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Heyne Galaxy 10

Heyne Galaxy 10

Titel: Heyne Galaxy 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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natürlicher Körper in Verwahrung und lebte von einer in die Blutbahn eingespritzten Nährflüssigkeit. Das klingt vielleicht ein wenig unnatürlich – aber wie ist es denn bei den Organos? Sie fahren in ihren großen Autos herum, die an sich schon eine Ersatzpersönlichkeit darstellen; sie haben sich ihre Schultern ausgepolstert, brauchen Hörapparate, tragen Kontaktlinsen, falsche Gebisse, Schuhe mit überhohen Absätzen und Perücken. Wenn man sich schon falsche Augenlider anklebt, warum dann nicht gleich die ganzen Augen ersetzen? Warum nimmt man, anstatt sich die Nase korrigieren zu lassen, nicht gleich ein völlig neues Gesicht? In meinen Augen ist ein Mann in einem Servo ehrlicher als eine Organo-Puppe mit Schaumgummi-Büstenhalter.
    Nicht, daß Julie auf diesem Gebiet irgendwelche Tricks nötig gehabt hätte.
    Ich tauchte den großen Silberlöffel in die Suppe und wollte gerade zu essen beginnen, als mich der Sullivan im Vorbeigehen anrempelte und mir die Flüssigkeit ins rechte Auge beförderte. Während ich noch mit den Lidern blinzelte, um die Linse klar zu bekommen, rannte der Liston so heftig gegen meinen Stuhl, daß mir fast die Steuerung versagte.
    Ich bin gewöhnlich kein Typ, der sich leicht aufregt; die Drüsenfunktionen unter Kontrolle zu halten ist die beste Art, in Form zu bleiben – das ist meine Meinung. Aber die wichtige Sache, die mir heute abend bevorstand, und Lorena mit ihren nervenaufreibenden Heiratsabsichten hatten mir einen ziemlich schweren Tag bereitet. Und so sprang ich auf, ignorierte den Blinzelreiz, streckte den Arm aus und hakte dem Liston, der sich entfernen wollte, einen Finger in den Kragen.
    »Moment mal, Bruder!« sagte ich und ruckte an dem Kragen, um ihn zu mir herumzudrehen.
    Aber er ließ sich nicht drehen.
    Statt dessen gab mein Ellenbogengelenk ein Geräusch von sich, das an das Knirschen von Rollschuhen auf losem Kies erinnerte; dabei riß mich mein eigener Schwung fast von den Füßen.
    Langsam wandte sich der Liston zu mir um – wie ein überschwerer Autokran. Er betrachtete mich aus einem Paar gelber Augen, die so freundlich waren wie Pistolenmündungen. Ein tiefes, brummendes Geräusch wurde hörbar. Ich war zwar ein wenig angeschlagen, aber noch leichtsinnig genug, mich nicht darum zu kümmern.
    »Geben Sie mir mal Ihre Zulassungsnummer!« brüllte ich. »Ich verpasse Ihnen eine gesalzene Rechnung für das Auge und die Generalüberholung, darauf können Sie Gift nehmen!«
    Der Wayne hatte sich ebenfalls umgewandt und blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Der schwere Sullivan schob sich zwischen die beiden und musterte mich von oben bis unten, als wäre ich ein Hündchen, das er zusammengerollt vor seiner Haustür gefunden hatte.
    »Vielleicht sollten Sie sich lieber ein bißchen dünn machen, Kasper!« dröhnte er so laut, daß es im letzten Winkel des Restaurants zu hören war. »Meine Jungs hier verstehen in solchen Dingen keinen Spaß!«
    Ich hatte schon den Mund geöffnet, um eine neue Dummheit zu begehen, als mir Lorena zuvorkam:
    »Sag dem Protz, er soll verschwinden, Barney. Er stört!« sagte sie.
    Der Sullivan warf ihr einen schrägen Blick zu und zeigte uns dabei, daß seine Augen einzeln bewegt werden konnten. »Halt's Maul, Schwester!« erwiderte er.
    Das war zuviel. Ich verlagerte mein Gewicht auf den linken Fuß und feuerte eine gerade Linke auf seinen Batteriekasten ab. Diesem Schlag ließ ich einen Uppercut folgen, in den ich alles legte, was ich zur Verfügung hatte.
    Plötzlich schien mein rechter Arm nicht mehr vorhanden zu sein, während der Sullivan sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Ich starrte auf die Faust, die an meiner Seite herunterbaumelte, und machte mir klar, was hier nicht stimmte.
    Ich hatte völlig vergessen, daß ich im Augenblick nur einen leichten Sport-Körper trug.
    2
    Gully Fishbein, mein Manager, Servo-Therapeuth, Saufkumpan, Arena-Trainer und Pseudo-Tante, hatte mir oft genug prophezeit, daß ich einmal eine solche Dummheit begehen würde. Er war ein Einzel-Servo-Sozialist und hatte unabhängig von seiner politischen Überzeugung eine Menge Zeit und Mühe dafür aufgewendet, mich zum schnellsten Mann mit Netz und Morgenstern heranzubilden, den es im Schaugeschäft zur Zeit gab. Für ihn ging es also um eine nicht unbeträchtliche Investition.
    »Ich warne dich, Barney!« hatte er mehr als einmal gesagt und mir mit gekrümmtem Zeigefinger vor der Nase herumgefuchtelt. »Eines Tages wirst du deine

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