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HHhH

HHhH

Titel: HHhH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Binet Laurent
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Vorgesetzte fehlende Resultate sehr leicht mit Sabotage gleichsetzen, besonders, wenn es darum geht, ihre eigenen Fehler zu vertuschen oder ihren Blutdurst zu stillen (in diesem Fall treffen beide Faktoren zusammen). Sündenböcke um jeden Preis, so könnte die Devise des Reiches lauten; wie könnte man es ihm verübeln, dass er sich ordentlich ins Zeug legt, um nicht in Ungnade zu fallen. Er ist Berufspolizist und geht methodisch vor. Seinen Männern hat er extrem strikte Anweisungen erteilt. Absolute Stille. Mehrere Postenketten zur Absicherung. Engmaschige Überwachung des Viertels. Niemand schießt ohne seinen Befehl. Wir brauchen sie lebend. Nicht, dass man es ihm übel nähme, sollte er sie töten, doch ein Feind, den man lebend in die Hände bekommt, garantiert zehn weitere Festnahmen. Tote sind nicht gesprächig. Wobei Frau Moravecs Leichnam schon auf gewisse Weise kommunikativ war. Ob Pannwitz’ unbewegte Fassade bröckelt? Jetzt, da der Zeitpunkt naht, endlich Heydrichs Mörder zu verhaften, die die gesamte Reichspolizei seit drei Wochen zum Narren halten, muss er zumindest eine gewisse Nervosität verspüren. Schließlich weiß er nicht, was ihn in der Kirche erwartet. Sicherheitshalber schickt er einen Mann vor, der ihm die Tür zum Pfarrhaus öffnen soll. Zu diesem Zeitpunkt ahnt niemand, dass die Stille über Prag nur noch wenige Minuten andauern wird. Der Polizist klingelt. Lange passiert nichts. Dann wird die Tür entriegelt. Ein verschlafener Küster erscheint im Türrahmen. Bevor er auch nur den Mund öffnen kann, schlägt man ihn nieder und legt ihm Handschellen an. Erst danach wird ihm der Grund für den frühmorgendlichen Besuch erläutert. Man wolle die Kirche sehen. Der Übersetzer übersetzt. Der Trupp durchquert einen Korridor, lässt sich eine weitere Tür öffnen und betritt die Kirche. Wie Spinnen schwärmen die schwarzgewandeten Männer aus, nur dass sie dabei nicht die Mauern emporkrabbeln. Das Echo ihrer Schritte hallt von den hohen Steinwänden wider. Sie suchen überall, finden aber niemanden. Nur die Galerie oberhalb des Kirchenschiffes haben sie noch nicht durchstöbert. Pannwitz entdeckt eine Wendeltreppe hinter einer abgeschlossenen Gittertür. Er verlangt den Schlüssel vom Küster, der beteuert, er habe ihn nicht. Pannwitz lässt das Schloss mit Gewehrkolben zertrümmern. In dem Augenblick, in dem sich die Gittertür öffnet, kommt ein eiförmiger Gegenstand die Treppe heruntergerollt. Ich bin sicher, Pannwitz weiß sofort Bescheid, als er das Klappern von Metall auf den Stufen hört. Er weiß, dass er das Versteck der Fallschirmspringer entdeckt hat, sie sich auf der Empore verschanzen, bewaffnet sind und sich nicht ergeben werden. Die Granate explodiert. Ein Schleier aus Rauch legt sich über die Kirche. Im selben Moment eröffnen die Sten-Maschinenpistolen das Feuer. Einer der Deutschen, laut dem Übersetzer der eifrigste von ihnen, stößt einen Schrei aus. Sofort erteilt Pannwitz den Befehl zum Rückzug, doch seine Männer, die nichts mehr sehen und völlig orientierungslos durch die Gegend laufen, schießen in alle Richtungen, während sie selbst von oben unter Beschuss stehen. Der Kampf in der Kirche hat begonnen. Ganz eindeutig waren die deutschen Besucher darauf nicht vorbereitet. Vermutlich glaubten sie, sie würden leichtes Spiel haben, denn gewöhnlich genügt der bloße Geruch ihrer Ledermäntel, um jedem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Der Überraschungseffekt ist also ganz auf Seiten der Angegriffenen. Mehr schlecht als recht sammelt die Gestapo ihre Verletzten ein und zieht sich zurück. Beide Seiten hören auf zu schießen. Pannwitz stellt eine SS-Einheit zusammen, die einen erneuten Angriff wagt und auf die gleiche Weise wie vorher empfangen wird. Die unsichtbaren Schützen auf der Empore verstehen ihr Handwerk. Perfekt positioniert, um das gesamte Kircheninnere abzudecken, nehmen sie sich Zeit, zielen sorgfältig, schießen nur sparsam und treffen fast immer. Auf jede Salve folgt ein Schrei der Eindringlinge. Die enge, schwer zugängliche Wendeltreppe macht die Galerie so uneinnehmbar wie die sicherste Festung. Der Angriff endet mit einem zweiten Rückzug. Pannwitz begreift, dass es illusorisch ist, die Widerstandskämpfer lebend in die Hände zu bekommen. Um das Chaos zu vervollständigen, erteilt jemand den Maschinengewehrschützen auf dem Dach gegenüber Befehl, das Feuer zu eröffnen. Die MG42 feuern ihre gesamte Munition auf die

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