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Heyne Galaxy 12

Heyne Galaxy 12

Titel: Heyne Galaxy 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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lieber mit deiner Story beschäftigen, anstatt dauernd deinen Schweif zu betrachten. Wir könnten viel schneller vorankommen.«
    »Tut mir leid«, erwiderte er und hüpfte wieder auf meine Schulter. »Wo waren wir stehengeblieben?«
    Ich las ihm die letzte Seite noch einmal vor, und bald ging es weiter.
    *
    Eines Tages kletterte Trlk auf ein Wandbrett, um mir beim Rasieren zuzusehen, und bei dieser Gelegenheit schnüffelte er an der Flasche mit dem Rasierwasser. Er wurde ganz aufgeregt und bat mich, ihm einen Tropfen auszugießen. Er leckte die Flüssigkeit auf und setzte sich verzückt seufzend auf seinen Schwanz.
    »Wunnerbar!« quiekte er und kämpfte mit einem Schluckauf. »Ischjatoll!«
    Ich ließ ihn seinen Rausch ausschlafen. Doch von nun an war ich sehr vorsichtig mit dem Rasierwasser.
    Die Tage reihten sich zu Wochen, und mein Bankkonto erreichte einen nie gekannten Tiefstand. Der Hauswirt begann bereits wegen der Miete zu drängen, und ich mußte ihn immer wieder auf die ersten Honorare vertrösten.
    Doch die Schecks blieben aus; statt dessen handelten wir uns zahlreiche Ablehnungsformulare ein – zuerst eins, dann zwei, dann ein halbes Dutzend.
    »Die Kerle lesen meine Geschichten ja gar nicht!« klagte Trlk.
    »Natürlich lesen sie sie«, erwiderte ich und zeigte ihm die zerknitterten Manuskriptseiten.
    »Das liegt an der Post«, entgegnete er.
    Als ich ihm Kaffeeflecken und Zigarettenspuren nachweisen konnte, mußte er klein beigeben.
    »Naja, vielleicht haben Sie recht…« sagte er, aber ich glaube nicht, daß er wirklich überzeugt war.
    Als dann auch die letzte Story zurückgeschickt wurde, war Trlk so deprimiert, daß er mir wirklich leid tat, obwohl ich allen Grund hatte, zunächst mich selbst zu bedauern.
    Wir mußten dringend mal ausspannen; die Arbeit war in der letzten Zeit zuviel gewesen. Ich holte mir eine Flasche aus dem Schrank und füllte ein wenig Rasierwasser für Trlk ab.
    An Nachmittag des nächsten Tages gingen wir das Problem von der ernsthaften Seite an. Wir begaben uns in die Bücherei und entliehen ein Buch über die Schriftstellerei, das ich von vorn bis hinten durchlas. Dann sagte ich nachdenklich: »Trlk, ich glaube, ich weiß, was mit deinen Geschichten nicht stimmt.«
    »Ja?«
    »Du schreibst nicht über Dinge, die du persönlich kennst, die du selbst erlebst oder beobachtet hast.« Und ich zeigte ihm die entsprechenden Stellen in dem Lehrbuch.
    Seine Augen leuchteten, und wir machten uns sofort an die Arbeit.
    Diesmal waren seine Geschichten von ganz anderer Art, und ich muß gestehen, daß ich selten über die Runden kam, ohne mindestens einmal zu erröten. Trlk beschäftigte sich ausschließlich! mit einem Mann, der in einem Hotelzimmer lebte, und schilderte die anscheinend endlosen Liebesaffären mit seinen weiblichen Besuchern.
    »Aber Trlk!« sagte ich. »Wie kommt es, daß du über solche Dinge Bescheid weißt?«
    Er gestand, daß er eine Zeitlang bei einem solchen Mann gewohnt hatte – einem freischaffenden Schriftsteller, der mit seiner Schreiberei auf keinen grünen Zweig gekommen war, der jedoch stets genug Freundinnen gehabt hatte.
    »Er kannte sich mit den Frauen aus«, erklärte Trlk.
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte ich und las noch einmal die letzte Seite vor, die er mir diktiert hatte.
    «Zu guter Letzt heiratete er eine ältere Frau mit etwas Geld und gab seine Schreibversuche auf.«
    »Das kann ich ihm nicht verdenken«, sagte ich nachdenklich.
    »Also mußte ich mir einen anderen Autor suchen und beschloß, es einmal bei einer Zeitung zu versuchen – und da bin ich auf Sie gestoßen.«
    »Bitte erinnere mich nicht daran!«
    Langsam begann es uns etwas besser zu gehen. Wir erhielten einige Honorarzahlungen von verschiedenen Magazinen; es waren keine großen Honorare, aber wir konnten damit einige Rechnungen bezahlen.
    Allerdings wurde uns eines Tages ein schwerer Rückschlag versetzt, als Mr. Aldenrod, der Hauswirt, zu uns in die Wohnung gestürmt kam und uns einen Stapel Papier unter die Nase hielt
    »Dieses Zeug!« keuchte er entrüstet. »Die Kinder haben's unten im Müll gefunden und verkaufen es für zehn Cent das Blatt in der ganzen Nachbarschaft!«
    »Sie sind mehr wert«, erwiderte ich, und bedauerte, daß wir die Entwürfe für unsere Stories nicht verbrannt hatten.
    »Sie werden ausziehen!« sagte Mr. Aldenrod. »Und zwar umgehend!« Sein Gesicht nahm eine gefährliche Tönung an. »Ich kündige Ihnen hiermit. Sie haben dreißig Tage

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