der Feststellung, daß wir richtig gehandelt hatten.
Ich begann bei einer Bank am Nachtschalter. Tagsüber studierte ich Finanzpolitik, um später eine bessere Stelle bekommen zu können.
Heute leben wir bereits seit einigen Jahren hier im New York des mittleren zwanzigsten Jahrhunderts. Ich muß sagen, daß wir uns gut eingewöhnt haben und uns wohl fühlen. Wir wohnen in einem eigenen Haus und haben zwei Söhne. Ich habe eine gute Stelle und verdiene Geld genug.
Manchmal treffen wir uns mit unseren Freunden, die auch aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert kamen. Es geht ihnen allen gut. Wir sprechen dann über die Zeit, aus der wir kamen, und wir finden, daß die heutige ohne den Blick in die Zukunft besser ist. Das Leben ist wunderbar, wenn es noch Überraschungen gibt und wenn man die Möglichkeit hat, sein Schicksal selbst zu meistern.
Rog Owens gehört zu unseren Freunden.
Er spekuliert gern, und gestern meinte er:
»Es war eigentlich nicht die Zukunft, die feststand, sondern es war der Grundy-Projektor, der unsere Zukunft erst bestimmte. Was immer die Leute auch in der Zukunft sahen, es passierte – weil sie es passieren ließen. Nicht nur das. Sie arbeiteten regelrecht darauf hin, daß alles so kam, wie sie es vorher sahen. Selbst bei den Todesfällen war es so. Es war die reinste Zauberei, wenn ihr mich fragt.«
So ähnlich fühlten wir alle, nur hatten wir es nie so klar ausgedrückt wie Rog Owens.
Er hatte auch mehr Grund als wir, darüber nachzudenken.
Mr. Atkins und sein Syndikat hatten uns nicht nur aus purer Menschenfreundlichkeit in die Vergangenheit geschickt. Sie hatten ihren Grund, so zu handeln. Sie hatten nämlich herausgefunden, daß Rogs Tochter Ann eines Tages einen jungen Mann namens Jack Grundy kennenlernen und heiraten würde. Er war keiner von uns, sondern stammte aus der Epoche, in die wir geflüchtet waren. Ann und Jack würden einen Sohn bekommen, den sie Bilbo nannten. Er war es, der später den Zeitprojektor erfand.
Oder besser: erfinden würde.
Es ist unsere Aufgabe, das zu verhindern.
Nun, um ehrlich zu sein, die Heirat konnten wir nicht verhindern. Aber wir verhinderten wenigstens, daß man ihren Sohn ›Bilbo‹ nannte. Er bekam einen guten amerikanischen Namen: William.
Damit, so dachten wir, hatten wir alles getan, was zu tun war.
Aber gerade kommt mein jüngster Sohn aus dem Kindergarten nach Hause. Er erzählt, daß die Lehrer William Grundy nur noch ›Billy
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