Hi, Society
Fehlern wird man klug oder wie das gleich noch hieß und aus diesem Grund habe ich mir geschworen, nie mehr wieder unaufrichtig zu sein. Niemals!
Ich ringe mit mir, während meine Mum völlig ahnungslos die duftenden Vanillekipferl in eine eckige Keksdose schichtet.
»Du kannst aufhören zu backen«, sprudele ich auf einmal hervor und bin selbst ganz überrascht. »Es ist egal, ob du Mandeln oder Nüsse nimmst, weil es nämlich auf Sophies Hochzeit gar keine Kipferl geben wird.«
So. Basta. Die knallharte Wahrheit.
»Wie bitte?« Einen Moment lang sieht sie mich ungläubig an und für einen Moment glaube ich, dass sie sofort in Tränen ausbrechen oder in Ohnmacht fallen wird, was mich aber nicht abhält, weiter zu reden. Ich muss hier schließlich reinen Tisch machen und damit meine ich nicht nur die Keksbrösel, die ich eben mit einem Schwammtuch in meiner Hand sammle.
»Es wird eigens aus Paris eingeflogene Macarons von Ladurée geben, mit den Initialen des Brautpaares«, sprudle ich weiter »und mit Zuckerguss verzierte Butterkekse in Form von Sophies Hochzeitskleid und Massimos Frack, von dieser angesagten Zuckerbäckerin aus London, die bereits Stella McCartneys Hochzeitstorte gebacken hat.«
Einen Moment lang sieht sie mich regungslos an, aber ich fühle, wie ihre Gedanken Purzelbäume schlagen. Schließlich sagt sie: »Aber Elli, das weiß ich doch schon alles.« Erstaunlicherweise klingt sie überhaupt nicht traurig. Nein im Gegenteil, sie sieht richtig glücklich aus, wie sie da so ihre Kekse weiter in die Dose schichtet. »Sophie hat mir das doch schon alles erzählt«, erklärt sie und lächelt verständnisvoll.
»Ach wirklich?«, staune ich und überlege, welche Todesart wohl die schmerzvollste wäre, die ich Sophie angedeihen lassen könnte.
Sie nickt gelassen. »Ich war nicht sicher, ob sie lieber Ribisel- oder Marillenmarmelade mag für die Ischler Krapferl.«
»Ischler Krapferl?«
»Die Hochzeitsbäckerei.« Sie sieht mich an, als wäre ich ziemlich schwer von Begriff. »Du weißt doch, dass ich schon die ganze Zeit dafür backe.«
Ich nicke. »Aber Sophie will doch gar keine Hochzeitsbäckerei«, versuche ich erneut klarzustellen. Also schön langsam verliere ich die Nerven.
»Wie kommst du denn bloß auf einen solchen Unsinn?« Meine Mum schüttelt erstaunt den Kopf, während sie eine weitere Kugel Teig aus dem Kühlschrank holt und eifrig damit beginnt, sie durchzukneten. »Sophie ist ganz begeistert«, sagt sie und nimmt die Teigrolle zur Hand. »Sie hat sich über alle Maßen bei mir bedankt und lässt mir völlig freie Hand. Sie meinte, ich solle alle Sorten machen, die ich für richtig halte.«
»Ach wirklich!«, verschlucke ich mich beinahe an meinem Vanillekipferl, noch bevor ich Sophie eine Todes-SMS schicke.
Stunden später sind wir noch immer mit Backen beschäftigt. Wir haben einen richtig guten Rhythmus gefunden, meine Mum sticht kleine Halbmonde aus, legt sie aufs Blech und ich belege sie mit jeweils einer Mandel. Nebenbei tratschen wir. Über dies und das und die letzten Wochen.
»Na, wenigstens hast du dir den langen Flug nach Amerika gespart«, lächelt sie mir aufmunternd zu, während sie ihre mehligen Finger an der Schürze abwischt. »Allein die Strahlenbelastung bei Langstreckenflügen, der ganze Stress und der Aufwand mit der Praxis, die Hochzeit und Erik. Das ist doch nicht gut für so eine junge Beziehung«, sie schüttelt den Kopf. »Ihr habt so viel durchgemacht in den letzten Wochen. Die Sache mit dem Baby«, sie sieht zu Boden und wischt verstohlen übers Gesicht. »Und dann so lange getrennt. Nicht, dass er noch auf Gedanken kommt.«
»Was für Gedanken denn, bitte?«
»Na, du weißt schon«, sagt sie ungerührt und holt das nächste duftende Blech Mandelkeks aus dem Backofen. »Frauen zum Beispiel.«
»Frauen?« Ich werfe ihr einen misstrauischen Blick zu. Ich meine, wie kommt sie bloß darauf? Dafür gibt es echt gar keine Veranlassung. Es ist bloß eine Phase, das Widdertrigon und wieso weiß sie überhaupt davon?
Oh mein Gott! Auf einmal wird mir heiß. Erik hat ihr gegenüber doch nichts erwähnt?
»Ach Liebes, jetzt reg dich bitte nicht auf. Ich wollte bloß sagen, dass es Männer gibt, die …« Sie blickt betrübt zu Boden.
»Die was?«
»Viel Arbeiten«, sagt sie nach einer ewig langen Pause. »Und wenn man sehr intensiv zusammenarbeitet, dann kann es doch passieren, dass man –« Sie gibt sich locker, aber ihre Stirn glüht förmlich
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