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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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hast ihn doch sicher ganz gelesen.«
    »Das Ganze ist eine Beschreibung des Lagers und seiner Insassen«, erwiderte Latimer und lächelte frostig. »Hahns persönliche Meinung über mich ist, daß ich verrückt bin. Seine Ansicht über dich ist etwas schmeichelhafter, aber nicht viel.«
    Altman sagte: »Er hat sich auch schon im Hammer-Raum herumgetrieben.«
    »Was?«
    »Ich hab' ihn gestern ins Hauptgebäude gehen sehen und bin ihm gefolgt. Er hat sich den Hammer genau angesehen.«
    »Warum hast du mir das nicht sofort berichtet?« schnappte Barrett.
    »Ich war nicht sicher, daß du das für wichtig halten würdest«, sagte Altman. »Ich wollte zuerst mit Don darüber reden. Und das konnte ich erst, als Hahn fischen gefahren war.«
    Barrett spürte, daß ihm der Schweiß ausbrach. »Hör zu, Ned. Wenn du Hahn jemals wieder in der Nähe der Zeitreise-Maschinen erwischst, mußt du mich sofort verständigen! Ohne vorher mit Don oder sonst jemand zu sprechen! Ist das klar?«
    »Klar!« erwiderte Altman und kicherte. »Weißt du, was ich glaube? Sie haben Oben beschlossen, uns zu vernichten, und haben Hahn als Selbstmordkandidaten hergeschickt, um uns zu überprüfen. Dann werden sie uns durch den Hammer eine Bombe schicken und das ganze Lager in die Luft jagen. Wir sollten Hammer und Amboß sofort zerstören, meine ich.«
    »Aber wozu müssen sie vorher einen Mann schicken, der in jedem Falle verloren ist?« fragte Latimer. »Es sei denn, sie haben eine Möglichkeit, ihren Spion zu retten …«
    »Auf jeden Fall dürfen wir kein Risiko eingehen«, beharrte Altman. »Schlagen wir den Hammer kaputt. Wir müssen sichergehen, daß sie uns von Oben keine Bombe schicken.«
    »Das ist vielleicht eine ganz gute Idee, aber …«
    »Jetzt mal Ruhe, ihr beiden!« knurrte Barrett. »Ich will mir zuerst mal das Geschreibsel hier ansehen.«
    Er setzte sich auf einen Felsen und begann zu lesen.
     
     
    7
     
    Hahn hatte eine verkrampfte Handschrift, die auf kleinstem Raum ein Maximum an Information vermittelte, als ob er es als Todsünde betrachtete, Papier zu verschwenden. Und damit hätte er eigentlich recht, dachte Barrett. Papier war selten geworden, und offensichtlich hatte Hahn diese Blätter von Oben mitgebracht. Trotzdem war seine Schrift relativ leicht zu lesen, und auch seine Ansichten bedurften keiner weiteren Erklärung.
    Barrett hielt eine eingehende Analyse der Situation im Hawksbill-Lager in Händen, die in fünftausend Worten sämtliche Mißstände zusammenfaßte, von denen auch Barrett wußte. Hahn beschrieb die Männer ohne beschönigende Worte als alternde Revolutionäre, deren ehemalige Begeisterung erloschen war. Er nannte Namen, klassifizierte die Männer, ordnete sie zu den offensichtlich Geistesgestörten, zu denen, die gerade auf der Kippe standen, und zu denen, die bisher durchgehalten hatten – wie Quesada und Norton und Rüdiger. Barrett fand es interessant, daß Hahn selbst diese drei für ausgesprochen gefährdet hielt und die Meinung vertrat, sie würden bei der nächsten Gelegenheit zerbrechen.
    Für Barrett schienen Quesada und Norton und Rüdiger noch ebenso ausgeglichen zu sein wie am ersten Tag nach ihrer Ankunft, aber das lag wahrscheinlich an der Verzerrung, der seine eigenen Wahrnehmungen unterworfen waren. Ein Außenseiter wie Hahn sah die Dinge anders und vermutlich richtiger.
    Barrett zwang sich dazu, nicht sofort nach dem Absatz zu suchen, in dem Hahn über ihn geschrieben hatte.
    Er war nicht sonderlich erbaut, als er die Stelle schließlich erreichte. »Barrett«, so hatte Hahn geschrieben, »ist wie ein mächtiger Pfeiler, der von innen heraus von Termiten angefressen ist. Er wirkt solide, doch ein einziger fester Stoß wird ihn zerbrechen. Eine kürzliche Fußverletzung hat offensichtlich nachteilig auf ihn gewirkt. Nach Äußerungen der anderen Männer war er früher ein ausgesprochen physischer Typ, der einen Großteil seiner Autorität von seiner Größe und Stärke herleitete. Jetzt kann er kaum noch laufen. Aber ich habe das Gefühl, als seien seine Probleme im hiesigen Lagerleben begründet und nicht so sehr in seiner Verletzung. Er ist bereits zu lange von allen normalen menschlichen Trieben abgeschnitten. Daß er hier die Macht ausüben konnte, hat in ihm eine Illusion der Festigkeit hervorgerufen, doch seine Macht ist lediglich die Macht in einem Vakuum, und in ihm sind Dinge vor sich gegangen, deren er sich überhaupt nicht bewußt geworden ist. Er muß dringend in Behandlung.

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